Worldcom und Sprint bestellen Aufgebot ab

Telekom gilt als neuer Interessent für US-Carrier Sprint

07.07.2000
BONN (CW) - Das Drama um die Zukunft von Sprint geht weiter. Nach dem Veto der Aufsichtsbehörden in Europa und den USA gegen die geplante Übernahme des Carriers durch MCI Worldcom gilt nun die Telekom als potenzieller Sprint-Käufer. Allerdings mehren sich auch kritische Stimmen, die in dem geplatzten Deal das Ende der Mammuthochzeiten im TK-Markt sehen.

Mit einem Wert von 129 Milliarden Dollar sollte es die Megafusion werden: Die Übernahme von Sprint durch den US-Carrier MCI Worldcom. Ein Merger, der den Aufsichtsbehörden in den USA und Europa dann doch eine Nummer zu groß war. Während die EU befürchtete, dass die beiden Unternehmen mit einem Marktanteil von zusammen über 50 Prozent den Zugang zum internationalen Internet kontrollieren würden, sahen die Amerikaner den Wettbewerb im heimischen Markt für Ferngespräche in Gefahr. Worldcom ist nämlich der zweitgrößte Anbieter in den USA, gefolgt von Sprint auf Platz drei.

Kaum war die Nachricht über die geplatzte Fusion bestätigt, begannen die Spekulationen um den neuen Sprint-Interessenten. Im Zentrum des Rätselratens befand sich plötzlich die Telekom. Dem Bonner Konzern wurde starkes Kaufinteresse nachgesagt. Dabei schätzen Analysten den Wert des US-Carriers derzeit auf 100 Milliarden Dollar. Ein Preis, den sich die Telekom, die an Sprint bereits zehn Prozent aus den Tagen des Triumvirats mit France Télécom und dem US-Carrier hält, durchaus leisten könnte.

Laut Telekom-Chef Ron Sommer liegt nämlich das Limit für künftige Übernahmen beim Börsenwert der Telekom, den er mit 180 Milliarden Euro beziffert. Hinzu kommt noch eine Anleihe, die die Telekom mit einem Rekordvolumen von 14,5 Milliarden Dollar aufnahm. Allerdings könnte Sommer, dem nachgesagt wird, dass ihm eine Fusion mit Sprint nach dem Vorbild von Daimler-Chrysler vorschwebe, die Lust an dem Deal noch vergehen. Angesichts des Kaufpreises von 100 Milliarden Dollar und der anstehenden milliardenteuren UMTS-Lizenzversteigerung reagierten die Börsen nämlich mit einem massiven Kursverfall für die T-Aktie.

Widerstand für den Local Hero aus BonnUnklar war bis Redaktionsschluss zudem, ob der Telekom-Chef wirklich ein Interesse an Sprint hat, denn bislang bestätigte er lediglich Kaufpläne in den USA. Eine andere Option für Sommer wäre nämlich die Übernahme von Qwest und US West, die gerade in einem neuen TK-Konzern aufgingen. Dort bestimmt der ehemalige Qwest-Chef Joseph Naccio die Richtung, und der wollte schon einmal mit der Telekom anbandeln.

Branchenkenner vermuten deshalb, dass Sommer die Sprint-Spekulationen ganz gelegen kommen, um so eventuell den Kaufpreis für Qwest und US West zu drücken. Auf der anderen Seite würde eine Übernahme von Sprint für den Local Hero aus Bonn durchaus Sinn geben: Die Geschäftsfelder der Amerikaner decken sich weitestgehend mit denen der Telekom. So bekämen die Deutschen auf einen Schlag ein Festnetz, einen Mobilfunkanbieter sowie eine Internet-Infrastruktur in Nordamerika.

Gegen eine eventuelle Fusion von Sprint und Deutscher Telekom regt sich in den USA bereits Widerstand. So würden 30 US-Senatoren in dem Merger einen Gesetzesverstoß sehen, da die Telekom noch zu 59 Prozent in Staatsbesitz sei. Nach US-Recht muss die Staatsquote der Carrier unter 25 Prozent liegen.