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Telekom-Anleger: Kai-Uwe Rickes Schonfrist ist abgelaufen

12.03.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Vier Monate nach seinem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom sieht sich Kai-Uwe Ricke mit dem Unmut vieler Anleger und Analysten konfrontiert. Sie beklagen sich, dass sich die Rickes Strategie nicht wesentlich von der seines geschassten Vorgängers Ron Sommer unterscheide. Er vermisse an Ricke frische Impulse, um das Ruder des Tankers Deutsche Telekom herumzureißen, erklärte etwa Frank Heise, Fondsmanager von Union Investment gegenüber dem "Wall Street Journal".

In der Tat kann der neue Telekom-Chef bislang wenig positive Veränderungen vorweisen. Zwar gelang es dem Bonner TK-Konzern, im Schlussquartal 2002 die Erwartungen der Analysten zu übertreffen. Negativ aufgenommen wurde aber die unzureichende Beantwortung der Fragen zur künftigen Entwicklung von Umsatz, Nettoergebnis und Dividende. Die vagen Prognosen führten letztendlich dazu, dass viele Investoren ihre T-Aktien abstießen und der Kurs am Montag um neun Prozent sank. Ricke habe nicht ausreichend die Machbarkeit der geplanten Restrukturierung und des Schuldenabbaus dargelegen können, beklagten Analysten.

Rickes Negativbilanz der ersten vier Monate ist damit aber noch nicht abgeschlossen: Seit der ehemalige T-Mobile-Chef das Telekom-Zepter in der Hand hält, hat Moody's Investor Service die Kreditwürdigkeit des Konzerns um zwei Stufen gesenkt und die Anleger fühlen sich durch die Ausgabe einer Wandelanleihe im Wert von 2,3 Milliarden Euro vor den Kopf gestoßen. Außerdem muss sich der magentafarbene Riese mit neuen Vorwürfen herumschlagen, er habe beim dritten Börsengang Mitte 2000 Risiken verschwiegen und dadurch die Anleger getäuscht. Auch mit dem Verkauf von 120 Millionen T-Online-Aktien oder 8,2 Prozent der Internet-Tochter im Dezember 2002 machte sich Ricke nicht viele Freunde: Zwar spülte der Schritt 732 Millionen Euro in die Telekom-Kassen. Einige Analysten sind jedoch der Ansicht, dass die Telekom die Anteile dabei zum Schleuderpreis verhökert habe.

Als Positivbeispiel für einen Krisenmanager erweist sich dagegen Thierry Breton, der neue CEO von France Télécom: Trotz ähnlich schlechter Ausgangssituation - etwa 68 Milliarden Euro Schulden plus milliardenhohe Abschreibungen auf das gescheiterte Mobilcom-Abenteuer - hat sich der Aktienkurs des französischen TK-Konzerns seit Bretons Amtsantritt im vergangenen Oktober mehr als verdoppelt. Zum Vergleich: Die T-Aktie hat seit Jahresbeginn rund 20 Prozent an Wert verloren. (mb)