Kooperation mit Siemens beendet

Telecom Italia steigt aus dem Joint-venture Italtel aus

16.04.1999
MAILAND/MÜNCHEN (CW) - Die von Olivetti geplante feindliche Übernahme von Telecom Italia zieht weitere Kreise. Auf Betreiben des Carriers soll nun das gemeinsam mit Siemens gegründete Joint-venture Italtel aufgelöst werden. Das Management der Telefongesellschaft hatte bereits vor Wochen angekündigt, sich von Randaktivitäten zu trennen, um sich auf die Abwehr der Olivetti-Übernahme konzentrieren zu können.

"Beide Parteien sind überzeugt, daß eine Aufteilung mit ihren strategischen Zielen übereinstimmt." Mit diesem knappen Statement kommentiert der Münchner Elektronikriese das Ende des 1994 zusammen mit Telecom Italia gegründeten Gemeinschaftsunternehmens, das auf die Herstellung von TK-Equipment spezialisiert ist. Noch im Februar hatte Siemens betont, an dem Joint-venture festhalten zu wollen, doch der italienische Partner drängte nun auf ein schnelles Ende.

Siemens erhält alles außer dem Festnetzgeschäft

Telecom Italia will sich angesichts der drohenden feindlichen Übernahme durch Olivetti so schnell wie möglich von sämtlichen Randaktivitäten trennen. Nur so lasse sich, wie das Management des bedrängten Carriers bereits vor Wochen durchblicken ließ, eine aufwendige Abwehrstrategie gegen Olivetti finanzieren - zum Beispiel durch den Rückkauf eigener Aktien. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Auflösung von Italtel kündigte die Telefongesellschaft an, ihren 50-Prozent-Anteil so schnell wie möglich zu veräußern. Dieser wird nach einer von den Partnern noch vorzunehmenden Bewertung und Aufteilung im wesentlichen aus den Festnetzaktivitäten von Italtel bestehen, während Siemens das Systemgeschäft für die Bereiche Mobil- und Richtfunk sowie die komplette Datenübertragungstechnik erhalten soll. Außerdem übernehmen die Münchner die bisherigen Italtel-Töchter Necsy (Call-Center) und Telematica (Telefonendgeräte).

Italtel hat 1998 einen Umsatz von umgerechnet vier Milliarden Mark erzielt und beschäftigt rund 15000 Mitarbeiter. Trotz eines durch Rückstellungen für Rationalisierungsmaßnahmen entstandenen Verlusts von zuletzt knapp 400 Millionen Mark galt das Unternehmen als Perle unter den europäischen Telco-Lieferanten - erst recht, weil der italienische TK-Markt als einer der wichtigsten Wachstumsmärkte auf dem Alten Kontinent anzusehen ist. 1994 hatte Siemens erst nach einem harten Bieterwettbewerb gegen die frühere AT&T-Tochter Lucent sowie Ericsson und Alcatel von der Telecom-Italia-Vorgängerin, der staatlichen TK-Holding Stet, den Zuschlag erhalten. Im vergangenen Jahr waren erneut Spekulationen aufgekommen, Lucent sei an einem Kauf des Telecom-Italia-Anteils an Italtel interessiert.

Siemens hatte ein vertraglich verankertes Vorkaufsrecht für den Rest des Unternehmens nie ausgeübt; immer wieder gab es Gerüchte um Unstimmigkeiten hinter den Kulissen. Nach Aussagen eines Siemens-Sprechers sind jedoch nicht Meinungsverschiedenheiten unter den Partnern Ursache für die Trennung. Man habe vielmehr das Ziel, im italienischen Ausrüstermarkt Fuß zu fassen, erreicht. Insider gehen daher davon aus, daß der Absprung der Italiener dem Siemens-Management gerade recht kommt. Italtel habe in das neue Geschäftsfeld IuC der Münchner sowie deren verstärkte Ausrichtung auf Bereiche wie IP-Daten- und -Sprachkommunikation nicht mehr hineingepaßt.