Ausschreibung läuft bereits, Systemversuche gestartet:

Temex: Fernwirksystem für jedermann

16.09.1983

Jürgen Bohm ist Ministerialrat im Bundespostministerium; vorstehender Artikel ist Teil eines Referates mit dem Titel "Datenübertragung, Fernwirken und neue Medien in der Kommunen", den Bohm auf dem Kongreß "Neue Medien" der Konrad- Adenauer- Stiftung kürtzlich in Berlin gehalten hat.

Seit Jahren wird an die DBP die Frage gerichtet, ob es ihr nicht möglich sei, auf der Infrastruktur ihrer Netze ein allgemeines, für jeden erschwingbares, leistungsfähiges Notrufsystem und Alarmsystem einzuführen. Nach Analyse des Problemkreises hat die DBP unter dem Arbeitsbegriff "FEWAS" Studien vergeben, die einmal technische Vorschläge für die Lösung der Aufgabe erarbeiten und Marktuntersuchungen für mögliche Dienstleistungen dieser Art und ihre Akzeptanz machen sollten. Als Ergebnis dieser Studien bietet die DBP jetzt das neue Dienstleistungsangebot "Temex" an, das besonders für Kommunen interessant ist.

Temex ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den englischen Wörtern telemetry exchange. Temex bietet die Übermittlung von Fernwirksignalen zwischen privaten Endstellen und privaten Leitstellen über ein spezielles postalisches Fernwirkübermittlungssystem an.

Temex basiert auf der Mitbenutzung des Fernsprechnetzes und der Datennetze und ist in diesem Sinne eine zusätzliche Dienstleistung. Eine Prinzipskizze des geplanten Systems zeigt Bild 2. Der Netzanschluß (NA) soll das postalische von dem privaten System trennen und den direkten Anschluß von Sensoren und Aktoren oder den Anschluß von privaten Unterstationen gestatten, die zum Beispiel die Aktoren und Sensoren einer Wohnanlage, eines Hochhauses und so weiter konzentrieren. Über eine Weiche wird eine normale Fernsprechanschlußleitung mitbenutzt, die die Fernwirksignale ohne Beeinträchtigung der Sprache überträgt.

Vor der Ortsvermittlungsstelle wird über eine weitere Weiche Fernwirkkanal und Sprachkanal wieder getrennt. Über eine Temex- Vermittlungseinrichtung werden die Fernwirksignale dann lokalen oder fernen privaten Leitstellen, zum Beispiel über die Datennetze oder über feste Verbindungen, zugeleitet, die in der Lage sind, die erbetenen Leistungen anzustoßen: ärztliche Hilfe für Patienten, Versorgungsleistungen für Alte etc.

Unter Fernwirkung versteht man das Fernsteuern und Fernüberwachen räumlich entfernter Objekte an einem oder mehreren Orten. Unterteilt man das Fernsteuern in die Begriffe Ferneinstellen und Fernschalten und das Fernüberwachen in die Begriffe Fernanzeigen und Fernmessen, so läßt sich erkennen, welche weiteren Anwendungsgebiete für Temex interessant sind.

Diese Auffächerung zeigt, daß gerade für Kommunen diese neue Dienstleistung der DBP in Frage kommen kann, zum Beispiel für Stadtwerke, Umweltämter, Gesundheitswesen, Sozialhilfe, Feuerwehr, Polizei, Wohnungsgesellschaften und so weiter.

Aufgrund der Studien zur Lösung der technischen Probleme und zur Bedarfsseite (Sozialdata, München, schätzt die Zahl der Haushalte, die an Temex mit der Möglichkeit des Anzeigens von Notsituationen interessiert sind, allein auf 2,5 Millionen Wohneinheiten), hat sich die DBP entschlossen, Temex der Allgemeinheit als Dienstleistung anzubieten. Allerdings wird die DBP schrittweise vorgehen.

Nach 1983 soll an zwei Standorten mit je einem Systemversuch begonnen werden. Es soll mit am Markt vorhandener Technik folgendes untersucht werden:

- Kann ein Bedarf an Alarmübertragung, wie er an diesen Orten existiert, gedeckt werden?

- Wie soll die Abwicklung des Dienstes zwischen DBP und dem eigentlichen Diensteerbringer (zum Beispiel Sozialhilfeeinrichtungen, Wach- und Schließgesellschaften, allgemeinen Dienstleistern) erfolgen?

- Was ist intern innerhalb der DBP im Zusammenhang mit Temex zu organisieren?

- Wie sind die Reaktionen der Öffentlichkeit auf diesen neuen Dienst?

Eine Ausschreibung für die Technik, die in den Systemversuchen verwendet werden soll, läuft bereits. Nähere Einzelheiten zu den Systemversuchen können allerdings erst bekanntgegeben werden, wenn bekannt ist, welche Systemtechnik bei diesen Versuchen von der DBP eingesetzt wird.

Parallel zu den Systemversuchen über Akzeptanz von Temex, aufbauend auf den FEWAS- Studien, soll noch in diesem Jahr mit der Systembeschreibung für ein erstes Seriensystem für Temex begonnen werden, das dann für eine flächendeckende Dienstleistung eingesetzt werden kann. Im Jahre 1985 soll dieses System in ersten Betriebsversuchen erprobt werden.

Wichtig für die Akzeptanz eines Dienstes sind Gebühren und benutzungsrechtliche Bedingungen. Die Konzeption zu Temex ergibt, daß Temex ein eigenständiger Dienst ist und keine Koppelung zu irgendeinem Fernsprechhauptanschluß besteht, auch wenn Fernsprechhauptanschlußleitungen mitbenutzt werden.

- Ausgehend von dem Gedanken, daß jeder Ein-/ Ausgang (Schnittstelle) des Netzabschlusses einer Leitstelle fest zugeordnet ist, ist die DBP zumindest zur Zeit der Meinung, daß das Teilnehmerverhältnis mit dem jeweiligen Diensteerbringer geschlossen wird.

- Die Gebühr soll nach Art und Anzahl der Schnittstellen bemessen werden, die einem Diensteerbringer im Rahmen von Temex zur Verfügung gestellt werden. Es wird bei einer einfachen Schnittstelle (Anschluß von Aktor/ Sensor) eine monatliche Gebühr von weniger als zehn Mark angestrebt. Für eine serielle Schnittstelle zum Anschluß einer privaten Unterstation wird an einen Systemzuschlag gedacht.

- Die Verbindungen zwischen Temex- Vermittlungseinrichtungen und den privaten Leitstellen sollen sich entsprechend ihrer Ausführung (Datex- L, Datex- P, HfD) nach den jeweils gültigen Gebühren für diese Leitungen bemessen.