IBM-Marktstrategie macht der Konkurrenz das Leben schwer:

Terminals behaupten sich neben den Mikros

11.01.1985

FRAMINGHAM (cw) - Der Verdrängungswettbewerb auf dem Terminalmarkt ist in der DV-Branche zu einem heißen Thema geworden. Glaubten anfangs noch viele Experten, die Mikrocomputer könnten "normalen" Bildschirmgeräten die Schau stehlen, so hat sich diese Ansicht inzwischen gewandelt: Die

Terminals bleiben.

Kaum war die erste Mikrocomputer-Euphorie vorüber, besannen sich viele Anwender wieder auf die Qualitäten ihrer Terminals. Für die Verarbeitung von Massendaten und lokales Editieren, so hatte sich nämlich herausgestellt, war das Terminal nach wie vor das kostengünstigste Medium. Viele große Hersteller haben inzwischen dieser Entwicklung Rechnung getragen und ihre Marktstrategie revidiert. Allen voran setzt IBM auf die Koexistenz von Mikrocomputern und Terminals.

Seit Big Blue 1971 das System 3270 auf den Markt brachte, konnte sich diese Produktreihe als erfolgreichste Terminalfamilie in der DV-Welt behaupten. Branchenanalytiker geben die Anzahl der bis Ende 1983 installierten Einheiten mit mehr als zwei Millionen an.

Etwa die Hälfte dieser Systeme kommt aus IBM-Eigenproduktion, den Rest teilen sich steckerkompatible Hersteller wie Raytheon und ITT. Die Konkurrenz zwischen Big Blue und den Mitbewerbern ist scharf und schlägt sich in einem erbitterten Preiskrieg nieder.

Ein so heiß umkämpfter Marktbereich, glaubt inzwischen ein Großteil der Analytiker kann wohl nicht völlig bedeutungslos sein: Prognostizierten Branchenkenner dem konventionellen 3270-Terminal auch ein ähnliches Schicksal wie der Lochkarte, so belehrte sie Big Blue 1983 eines besseren.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die 3270-Produktlinie nur langsam geändert, doch plötzlich überschwemmte IBM den Markt geradezu mit neuen Erzeugnissen. Experten sehen in dieser Politik einen Versuch von Big Blue, den eigenen Markt gleichzeitig gegen zwei Gefahren abzuschirmen: zum einen gegen die wachsende Bedeutung der Protokollkonvertierung als Alternative zu den 3270-Terminals, zum anderen gegen den Mikrocomputerboom.

Neu vorgestellt wurden 1983 die Bildschirmstationen 3178 und 3180, der Farbbildschirm 3279, der "Personal Computer" 3270 sowie die Erweiterungsfunktionen 3278 und 3279 für den "PC". Ferner kamen der Plasmabildschirm 3290, der Terminalmultiplexer 3299 sowie neue Versionen der Steuereinheit 3274 auf den Markt.

Als ersten Schritt zur friedlichen Koexistenz von Mikrocomputer und Terminal werten Marktkenner die PC-Erweiterungsfunktionen 3278 und 3279. Der entscheidende Schachzug sei jedoch die Einführung des "Personal Computers" 3270 gewesen. Manche Experten glauben, daß der 3270-PC ein Teil des langfristigen Plans des Marktführers ist, den Personal Computer zur universellen Workstation für seine ganze Produktfamilie zu machen.

Diese Strategie bereitet den Mitbewerbern von IBM inzwischen schlaflose Nächte. Konkurrenten wie ITT und Memorex versuchen verzweifelt, ihre Produktlinien umzukrempeln und mit den Preisen mitzuhalten, die Big Blue vorgibt. Bezeichnend ist ferner, daß praktisch alle Anbieter ihre Terminalsysteme mit Computerfähigkeiten ausstatten. Einige Opfer, beispielsweise die Data Systems Division von Raytheon, hat dieser Konkurrenzkampf bereits gekostet. Weitere werden mit großer Wahrscheinlichkeit noch folgen.