Telekom-Tochter Detesystem betreut jetzt Grosskunden R+V Versicherung vereint Daten und Sprache in einem Netzwerk

15.04.1994

HANNOVER (pg) - Die R+V Versicherung macht mit Corporate Networking gegen Wettbewerber mobil. Wenn am 1. Juli 1994 auch fuer die Versicherer in Europa die Grenzen fallen, will das Unternehmen mit einem gemeinsamen Netz fuer Sprach- und Datenkommunikation Effizienzvorteile gegenueber der Konkurrenz erzielen.

Die Wiesbadener gehen Anfang Juli nicht unvorbereitet in die erste Runde des Euro-Versicherungsmarktes. Seit Februar letzten Jahres sammelt R+V in einem Pilotprojekt Erfahrungen mit dem "Customer Dedicated Network" der Telekom und der Multiplextechnik "Simux" von Siemens. Gemeinsam mit dem Bonner Carrier hatte der Muenchner TK-Konzern als Bietergemeinschaft von der R+V zunaechst den Zuschlag fuer den Feldversuch zwischen der Direktion in Wiesbaden und der Filialdirektion in Stuttgart erhalten. Jetzt sollen bis Oktober dieses Jahres laut Manfred Schlottke, Mitglied des Vorstandes der R+V Versicherung Holding AG, alle 15 Filialdirektionen sowie die Zentrale miteinander vernetzt werden.

Von dem Corporate Network erwartet sich die Geschaeftsfuehrung der Insurance-Company in erster Linie eine deutliche Reduzierung der Kosten durch bessere Informationsbeschaffung und -verarbeitung. Dies gilt sowohl fuer Daten wie auch Sprache. So sollen zum Beispiel im Bereich der Daten alle dazu berechtigten Mitarbeiter ueber das einheitliche Netz remote Einsicht in Akten nehmen koennen, die auf optischen Speichersystemen abgelegt sind. Im Archiv der R+V stapeln sich derzeit laut Schlottke rund 200 Millionen DIN-A4- Blaetter Lebensversicherungen.

In Sachen Sprachkommunikation erhoffen sich die Strategen von dem Corporate Network einen besseren Service fuer den Kunden. Der ist Koenig und soll dann nicht nur rund um die Uhr bedient, sondern im Bedarfsfall gleich im virtuellen Netz der R+V an eine kompetente Abteilung weitergeschaltet werden. Selbst wenn diese zu einer Niederlassung in einem anderen Teil Deutschlands gehoert, wuerden fuer den Anrufer nur die oertlichen Gebuehren anfallen. Damit reduziert sich fuer den Kunden nicht nur der Zeitaufwand bei der Informationsbeschaffung, mit dem Corporate Network koennte, so Schlottke, auch jeder Schadensvorgang schneller bearbeitet werden.

Einen Vorteil sieht der R+V-Manager auch in der Moeglichkeit, das Corporate Network zu einem virtuellen Netz zusammenzufassen. Im Klartext heisst das: Ortsfremde Mitarbeiter, die R+V einstellt, muessen nicht unbedingt umziehen, weil sie ueber das Corporate Network nahezu an jedem Ort in das Netz integriert werden koennen. Nach Ansicht der Verantwortlichen schafft das Netz kuenftig ausserdem die notwendige Flexibilitaet, um schnell auf Aenderungen und Anforderungen des Marktes reagieren zu koennen. Der wird, so prognostizieren Experten, durch den Wegfall der Genehmigungspflicht fuer Versicherungstarife und -bedingungen sowie wegen zusaetzlicher Wettbewerber ab Juli mit einer Vielzahl neuer Angebote ueberschwemmt und dadurch unuebersichtlicher werden.

Fuer die Wiesbadener Versicherer hat das Corporate-Networking- Projekt die Konsequenz, dass zwei bislang getrennte Welten, naemlich Sprache und Daten, zusammenwachsen. "Telekommunikation und Datenverarbeitung muessen in einer Verantwortung liegen, das ist ein absolutes Muss", zieht Schlottke nach einem Jahr Testerfahrung Bilanz.

Durch die Freigabe des Corporate Networking seitens der Telekom Anfang 1993 habe die R+V, so der DV-Verantwortliche im Vorstand, die rechtliche Handhabe fuer das Projekt erhalten, das technisch schon laengst machbar gewesen waere.

Schlottke kritisierte in diesem Zusammenhang aber auch, dass bereits seit Jahren ueber Corporate Networking gesprochen wuerde, das Angebot am Markt jedoch schlecht sei. "Wir haben lange keine vernuenftigen Ansprechpartner gefunden", beschreibt der Manager die Marktlage. Eine Ursache dafuer sieht er in der bislang ungewohnten Kombination der Daten- und Sprachkommunikation, auf die sich die Hersteller und Carrier noch nicht richtig eingestellt haben.

Die Betreuung der 200 sogenannten Systemkunden, zu denen auch die R+V Versicherung gehoert, hat fuer die Telekom jetzt deren Tochter, die Deutsche Telekom Systemloesungen GmbH, kurz Detesystem, uebernommen. Das Ende 1993 gegruendete Unternehmen soll als Ansprechpartner fuer die Kunden dienen und alle Dienste des Carriers aus einer Hand anbieten. Fuer Carl-Friedrich Meissner, im Vorstand der Telekom fuer Systemkunden verantwortlich, ist der Einnahmeverlust durch die Corporate-Network-Regelung zwar schmerzlich, koenne aber durch mehr Leistung ausgeglichen werden.