Kabinett beschließt Postreform mit etlichen Änderungen:

Telekom-Politik: Bundesrat mit mehr Einfluß

20.05.1988

BONN (cmd) - Die geplante Reform der Bundespost ist ein wichtiges Stück vorangekommen: Das Bundeskabinett verabschiedete den Gesetzentwurf, der allerdings im Unterschied zu dem von Postminister Christian Schwarz-Schilling im Februar vorgelegten Referentenentwurf die politischen Einwirkungsmöglichkeiten in wesentlichen Punkten neu verteilt. So konnten vor allem die Bundesländer, aber auch das Finanz- und das Innenministerium ihre Mitspracherechte ausweiten. In puncto unternehmerische Grundsatzentscheidungen und Ordnungspolitik insgesamt verschieben sich in der Reform die Gewichte von der Ebene Postminister/Aufsichtsrat der neuen Unternehmen Telekom, Postdienst und Postbank nach oben auf die Ebene Bundesregierung und Bundesrat. Während ursprünglich das Bundespostministerium im Benehmen mit dem Wirtschaftsressort die Pflichtleistungen festlegte, heißt es nun:

"Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der Unternehmen durch den Bundesminister für Post und Telekommunikation durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates diejenigen Infrastrukturdienstleistungen zu bestimmen, die die Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse, vor allem aus Gründen der Daseinsvorsorge, erbringen müssen..."

Der Zustimmung des Bundesrates bedürfen in Zukunft auch sämtliche Rahmenvorschriften, die der Postminister in Form von Rechtsverordnungen für die Inanspruchnahme von Telekom- und Postdienst-Dienstleistungen erläßt; hierunter fallen Regelungen zur Vertragsgestaltung und zum Schutz personenbezogener Daten sowie - im Bereich der Telekom - zur Haftung, aber auch "die Bedingungen, zu denen Endeinrichtungen anzuschließen sind...".

Sozusagen im Gegenzug sind die Bundesländer nach dem jetzigen Gesetzentwurf nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen, im Aufsichtsrat von Telekom, Postdienst und Postbank vertreten. An ihre Stelle rücken jeweils Vertreter des Bundes, die der Minister für Post und Telekommunikation benennt.

Darüber hinaus wird der Aufsichtsrat von Telekom und Postdienst um je ein Mandat und der von Postbank um drei Mandate erweitert. Telekom- und Postdienst-Aufsichtsrat setzen sich nun aus je sieben Vertretern des Bundes, der Anwender und Kunden sowie des Personals des jeweiligen Unternehmens zusammen.

Präziser geregelt sind ferner auch Vorschlagsrecht und Zahl der Mandate für die Gruppe Anwender/Kunden: Die Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft können vier Vertreter benennen, die Spitzenverbände der Landwirtschaft einen Vertreter und die Spitzenverbände der Verbraucher zwei Vertreter.

Was die Mitspracherechte anderer Ressorts bei der künftigen Postverfassung angeht, erhält vor allem das Finanzministerium beträchtlichen zusätzlichen Einfluß; zusammen mit dem Bundesinnenministerium kann das Haus Stoltenberg künftig alle personal-, dienst- und tarifrechtlichen Entscheidungen des Postministers torpedieren und zu Fall bringen.

Der vielleicht wichtigste Punkt des jetzigen Gesetzentwurfes aus der Sicht des Finanzministers: Die für ihn so wichtige, in der Öffentlichkeit freilich heftig umstrittene Einnahmequelle "Postablieferung" wird bis einschließlich 1995 grundsätzlich festgeschrieben. Bis Ende 1993 bleibt es bei einer Ablieferung von zehn Prozent der Betriebseinnahmen, wobei der Betrag um 300 Millionen Mark gemindert wird; für das Jahr 1994 steuert die Bundespost dann 70 Prozent und für das Jahr 1995 noch 50 Prozent der 1993 gezahlten Summe zum Bundesetat bei.

Die vom Kabinett verabschiedete Reform Läßt allerdings - neben dem Postministerium selbst - auch ein anderes Ressort nicht ganz ungeschoren: Entgegen dem Referentenentwurf kann das Wirtschaftsministerium künftig dem Haus Schwarz-Schilling nicht mehr bei den Leistungsentgelten im Monopolbereich des Fernmeldewesens (und des Briefdienstes) dazwischenfunken. Statt dessen erhalten die Mannen um Minister Martin Bangemann ein Mitwirkungsrecht bei der Entlastung der Vorstände von Telekom, Postdienst und Postbank.