Telekom-Chef Paellmann kritisiert Eckpunktepapier von Boetsch ISS '95: Die Maerkte mit ihren Hoffnungen wachsen zusammen

05.05.1995

BERLIN (CW) - Zum zweiten Mal nach 1974 war Deutschland Schauplatz des International Switching Symposiums (ISS). Der vom ISS '95- Veranstalter im Untertitel als "Weltkongress der Telekommunikation" bezeichnete Event in der Bundeshauptstadt war gepraegt von Prognosen zur weiteren Entwicklung des Wachstumsmotors Telekommunikation, neuen Techniken und Diensteszenarien sowie der anhaltenden Diskussion um die Liberalisierung des deutschen Telecom-Marktes.

Knapp 2500 Teilnehmer waren vom Veranstalter erwartet worden, gekommen sind dann letztlich mehr als 3000, die sich beim 15. International Switching Symposium Themen wie der Digitalisierung audiovisueller Medien, ATM-gestuetzte Datenautobahnen, Multimedia oder globale Mobilkommunikation widmeten. Erneut wurde dabei vor allem die Funktion der Branche als Wachstumsmotor betont. So geht man derzeit fuer den Telecom-Weltmarkt von einer jaehrlichen Ausdehnung um sieben bis acht Prozent aus; allein fuer Europa prognostizieren Analysten bei einem jaehrlichen Umsatzplus von mehr als acht Prozent fuer das Jahr 2000 ein Marktvolumen von rund 400 Milliarden Mark.

Als Hoffnungstraeger beziehungsweise Zukunftsmarkt Nummer eins gilt dabei das Zusammenwachsen von Kommunikationstechnik, DV und Unterhaltungselektronik. Hier liegen, wie Volker Jung, Mitglied des Zentralvorstandes der Siemens AG, betonte, fuer die Industrie "weltweit ebenso grosse Chancen wie Herausforderungen". Dies gelte vor allem fuer die Zusammenarbeit bei der Standardisierung. Diese muesse international intensiviert werden, um "rasche Markteinstiege und faire Wettbewerbsbedingungen zu ermoeglichen".

Als die derzeit vielversprechendste Multimedia-Technik kristallisiert sich, wie in Berlin erneut deutlich wurde, das kuenftige Breitband-ISDN (ATM) mit flexibler Nutzung der Bitraten heraus. Zwingend notwendige Basis hierfuer sind flaechendeckende Glasfasernetze, die mit Hilfe von ATM Daten, Sprache und Video transportieren koennen. Als zweites wichtiges technologische Standbein der kuenftigen Informationsgesellschaft gilt in Expertenkreisen die globale Mobilkommunikation. Hier weist der Trend vor allem in Richtung immer kleinerer, leistungsfaehigerer und preisguenstigerer Endgeraete. Gleichzeitig duerfte der Siegeszug des Mobilfunkstandards GSM nicht mehr aufzuhalten sein.

Deutlich wurde in Berlin aber auch der anhaltende Dissens zwischen der Verantwortlichen der Deutschen Telekom AG und Bundespostminister Wolfgang Boetsch bei der Oeffnung des deutschen Telecom-Marktes. Waehrend der kommissarische Telekom- Vorstandsvorsitzende Wilhelm Paellmann vor den Kongressteilnehmern das von Boetsch vor einem Monat veroeffentlichte Eckpunktepapier "ein gutes Stueck weg von wirklicher Chancengleichheit" sah, hielt der Bundespostminister an der beabsichtigten uneingeschraenkten Lizenzvergabe fest. "Die Basis der Telekom ist so gut, dass sie das Potential hat, auch unter Wettbewerbsbedingungen am Markt zu bestehen", machte Boetsch in Berlin seinen Standpunkt klar.