Test: Die Grenzen einer Billig-NAS

30.03.2006
Von 
Eric Tierling, Master in Information Systems Security Management (Professional), blickt auf über 25 Jahre Erfahrung im IT-Bereich zurück. Neben Hunderten an Fachbeiträgen hat er über 50 Bücher veröffentlicht. Er ist Spezialist für Themen rund um die Informationssicherheit sowie einer der bekanntesten Experten Deutschland für Windows Server und Microsoft-basierte Infrastrukturen.
Einstiegs-NAS sind heute bereits ab 100 Euro zu bekommen. Die COMPUTERWOCHE prüfte die Diskstation DS-101g+ von Synology auf ihre Tauglichkeit für den professionellen Einsatz.

Von Eric Tierling*

Fazit

Mit der Diskstation DS-101-g+ hat Synology eine kleine, preisgünstige NAS im Programm, die vor allem in Arbeitsgruppen oder Zweigstellen eine Alternative zu den teureren Produkten der etablierten Storage-Player ist. Für die kleine Zigarrenkiste sprechen zudem Features wie Echtzeit-Backup. Lediglich die Rechteverwaltung trübt im professionellen Umfeld den positiven Gesamteindruck. Falls Synology diesbezüglich nicht selbst nachbessert, so bleibt zumindest die Hoffnung, dass eventuell im Internet andere User ein LDAP-Interface zur Verfügung stellen. Zudem können die Anwender selbst den Funktionsumfang der Diskstation erweitern.

Plus Minus

-- vielfältige Funktionen;

- Gigabit-Ethernet-Schnittstelle;

- viele Interfaces wie USB und eSATA;

- SATA-Unterstützung;

- gutes Preis-Leistungsverhältnis

- wenig transparente Rechteverwaltung;

- eingeschränkter Web- Server (in der getesteten Firmware-Version 2.0.1-3.0240);

- Performance nur für Workgroups ausreichend;

- nervendes Lüftergeräusch.

Technische Daten

• NAS-Appliance für SATA-Festplatten mit bis zu 500 GB;

• Linux-Betriebssystem;

• integrierter Web-, FTP-, Print-, Foto-Server sowie Backup in Echtzeit;

• 3 USB-, 1 eSATA-Schnitt- stelle;

• Gigabit-Ethernet-Interface;

• Hersteller: www.synology.com;

• Bezugsquelle: www.medienclique.com/shop/

Mit dem Siegeszug von Ethernet und WLAN im privaten Bereich erobert auch die NAS-Technik, die bis vor kurzem noch professionellen Anwendern vorbehalten war, verstärkt das untere Marktsegment. In dem schnell wachsenden Produktangebot schien ein Modell des hierzulande noch eher unbekannten taiwanischen Herstellers Synology Technologies besonders interessant. Die Versprechen des Herstellers lassen aufhorchen, verspricht die Werbung doch in dieser Preisklasse einen "6 in 1" Server. Anders formuliert, soll das Gerät von der Größe etwa einer Videokassette nicht nur als Storage-Server dienen, sondern zusätzlich auch die Aufgaben eines Backup-, Print-, FTP-, Web- und Foto-Servers übernehmen.

Zum Straßenverkaufspreis von knapp 240 Euro, allerdings ohne Festplatte, offeriert der Hersteller mit der "Diskstation DS-101g+" ein Modell, das mit Gigabit-Ethernet-Interface sowie interner SATA-Schnittstelle (Serial Advanced Technology Attachment) für eine Festplatte aufwartet. Ferner lässt sich über einen eSATA-Anschluss eine weitere schnelle externe Harddisk anbinden. Mit den zusätzlichen drei USB-2.0-Schnittstellen für Drucker, Festplatten oder Speichersticks zeigt sich das Gerät auch in anderer Richtung sehr kommunikationsfreudig.

Entsprechend gespannt gingen wir angesichts dieser Leistungsbeschreibung an den Zusammenbau. Der Einbau der Festplatte, die bis zu 500 GB groß sein darf, ist mit Hilfe der mitgelieferten Beschreibung innerhalb von zehn Minuten problemlos zu bewältigen. Formatiert wird der Datenträger mit einer abgewandelten Form des Linux-Dateisystems Riser - denn im Gerät steckt ein Embedded-Linux. Bei der anschließenden Konfiguration des NAS hat der Administrator zwei Optionen: Entweder er benutzt unter Windows das beiliegende Konfigurationsprogramm, das ihn mit Hilfe von Assistenten durch die Einrichtung führt, oder er greift direkt per Browser auf das Web-Interface des Geräts zu. Die Konfiguration ist weitestgehend selbsterklärend, lediglich bei der User-Einrichtung und Rechtevergabe ist ein Blick in das Handbuch ratsam.

