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Telekom vernetzt Handy und Festnetz - Experten: Spät dran

30.08.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Festnetz und Mobilfunk wachsen zusammen. Diesem Trend kann sich auch die Deutsche Telekom nicht länger verschließen und will auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin ein integriertes Festnetz-Handy vorstellen. Statt eines Festnetztelefons und eines Handys könnten die Kunden damit künftig nur noch mit einem Gerät auskommen.

Die Telekom hat in ihrem Festnetzgeschäft seit Jahren mit einer Umsatzerosion zu kämpfen. Neben alternativen Anbietern wie Arcor oder Colt setzen die Mobilfunkkonzerne Vodafone, E-Plus und O2 dem Branchenprimus zu, denn die Menschen greifen immer häufiger zum Handy statt zum Festnetz-Telefon. Verstärkt wird die Entwicklung durch den laufenden Verfall der Mobilfunkgebühren. Mit eigens auf Festnetznutzer zugeschnittenen Mobilfunk-Angeboten lotsen O2 und Vodafone seit Jahren Kunden in ihre Netze. Zuletzt trumpfte E-Plus mit einem Pauschalangebot für Festnetz-Telefonate auf und verstärkte damit den Druck auf die Telekom-Festnetzsparte T-Com.

Der Erfolg der Konkurrenz zwingt die Telekom zum Handeln. Durch eine stärkere Vernetzung von Mobilfunk und Festnetz werden die Umsätze der Sparte T-Com zwar weiter unter Druck geraten. "Mit dem geplanten Festnetz-Handy wird das Unternehmen aber zumindest einen Teil der Umsätze im Konzern behalten können", sagt ein Branchenanalyst. Die Entwicklung des integrierten Angebots verzögerte sich wegen konzerninterner Reibereien zwischen der Mobilfunksparte T-Mobile und dem Festnetzbereich, die sich laut Angaben von Insidern noch immer nicht über die Aufteilung des Umsatzes einigen können.

Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke räumt dem kombinierten Telefon hohe Priorität ein und will es persönlich vorstellen - normalerweise überlässt der Unternehmenslenker dies den zuständigen Sparten-Vorständen. "Wir werden für Nur-Mobilfunkkunden eine Homezone-Lösung und für Kunden, die ihren gewohnten Festnetzanschluss behalten wollen, ein Dual Phone anbieten", kündigte Ricke kürzlich an. Das Festnetz-Handy soll ein erster für Kunden greifbarer Erfolg der Neuausrichtung werden. Die Telekom hatte zum Jahreswechsel 2004/05 die Vier-Säulen-Struktur aufgelöst und sich auf die Wachstumsfelder Mobilfunk, Breitband/Festnetz und Geschäftskunden fokussiert.

Nach Ansicht von Experten ist die Telekom spät dran mit ihrem Festnetz-Handy. "Wer für sich in Anspruch nimmt, Innovationsführer zu sein, der muss als erster mit so einem Dienst auf dem Markt sein", sagt Martin Gutberlet vom Marktforschungsinstitut Gartner. Marktforscher raten Telekomkonzernen schon seit Jahren, mit einer Verzahnung von Festnetz und Mobilfunk stärker auf Kundenbedürfnisse einzugehen. Viele Menschen wollen statt vieler verschiedener Geräte ein Telefon, mit dem sie von unterwegs und über das Festnetz telefonieren können. Als Vorbild gilt der frühere britische Monopolist BT Group, der im September sein Festnetz-Handy "Fusion" auf den Markt bringt.

Ganz verschwinden wird das Festnetz aber nicht. "Es wird immer Menschen geben, die über das Festnetz telefonieren wollen", sagt Gartner-Experte Gutberlet. (dpa/tc)