Unternehmen sehen organzsatorische Probleme

Telearbeit wird trotz der vielen Vorteile nur langsam zunehmen

21.08.1992

BERLIN (hp) - Telearbeit hat viele Vorzüge: Freizeit statt Stau, effektives Arbeiten statt Ablenkung durch Kollegen, zufriedenere Mitarbeiter. Trotzdem ist diese Form der Arbeit noch eher die Ausnahme. Dies könnte sich durch die zunehmende Dezentralisierung und Flexibilisierung der Unternehmen sowie durch die Verteuerung der Ballungsräume ändern.

Viele assoziieren mit Telearbeit nur die moderne Art der Heimarbeit, bei der sicht beispielsweise Mütter als Datentypistinnen in den eigenen vier Wänden ein Zubrot verdienen. Diese klassische Teleheimarbeit hat kaum eine Zukunft, so lautet das Ergebnis einer Studie, die das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) im Auftrag der Telekom und des Landes Berlin durchführte. Die Zukunft liege eher in Mischarbeitsformen, bei denen die Mitarbeiter abwechselnd zu Hause, in der Zentrale oder in der Zweigstelle tätig werden .

Langfristige Strategien kommen oft zu kurz

Bis jetzt konnte sich in Deutschland noch kaum ein Unternehmen für Telearbeit erwärmen. Zwar sorgte die Betriebsvereinbarung der IBM für viele Schlagzeilen, aber der DV-Hersteller ist mit diesem Experiment noch ein Einzelfall, außerdem scheint das Projekt noch nicht so recht in Gang zu kommen. Warum aber zögern die deutschen Unternehmen trotz der offensichtlichen Vorzüge der Telearbeit? "Die meisten Verantwortlichen in den Betrieben befassen sich mit kurz- und mittelfristigen Strategien. Was aber über einen zeitraum von drei oder fünf Jahren hinausgeht, inreressiert kaum jemanden. Deshalb befassen sich auch nur wenige mit der Telearbeit" gibt Ulrich Staiger, Mitverfasser der Studie eine Erklärung.

Bis jetzt fehle es an den nötigen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen zu deren Klärung vor allem der Gesetzgeber und die Gewerkschaften gefordert seien. Aber auch im organisatorischen Bereich müßten die Betroffenen undenken da eine zeitweise dezentrale Tätigkeit eine ganz andere Form der Koordination und Mitarbeiterführung erfordere.

"Das Problem der Kontrolle der Mitarbeiter spielt hier natürlich für die Verantwortlichen eine entscheidende Rolle", erklärt Staiger. Allerdings gebe es einige dezentral arbeitende Berufsgruppen wie Programmierer oder Lehrer, die diese Problembereiche bereits bewältigt hätten. Die Studie nennt mögliche Anwendungsgebiete der Telearbeit: Fernwartung dezentrale Schulung, Kooperation mit Dienstleistern etwa im Rechenzentrum, Fernüberwachung oder das Arbeiten in örtlich verteilten Projektgruppen.

Bisher sind es meist Höherqualifizierte, die sich in die eigenen vier Wände zurückziehen um dort übenviegend konzeptionell zu arbeiten. Die Verfasser der Untersuchung sind jedoh der Meinung daß sich schon jetzt viele Arbeiten nach Hause verlegen ließen. In Frage kämen beispielsweise auch klassische Büroberufe. Selbständiges Arbeitten so die Studie wird immer mehr zunehmen, und selbst in der Verwaltung ließen sich immer mehr Teilgebiete über Telearbeit abwickeln. Viele Unternehmen müssen sich schon aufgrund der steigenden Mieten in Ballungsräumen und der sinkenden Mobilitätsbereitschaft der Mitarbeiter mit Standortfragen beschäftigen. Außerdem so die IZT-Experten werden die Betriebe zunehmend aus kleinen, flexiblen und teilweise selbstorganisierten Arbeitsteams bestehen die als eigenständige Profitcenter in engem Kontakt zu Auftraggebern oder Lieferanten stehen.

Dies treibe die Etablierung von wohnungsnahen Satellitenbüros voran wobei die Entwicklung von Kommunikationsdiensten wie ISDN zur Beschleunigung dieser Eintwicklung beitrage.

Wie schnell sich diese Tendenzen auswirken können auch die Verfasser der Studie katum prognostizieren. Nachdem im Laufe der letzten Jahre eine rasante Ausbreitung der Telearbeit vorhergesagt wurde, die nicht eintraf sind die Einschätzungen jetzt eher verhalten. "Genaue Zahlen zur Ausbreitung der dezentralen Arbeit kann man kaum nennen. Sicher ist aber daß der Bedarf und die Bereitschaft kräftig zunehmen werden" erklärt Staiger.