Verwaltung problematisch

Die Realisierung der Benutzer- und Rechteverwaltung ist denn auch unser größter Kritikpunkt. Zum einen erschließt sich wie etwa bei verschachtelten Gruppen (von diesen können bis zu 64 angelegt werden) nicht direkt, welche Rechte nun wirklich vererbt werden. Zudem können etwa in einer Freigabe (hiervon sind 100 erlaubt), keine Unterverzeichnisse für einzelne Benutzer angelegt werden. Hat ein User also Zugriff auf das Unterverzeichnis eines Shares, dann erstreckt sich dieses Recht gleichzeitig auf alle Verzeichnisse dieses Shares. Dies bewirkt, dass benutzerspezifische Freigaben direkt im Root der Festplatte als Share angelegt werden müssen. Ebenso wenig ist auf einen Blick erkennbar, welche Rechte ein einzelner Benutzer - es werden bis zu 128 unterstützt - aufgrund seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen tatsächlich besitzt.

Ein weiters Manko ist, dass User-Rechte nicht aus einem übergeordneten Verzeichnisdienst wie etwa dem Active Directory oder einem Novell Directory Service importiert werden können. So müssen also alle Benutzer mühsam neu angelegt werden, obwohl die Informationen eigentlich im Netz vorhanden sind. Dadurch beschränkt sich der Einsatz der NAS wohl auf Arbeitsgruppen oder kleinere Zweigstellen. Zudem spricht noch eine andere Limitierung gegen die Nutzung in größeren Umgebungen: Maximal können 32 Benutzer gleichzeitig schreibend oder lesend auf die NAS zugreifen. Vermisst haben wir die Möglichkeit, den Speicherplatz pro User zu begrenzen - ein Feature, auf das aber in kleineren Arbeitsgruppen wohl verzichtet werden kann.

Auf der anderen Seite überraschte das Synology-Konzept positiv mit vielen nützlichen Details. Hierzu zählen zum Beispiel die Unterstützung von NTP-Zeitservern, um beim Abspeichern der Daten eine einheitliche Zeit im Netz zu verwenden, und fortgeschrittene Optionen, um die Gigabit-Ethernet-Frame-Länge oder TCP/IP-Parameter an die eigene Umgebung anpassen zu können. Ebenso sind Logging-Funktionen oder E-Mail-Benachrichtigungen sowie ein Akustik-Management für die Festplatte in dieser Preisklasse keinesfalls selbstverständlich.

Für Clients transparent

Sind Berechtigungen und Netzparameter gesetzt, ist die Diskstation dank UNC (Uniform Naming Convention) für Windows-Clients transparent mit anderen Netzressourcen in der Netzwerkumgebung zu sehen. Ein Mappen der NAS-Shares auf lokale Laufwerksbuchstaben ist also nicht unbedingt erforderlich, geht aber ebenfalls mit Hilfe eines Assistenten in Sekundenschnelle. Die MAC-Unterstützung wurde von uns ebenso wenig getestet wie das Verhalten der NAS in Linux-Umgebungen. Für andere Betriebssysteme bleibt zudem noch die Option, per FTP auf die Daten zuzugreifen.

Für den Windows-Anwender hält Synology noch ein besonderes Schmankerl in Form des "Data Replicator" bereit: Mit diesem Echtzeit-Backup-Programm können wichtige Arbeitsverzeichnisse des lokalen Rechners auf den NAS gesichert werden. Der Clou dabei ist, dass das Tool bis zu zwanzig Versionen einer Datei speichert. Bei Änderungen lässt sich also auch auf frühere Versionen einer Datei zurückgreifen.

