Telekom-Wettbewerber moechten Pilotprojekte aufsetzen

04.08.1995

BERLIN (CW) - Nach dem Beschluss der Europaeischen Union wird das Fernmeldemonopol 1998 fallen. Diesen Zeitpunkt halten die kuenftigen Wettbewerber jedoch fuer zu spaet. Bereits jetzt wollen sie in Pilotprojekten Erfahrungen sammeln, damit sie am Stichtag nicht ohne Angebot dem Markt gegenueberstehen.

Dass der deutsche Markt fuer Telekommunikation der liberalste der Welt werden soll, will Ulf Bohla, Vorsitzender der Geschaeftsfuehrung der Duesseldorfer Vebacom GmbH, nicht so recht glauben. Noch gehe das Angebot an den Beduerfnissen der Kunden vorbei: "Gefragt sind nicht moeglichst viele, sondern moeglichst gute Lizenzen", sagte der Manager auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Fuer die beschworene Liberalisierung muessten erst einmal praezise Rahmenbedingungen festgelegt werden, damit die neuen Wettbewerber in den Markt koennten. Dazu gehoeren seiner Meinung nach bisher nicht geklaerte Fragen wie offene Netzzugaenge, geregelte Grundgebuehren fuer die Nutzung der Leitungen sowie Nummernplaene, die allen Anbietern gerecht werden. Nur "ein richtiger Wettbewerb bringt dem Kunden auch Vorteile".

Die Zeit bis zur Deregulierung sollten die kuenftigen Wettbewerber nutzen duerfen, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Allerdings brauchten Pilotprojekte meist noch eine Ausnahmelizenz des Bundespostministers, so der ehemalige IBMer.

Sollte sich an der derzeitigen Situation nicht bereits im naechsten Jahr etwas aendern, so werde es ab 1998 weder einen offenen Markt noch Wettbewerber geben, und der bisherige Monopolist Telekom haette weiterhin das Sagen.

Kuenftig will die Vebacom, eine Tochter der Veba AG (Vereinigte Elektrizitaets- und Bergwerks-Aktiengesellschaft) kraeftig im Telecom-Markt mitmischen. Und das notfalls auch vor Gericht: Weil die von der Vebacom beantragte digitale Breitbandverkabelung fuer 36 Studios der ARD nicht genehmigt wurde - der Telekom war der Auftrag zu teuer -, beschwerten sich die Duesseldorfer ueber den Postriesen bei der Europaeischen Union und klagten wegen Verstosses gegen das EU-Wettbewerbsrecht.

Das nordrhein-westfaelische Unternehmen - nach eigenen Angaben zweitgroesster Betreiber von TV-Breitbandkabeln und demnaechst an der E-Plus Mobilfunk GmbH beteiligt - will die Nummer zwei in der deutschen Telecom-Branche werden. Damit das grosse Geschaeft auch europaweit gestartet werden kann, haelt das Mutterhaus derzeit 10,5 Prozent an dem britischen Kabelhersteller Cable & Wireless. Der wiederum will sich demnaechst mit 45 Prozent an der Vebacom beteiligen.