Maestro-Nachfolger kommt mit deutlicher Verspätung auf den Markt

Teure Produktentwicklung schmälert den Softlab-Ertrag

08.02.1991

MÜNCHEN (qua) - Die erfolgsverwöhnte Münchner Softlab GmbH mußte sich im Geschäftsjahr 1990/91 mit einem Gewinn von sechs Millionen Mark zufriedengeben. Damit sank das Betriebsergebnis gegenüber dem Vorjahreserlös (19,3 Millionen Mark) um mehr als zwei Drittel. Vorstandssprecher Klaus Neugebauer, begründet diesen Einbruch mit der verspäteten Fertigstellung der neuen "Maestro"-Generation.

Die auf moderne dreistufige Systemarchitekturen ausgerichtete Neuauflage der Softwareproduktions-Umgebung Pet-Maestro war bereits im Februar 1989 vorgestellt worden. Nahezu zwei Jahre später ist "Maestro II" immer noch nicht für den Markt freigegeben. Allerdings läuft die Produktserie, so Neugebauer, mittlerweile bei 20 Pilot-Anwendern.

Daß der anfangs gesteckte Zeitrahmen von dreieinhalb Jahren um 18 Monate überzogen wurde, begründet Neugebauer ohne Umschweife: Wir sind schlicht und einfach Irrwege gegangen." Da es sich um eine völlig neuartige Systemlandschaft gehandelt habe, seien viele Entwürfe in den Papierkorb gewandert.

35,4 Millionen Mark für die Entwicklung

Der Gewinneinbruch wurde also zum Teil dadurch verursacht, daß das Software-Unternehmen einen beträchtlichen Teil seines Umsatzes für Forschung und Entwicklung (FuE) ausgeben mußte 27,2 Prozent der Jahreseinnahmen beziehungsweise 35,4 Millionen Mark steckte das Softlab-Management in die Fertigstellung der Maestro-II-Entwicklung sowie in neue Entwicklungsaufgaben.

Allerdings hatten Neugebauer und seine drei Vorstandskollegen auch 1988189 schon eine beachtliche Summe in die Weiterentwicklung der Softlab-Produkte investiert. Mit 2911 Millionen Mark entsprach der FuE-Aufwand damals einem Umsatzanteil von 24,3 Prozent.

Die Entwicklung des zunächst unter MS-DOS und HP-UX ablauffähigen Maestro II verschlang insgesamt 100 Millionen Mark - ohne daß diesen Ausgaben entsprechende Einnahmen gegenüberstünden;

denn die Projektverzögerung wirkte sich auch auf das Umsatzwachstum negativ aus: Mit 130 Millionen Mark nahm Softlab vom 1. Oktober 1989 bis zum 30. September 1990 nur 8,3 Prozent mehr ein als in den vorangegangenen zwölf Monaten. Das Umsatzplus von 1988/89 (120 Millionen Mark) gegenüber 1987188 (104 Millionen Mark) hatte noch 15,4 Prozent betragen. Signifikanterweise sank denn auch der Anteil des Produktgeschäftes am Jahresumsatz: 1988/89 bezog Softlab noch 60 Prozent der Einnahmen aus den Mietgebühren für Maestro, 1989/90 hingegen nur noch knapp die Hälfte. Augenscheinlich hielten sich vor allem die deutschen Anwender mit neuen Maestro-Orders zurück: Im Ausland, wo Softlab überwiegend Produktgeschäfte abwickelt, wuchs der Umsatz hingegen überproportional; mittlerweile stammen 43 Prozent der Gesamteinnahmen von jenseits der deutschen Grenzen.

Die Mitarbeiterzahl vergrößerte sich innerhalb des vergangenen Geschäftsjahres um 28 Prozent: im September 1990 zählte die Softlab-Mannschaft 640 Köpfe. Verursacht durch das starke Personalwachstum auf der einen und die flachere Umsatzkurve auf der anderen Seite nahm die Produktivität des Unternehmens deutlich ab: Hatte die Softlab-Belegschaft im Jahr zuvor noch durchschnittlich 275 000 Mark pro Kopf umgesetzt, so betrug dieser Wert 1989/90 nur noch 243 000 Mark.

Positiv entwickelte sich hingegen die Eigenkapitalsituation. Durch eine neuerliche Investition der BMW AG zu Beginn des vergangenen Jahres erhöhten sich die Eigenmittel des Software-Unternehmens auf 61,675 Millionen Mark. Der Münchner Automobilkonzern ist seither mit 40 Prozent an der Softlab GmbH beteiligt.

Wie Neugebauer durchblicken läßt, hätte er auch gegen eine noch höhere BMW-Beteiligung nichts einzuwenden: Ich wüßte nicht, was daran schlecht wäre, wenn es einen Mehrheitsgesellschafter gäbe." Optionen von seiten des Autoherstellers bestanden derzeit jedoch nicht.

Ins Auge gefaßt hat Neugebauer auch den Gang an die Börse. Auf mittlere bis lange Sicht sei dieser Schritt sicher nicht vermeidbar". Ziel des Börsengangs sei zum einen, das Unternehmen - im Interesse einer "besseren Zukunftssicherung" - von privaten Gesellschaftern unabhängig zu machen und den Regeln einer Aktiengesellschaft zu unterwerfen.

Zum anderen solle die Möglichkeit geschaffen werden, neues Kapital an der Börse zu besorgen: Momentan müssen immer die drei Gesellschafter die zwei privaten und BMW - in ihre Taschen greifen", klagt der Vorstandssprecher, der selbst ein knappes Drittel der Softlab-Anteile hält. Ich möchte in der Zukunft sicher sein, daß das ein breites Publikum tut - und nicht immer nur wir."

Innerhalb der kommenden zwei Jahre ist allerdings nicht mit dem Börsengang zu rechnen. Eigenen Aussagen zufolge will Neugebauer zunächst das Amerika-Geschäft "ordentlich zum Laufen kriegen Maestro II gut in den Markt einfuhren sowie das Management des Unternehmens verstärken.