Fotoarchiv inklusive

Anfangs von uns nur als Spielerei belächelt, erwies sich im Alltagsbetrieb ein anderes der beworbenen 6-in-1-Server-Features doch als nützlich: Die "Photostation", ein einfaches Web-basierendes Fotoarchiv, auf das per Browser zugegriffen werden kann. Gerade Redaktionen, Werbeagenturen oder andere im kreativen Bereich tätige Berufsgruppen dürften dieses Feature schätzen, da es ihnen erlaubt, per Drag and Drop einfache Fotoarchive anzulegen. Zwar kann der Funktionsumfang nicht mit einer professionellen Bilddatenbank mithalten, um aber etwa die Bilder während der Arbeit an einer Zeitungsausgabe oder einem Katalog allen Gruppenmitarbeitern zugänglich zu machen, reicht das Tool allemal.

Keine zu großen Anforderungen sollte der User auch an den integrierten Web-Server stellen. Zwar lassen sich mit ihm schnell Web-Seiten veröffentlichen, doch Features wie die Unterstützung von Skripts fehlten ihm in der von uns gestesteten Firmware-Version 2.0.1-3.0240. Mittlerweile hat Synology aber ein Firmware-Update mit PHP- und SQL-Unterstützung nachgereicht. Leider erreichte uns diese Version mit der Bezeichnung 2.0.1-3.0284 erst nach Testende, so dass wir zum praktischen Nutzen des Updates keine Angaben machen können. Weitere Ergänzungen wie Mail-Server, Streaming-Server etc. sind im Internet unter www.nslu2-linux.org/ wiki/Main/HomePage zu finden. Ursprünglich für das Produkt "NSLU2" von Linksys konzipiert, sind die meisten der dort zu findenden Erweiterungen auch mit der Diskstation verwendbar.

Wer den integrierten Print-Server verwenden will, sollte vorher unbedingt auf den Web-Seiten von Synology nachsehen, ob seine Modellserie auch unterstützt wird. Ist dies nicht der Fall, stehen über den Printserver meist nur rudimentäre Druckfunktionen zur Verfügung.

Die Datensicherung in Echtzeit konnte ebenfalls überzeugen. Gerade im Redaktionsalltag, wo oft Änderungen an Texten vorgenommen werden, erwies sich dieses Feature als sehr tauglich, erlaubte es doch den problemlosen Zugriff auf frühere Textversionen. Ebenso nützlich war der integrierte FTP-Server, um von unterwegs auf abgelegte Dokumente zuzugreifen oder Dateien für Kollegen zur weiteren Bearbeitung zu hinterlegen.

Leistungsgrenzen

Allerdings entstand anfangs beim Fernzugriff oft der Eindruck, die Diskstation sei abgestürzt - ein Trugschluss. Hier hatte das Akustik-Management zugeschlagen, das es der NAS erlaubt, nach einer voreingestellten Zeit die Festplatte in den Standby-Schlaf zu versetzen. Erfolgt im Ruhezustand dann ein Datenzugriff, benötigt die Diskstation einige Sekunden, um die Festplatte wieder hochzufahren.

In Sachen Performance kann die Diskstation teureren, professionellen NAS-Produkten nicht das Wasser erreichen. Aber mit einer Lesegeschwindigkeit von über 25 MB/s und einer Schreibgeschwindigkeit von fast 20 MB/s laut ATTO-Benchmark erlaubt sie zumindest in Arbeitsgruppen oder kleineren Zweigstellen ein vernünftiges Arbeiten. Dabei war der Proband über zwei Monate hinweg ein zuverlässiger Begleiter, der weder durch Abstürze, Datenverluste oder teilweise Nichterreichbarkeit negativ auffiel. Leider erwies sich das Gerät nach mehreren Wochen als kleiner Radaubruder: Der integrierte drei Zentimeter kleine Minilüfter, den Synology zur Kühlung der SATA-Platte verwendet, entwickelte ein nicht zu überhörendes Eigenleben. Hier sollte der Hersteller künftig unbedingt eine bessere Qualität verbauen, auch um einen plötzlichen Ausfall zu verhindern und so die Festplatte nicht unnötig der Gefahr eines "Überhitzungstodes" auszusetzen. Die Geräuschkulisse war zwar nicht extrem laut, aber in einer Büroumgebung doch störend. Wer weniger Wert auf Performance legt, sollte deshalb eventuell zur kleineren Diskstation DS-101j greifen. Diese verfügt zwar nur über ein 100-Mbit/s-Schnittstelle und nimmt lediglich IDE-Festplatten als Datenspeicher auf, ist aber passiv gekühlt. (hi)