Technologie tragbarer Rechner nicht ausgereift? Probleme bei Compaq-Notebooks schueren Zweifel an Zuverlaessigkeit

13.01.1995

MUENCHEN (CW) - Compaq muss bei einigen Partien der erst im Maerz 1994 vorgestellten Notebooks LTE Elite Teile der eingebauten Stromversorgung reparieren. Betroffen sind nach Angaben aus Compaqs Deutschland-Niederlassung Modelle mit den Seriennummer xxxx-xxx 78 442 und xxxx-xxx 78 447. Diese Rechner wurden bisher vor allem an Firmenkunden verkauft. Dort werden sie jetzt kostenlos vor Ort repariert.

Gleichzeitig wurde bekannt, dass einige Notebooks einen Fehler im ROM-Speicher aufweisen. Nach den Worten von Cynthia Schrock, an Compaqs Hauptsitz in Houston fuer Hochleistungs-Notebooks zustaendig, erkenne der Rechner unter dem Betriebssystem OS/2 und bei bestimmten Applikationsumgebungen nicht mehr als 16 MB Speicher. Der Fehler lasse sich aber mit einer neuen Version des Basic-Input-Output-Systems (BIOS) beheben, die von Diskette eingespielt werden koenne.

Das "Wall Street Journal" hatte gemeldet, dass Compaq die Notebooks der Modellreihe "LTE Elite" von seinen Haendlern in Europa zurueckruft und Techniker beauftrage, die Probleme zu beheben.

Auf Anfrage stellte eine Compaq-Sprecherin in Muenchen fest: "Es gibt keine Rueckrufaktion fuer Notebooks der LTE-Elite-Familie. Falls technische Probleme auftreten, werden diese typischerweise vom autorisierten Compaq-Partner oder einer beauftragten Service- Organisation geloest." Sie bestaetigte, dass die beschriebenen Probleme fuer "eine limitierte Anzahl von LTE-Elite-Modellen" zutraefen. Compaqs Vice-President fuer den Marketing-Bereich tragbare Rechner und Software, Lorie Strong, bezifferte den Anteil betroffener Geraete auf "weit weniger als zehn Prozent".

Fuer Compaq ist der neuerliche Lapsus bitter: Nicht immer scheint naemlich die Weisheit des Titus Maccius Plautus - Nomen atque Omen - zuzutreffen, wonach der Namen auf eine gewisse Vorbedeutung hinweise. Zumindest fuer die Elite-Notebooks kehrt sich das Zitat aus vorchristlicher Zeit in unangenehmer Weise gegen Compaq, ist es doch bereits das zweite Mal, dass der PC-Hersteller fuer diese Produktreihe ein technisches Problem melden muss. Bereits im Sommer 1994 sah sich der PC-Primus gezwungen, die Produktion bestimmter"LTE-Elite"-Modelle - zumindest in den USA - einzufrieren.

Compaq ist kein Einzelfall

Seinerzeit hatte die PCMCIA-Elektronik der Notebooks Schwierigkeiten, Erweiterungskarten zu erkennen beziehungsweise produzierten die Karten nach ihrer Inbetriebnahme Fehlermeldungen. Auch bei Compaqs "Contura"-Notebooks tauchte anfaenglich ein Fehler im PCMCIA-Controller auf.

Schon melden sich erste Kritiker zu Wort, die an Compaqs Befaehigung zweifeln, qualitativ hochstehende Notebooks zu entwickeln. In diesem Sinn aeusserten sich zumindest Ted Julian vom Marktforschungsinstitut International Data Corp. (IDC) und sein Kollege Kevin McCarthy, Analyst bei Natwest Securities Corp.

Compaq ist allerdings kein Einzelfall: Auch Konkurrent Dell hatte nicht viel Freude an seinen Subnotebooks "325SLi": Insgesamt 17 000 Rechner musste das Unternehmen im Herbst 1993 weltweit zurueckrufen. Grund waren fehlerhafte Kondensatoren auf der Hauptplatine. Diese erhitzten sich dermassen stark, dass im schlimmsten Fall die Hauptplatine zu schmoren begann.

Dell sah sich in der Folge gezwungen, mit der AST Research Inc. voruebergehend ein OEM-Abkommen zu schliessen und deren Notebooks unter der "Latitude"-Bezeichnung zu vertreiben.

Die Zuverlaessigkeit von tragbaren PCs geriet darueber hinaus durch eine Studie des Marktforschungsinstitutes Reliability Ratings aus Needham, Massachusetts, in den Blickpunkt der Oeffentlichkeit. In ihrem Report "Study on PC Laptops" hatten die Analysten festgestellt, dass Komponenten von Laptops fuenfmal haeufiger Defekte aufweisen als PCs, die nicht fuer den mobilen Einsatz gedacht sind. Die Tester befragten fuer ihre Untersuchung DV-Verantwortliche von Unternehmen, die im grossen Umfang Mobilsysteme einsetzen.

Bei der Befragung fielen - neben "Thinkpad"-Rechnern der IBM - auch "LTE-Lite"-Notebooks der Pfeiffer-Company negativ auf: Die Studie beruft sich auf eine Firma, die 100 dieser Compaq-Geraete im Einsatz hatte. Innerhalb eines Jahres habe man unter anderem Schaeden an 60 Laufwerken und zehn Displays beklagen muessen.

Meredith McCarty, Analystin bei Reliability Ratings, erklaerte die Probleme bei Mobilsystemen unter anderem mit den kurzen Produktzyklen der PC-Hersteller: Wegen des permanenten Preiskriegs seien die Unternehmen gezwungen, immer schneller neue Produktgenerationen auf den Markt zu bringen.