WSl warnt vor beschäftigungspolitischer Fata Morgana:

Techno-Parks sind Spielwiesen des Kapitals

22.02.1985

DÜSSELDORF (lo) - Technologieparks tragen nicht zum Abbau der Arbeitslosigkeit bei. Der gesellschaftspolitische Nutzen geförderter High-Tech-Produkte bleibt fraglich: Diese Schlußfolgerungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Insitituts des DGB (WSl) basieren auf Analysen über Konzeptionen von bundesdeutschen Gründerzentren.

Ideologische und wirtschaftspolitische Zielsetzungen der Gründerparks ständen einer aktiven Strukturpolitik im Sinn der Arbeitnehmer entgegen, erklärt das WSI in einer Untersuchung über Hintergründe und mögliche Resultate der "Technologie-Park-Euphorie"

Diese Techno-Parks widersprächen gewerkschaftlichen Vorstellungen, zumal Arbeitnehmerorganisationen in ihnen kaum Raum fänden. Indem zunehmend Innovationszentren entstünden, vergrößere sich gleichzeitig der Einfluß von Unternehmerinteressen und deren Organisation.

Warnung vor allzu schnellen Parallelen

Alle bundesdeutschen "Parks" orientieren sich an dem gemeinsamen Leitbild des US-amerikanischen "Stanford Industrial Park", so die Wirtschaftsforscher. 1974 südlich von San Franzisko im "Silicon Valley" gegründet, entstanden in diesem mittlerweile weltberühmten Tal während der Expansionsphase 700 000 Arbeitsplätze. Davon zählen 220 000 zum Sektor Mikroelektronik. Bis zum Ende der 80er Jahre, so wird angenommen, sollen weitere 40 000 Arbeitsplätze entstehen. Diese Beschäftigungsintensität kleinerer und mittlerer Unternehmen in den 70er Jahren untermauern Ergebnisse US-amtlicher Untersuchungen. In der Phase des gegenwärtigen "Nullwachstums" sei es allerdings zweifelhaft, mit einem "Gründerboom" den Wirtschaftsproblemen hierzulande begegnen zu wollen, warnt das WSl vor allzu schnellen Parallelen. Von den mehr als 19 Millionen Arbeitsplätzen, die in den USA zwischen 1969 und 1979 geschaffen wurden, ließen sich nur zwei Prozent den High-Tech-Berufen zurechnen.

Die "Schwachstelle" hierzulande wäre die Umsetzung von Grundlagenergebnissen in neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen ohne Risikofreude, so der Bundesbericht Forschung 1984. Dies brächte der deutschen Wirtschaft häufig Nachteile im internationalen Wettbewerb. Das WSI erkennt die innovationspolitischen Funktionen kleiner Unternehmen für die Gesamtwirtschaft an. Gleichzeitig stellt das Institut die .Lösung Technologiepark" in Frage.

Öffentliche Mittel ohne soziale Garantie

Das Institut übt unter anderem Kritik an dem Einsatz öffentlicher Mittel, um solche "Parkprojekte" zu realisieren. Teilweise erreichen Zuschüsse eine Höhe bis zu 18 Millionen Mark. Soziale Kriterien beeinflußten diese Subventionierung jedoch kaum: Weder werde in ausreichendem Maß nach "Sozialverträglichkeit" noch nach dem "qualitativen Humanisierungsgehalt" von entstehenden Arbeitsplätzen und -bedingungen gefragt.

Dabei umfasse die öffentliche Unterstützung von Jungunternehmen kostenlose oder preisgünstige Gewerbeflächen, weiterhin die Zusammenarbeit zwischen Industrie und Hochschule sowie Großforschungseinrichtungen. Gleichfalls zähle der günstige Zugang zu risikotragendem Eigen- und Fremdkapital ebenso dazu wie die Hilfestellung bei Kontakten zu potentiellen Auftraggebern.

Flächendeckend seien der Ausbreitung von Gründerwerkstätten Grenzen gesetzt, schränkt das WSI den regionalpolitischen Nutzen ein. Standortvoraussetzung sei die Hochschule oder das Forschungsinstitut vor Ort. Nur wenige Kommunen und Regionen verfügten aber über solche "Technologiespender". Zudem fänden sich in strukturschwachen Randregionen kaum die Mittel, um für Anschluß an eine höherwertige Verkehrsinfrastruktur zu sorgen.

Nur bedingt lebensfähige Innovationszellen

Das WSI bezweifelt aufgrund von Expertenschätzungen sowie Erfahrungswerten aus den USA die Lebensfähigkeit der meisten dieser Innovationszellen. Von rund 50 Projekten in der Bundesrepublik - in Diskussion oder Realisierung - räumt das DGB-Institut nur 10 bis 15 von ihnen Chancen ein. Fehlschläge würden also mit öffentlichen Geldern "sozialisiert". Die erhoffte Wirkung für den Arbeitsmarkt bliebe allerdings aus.

Kritisch äußert sich das WSI über den beschäftigungspolitischen Niederschlag solcher Vorhaben. Indem "vermeintliche" internationale Spitzentechnik bevorzugt werde, entstünden - wie in den USA - lediglich im High-Tech-Bereich ein Bruchteil neuer Arbeitsplätze. Anders gelagerte Beschäftigungsausweitungen erfolgten nicht.

In der Wirtschafts-, Struktur- und Gesellschaftspolitik wollen die Gewerkschaften deshalb stärker reagieren. Arbeits- und Lebensinteressen der Beschäftigten sollen unterstützt, nutzloser Einsatz öffentlicher Mittel verhindert werden. Im Gegenzug zur derzeitigen Entwicklung wollen örtliche Gewerkschaftsgliederungen sinnvolle Alternativen zu den bisherigen Technologie-Parks entwickeln. Als erstes Einzelprojekt sei an eine Entwicklungswerkstatt "Müllverwertung gedacht. Arbeitnehmerorientierte Entwicklungszentren "vor Ort", so das WSI, sind nicht nur ein Schritt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit; sie unterstützen zugleich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer.