Telekom soll spaetestens Mitte 1996 an die Boerse Postreform II: Uebergreifende Holding wird zum Zankapfel

09.07.1993

BONN (vwd) - Eine grosse Huerde auf dem Weg zur Postreform II scheint nun aus dem Weg geraeumt zu sein. Diese Anschauung vertreten jedenfalls Experten nach den zustimmenden Voten von Koalition und SPD zum Ergebnisbericht der interfraktionellen Verhandlungskommission. Ungeloest ist bis dato aber noch eine Reihe von Detailfragen.

Der Ergebnisbericht soll nun als Grundlage fuer die Vorbereitung der Detailgesetzgebung dienen. Wie es in dem Bericht heisst, werden die Unternehmen der Deutschen Bundespost in

Aktiengesellschaften umgewandelt. Dies scheint momentan jedoch nur fuer Postdienst und Telekom zu gelten, auch wenn das von offizieller Seite bestritten wird. Die Telekom soll mit einer ersten Tranche von vermutlich zehn Prozent des Aktienkapitals Mitte 1996 an die Boerse gehen; das hierzu notwendige Gesetzespaket will Bundespostminister Wolfgang Boetsch bis Anfang November im Bundestag einbringen.

"Unter Dach und Fach haben wir die zweite Stufe der Postreform erst, wenn der Bundespraesident seine Unterschrift unter das gesamte Vorhaben gesetzt hat", liess Boetsch in einer ersten Stellungnahme zu der Zustimmung von SPD und Koalition zum Bericht der Verhandlungskommission verlautbaren - wohl wissend, dass die nun ins Haus stehenden Gespraeche ungleich schwieriger werden koennten als die bislang gefuehrte Diskussion.

Klaerungsbedarf besteht nach Ansicht von Hans Gottfried Bernrath, einem der SPD-Vertreter in der Verhandlungskommission, vor allem noch in der Frage der den drei AGs vorgelagerten Holding - insbesondere, was deren Einfluss auf das operative Geschaeft der drei Unternehmen sowie personelle Fragen angehe. Hier haetten sich, so Bernrath, Koalition und Opposition entgegen anderslautenden Aeusserungen bisher nicht verstaendigen koennen.

"Die Holding darf nicht so ausgestattet werden, dass sie in das operative Geschaeft eingreifen kann", lautet bis dato der Standpunkt des Ministers. Doch genau das, so befuerchten Kritiker, geschieht, wenn die im Ergebnisbericht der Verhandlungskommission vorgeschlagenen Zustaendigkeitsbereiche fuer die Holding verwirklicht werden.

Hierzu gehoeren neben der Aufgabe als Finanzholding und der Beteiligungsverwaltung die Ueberwachung und Koordinierung von Unternehmensplanungen, Anregungen fuer das aeussere Erscheinungsbild der AGs, das Ausarbeiten von Fuehrungsgrundsaetzen sowie der Abschluss von Manteltarifvertraegen. Genau an diesem Punkt ist jedoch nach Ansicht von Experten weiterer Dissens vorprogrammiert, weil der SPD die jetzt zur Diskussion stehenden Befugnisse der Holding noch nicht weit genug gehen.