Ron Sommer verhandelt mit Qwest über Fusion

Telekom in den USA auf Brautschau

10.03.2000
BONN (CW) - Die transatlantischen Expansionspläne der Deutschen Telekom bleiben im Nebel. Im Moment wird den Deutschen ein Flirt mit dem US-Carrier Qwest nachgesagt. Einer Verbindung steht jedoch der Qwest-Juniorpartner US West im Wege. Telekom-Chef Ron Sommer sucht deshalb auch Kontakt zu anderen potenziellen Partnern.

Philip Anschutz ist ein gefragter Mann. Der US-Investor ist nicht nur Besitzer des deutschen Eishockey-Clubs Munich Barons, sondern mit einem Anteil von 39 Prozent auch Haupteigentümer des amerikanischen Netzbetreibers Qwest. Diese Tatsache macht den deutschstämmigen Amerikaner für Ron Sommer besonders interessant. Der Telekom-Boss, der sein Unternehmen nach der Auflösung von Global One international neu aufstellen muss, sucht im nordamerikanischen Markt nämlich händeringend nach einem Partner. Qwest, ein in Denver, Colorado, beheimateter Carrier, würde Sommer da sehr gut ins Konzept passen. Allerdings hat der Deal nur dann eine Chance, wenn Anschutz sein Plazet gibt.

Sommer hat deshalb, auch wenn die Telekom dazu schweigt, mit Anschutz und dem Qwest-CEO Joseph Nacchio bereits Verhandlungen aufgenommen. Beide sollen einer Fusion durchaus positiv gegenüberstehen, allerdings gibt es ein Problem, das sowohl Qwest als auch der Telekom zu schaffen macht. Die Rede ist von US West, das sich als Klotz am Bein erweisen könnte. Die regionale Telefongesellschaft soll nämlich mit Qwest fusionieren, sobald die Kartellbehörde grünes Licht gibt. Nach einem Übernahmepoker mit Global Crossing hatte Qwest vergangenes Jahr für 36 Milliarden Dollar den Zuschlag von US West bekommen. Unterdessen haben auch die Aktionäre beider Unternehmen den Merger abgesegnet.

Doch diese anstehende Fusion bereitet Qwest und der Telekom Kopfzerbrechen: Qwest, weil der Juniorpartner US West erst aus der Zeitung von den Gesprächen zwischen Qwest und der Telekom erfuhr. US West sieht jetzt seinen Zusammenschluss mit Qwest gefährdet und droht mit einer imageschädigenden und kostspieligen Klage. Eine gerichtliche Auseinandersetzung wäre jedoch langwierig und kaum im Interesse von Nacchio, weshalb Qwest für die Telekom wohl nur im Doppelpack mit US West zu haben ist.

Der Telekom käme Qwest ohne das Anhängsel US West allerdings besser gelegen. Die Bonner haben jenseits des Atlantiks eigentlich keinerlei Ambitionen im Privatkundengeschäft und können daher mit den 25 Millionen US-West-Kunden in 14 Bundesstaaten wenig anfangen. Qwest dagegen hat aus Sicht der Bonner einiges zu bieten. Das Unternehmen verfügt über ein rund 30 000 Kilometer langes, nationales Glasfasernetz, über das Internet-, Sprach- und Datendienste angeboten werden. Damit passt es bestens in das Konzept der Telekom, die an multinational operierende Unternehmen sowie nationale Großanwender TK-Services vermarkten möchte.

Ron Sommer steckt nun in der Zwickmühle. Will er Qwest sofort, muss er in den sauren Apfel beißen und für US West mitbezahlen. Wartet er eine Einigung - ob gütlich oder gerichtlich - zwischen Qwest und US West ab, verstreicht wertvolle Zeit. Die hat der Telekom-Chef aber nicht. Glaubt man den Analysten, wird Sommer nämlich noch vor Mitte des Jahres in Sachen US-Partner Nägel mit Köpfen machen - auch wenn der Übernahmekandidat dann nicht Qwest heißt. Mit einem amerikanischen Zukauf noch vor Juli 2000, wenn der Bund seine Anteile an dem deutschen Carrier veräußert, würde die Marktkapitalisierung der Telekom wahrscheinlich in Rekordhöhen getrieben. Die Bonner wären damit selbst vor einer Übernahme geschützt.

Angesichts des Zeitdrucks spricht auch einiges gegen eine Fusion mit Qwest und US West. Sommer wird sich, nachdem er schon vergangenes Jahr mit dem Versuch, Telecom Italia zu übernehmen, auf die Nase fiel, nicht ein zweites Mal die Finger an einem unwägbaren Deal verbrennen. Hinzu kommt, dass der Telekom bei einem Merger mit Qwest nicht automatisch der Anteil von 44 Prozent am Joint Venture KPN Qwest zufällt, dem auch der deutsche Internet-Provider Xlink gehört. Zwar würde Sommer der gegenwärtig 14000 Kilometer umspannende europäische Glasfaserring von KPN Qwest sicherlich gut ins Programm passen, doch im Falle eines Mergers mit Qwest hätte die holländische KPN das Vorkaufsrecht am Anteil der Amerikaner.

Sicher ist jedenfalls, dass Ron Sommer nicht nur die Karte Qwest spielt. Der Vorstandsvorsitzende der Telekom soll bereits zu weiteren Carriern Kontakte geknüpft haben. Genannt werden Global Crossing, SBC Communications, Cable & Wireless, Telefonica sowie Bell South, das übrigens am Konkurrenten Qwest zehn Prozent der Anteile hält. Mit Global Crossing führt die Telekom schon seit längerem Gespräche und hat dies auch bestätigt. Zuletzt hatten die Bonner angekündigt, Kapazitäten des Transatlantikkabels von Global Crossing zu mieten. Das auf den Bermudas ansässige Unternehmen ist Anbieter einer weltweiten TK-Infrastruktur und daher für die Telekom besonders interessant.