Sapthagiri Chapalapalli im Gespräch

TCS will global integrieren und smart lokalisieren

05.10.2017
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Prozess-Know-how hilft TCS

Sie tanzen auf vielen Hochzeiten: agile Projekte, IT-Betrieb, innovative Digitalisierungsprojekte etc. Wo ist Ihr Fokus?

Saptha: Er liegt im kundenzentrischen Ansatz. Wir sehen uns die Situation beim Kunden immer ganzheitlich an. Kann sein, dass wir unsere Zusammenarbeit mit den Geschäftsprozessen beginnen. Dann sehen die Kunden, dass wir das Prozess-Know-how haben, nicht nur das Technologiewissen. Wir designen die Prozesse nach einem weltweiten Best-Practices-Modell. Im zweiten Schritt übernehmen wir bei Bedarf die Services. Oft bauen wir die Zusammenarbeit über fünf Jahre und mehr Stück für Stück auf und heben erst später die Synergien. Man braucht einen langen Atem und einen ständigen Dialog, wie man betriebliche Prozesse gemeinsam effizienter umsetzen kann.

Ist es immer noch so, dass indische Anbieter aus Kostengründen ausgewählt werden?

Saptha: Unsere großen Kunden werden niemals die billigsten Angebote im Markt auswählen. Zuerst schauen sie immer darauf, ob sie die bestmögliche Qualität bekommen. Erst dann folgt die Frage, ob diese effizient erbracht werden. Man braucht zuerst eine konkurrenzfähige, qualitativ hochwertige Lösung. Das ist in Deutschland wichtiger als in den meisten anderen Ländern. Natürlich hat man einen Vorteil, wenn man das effizient hinbekommt, aber die Entscheidung fällt wegen der Qualität.

Deutsche Kunden denken ganzheitlich und langfristig, die Hürden für den Markteintritt liegen hoch. Wenn Sie etwa mit Unternehmen der Pharmabranche zusammenarbeiten wollen, müssen sie deren Kernprozesse kennen.

Private-Cloud-Angebot für Deutschland

Wie positioniert sich TCS im Cloud-Markt?

Saptha: Wir haben im vergangenen Oktober unser Private-Enterprise-Cloud-Angebot in Deutschland gestartet. Wir betreiben hier inzwischen ein Rechenzentrum mit drei Standorten, alle in der Region Frankfurt. Hintergrund: Unsere Kunden wollten Infrastruktur-Lösungen von uns, und wir unterstützen sie mit unseren Rechenzentren, in ihren eigenen Rechenzentren oder auch in der Public Cloud. Wenn sie AWS oder Microsoft Azure nutzen wollen, ist das kein Problem: Mit diesen Anbietern unterhalten wir Partnerschaften, um zu integrieren.

Was die Kunden von uns bekommen, ist eher eine Zwischenlösung: Sie wollen die Cloud, aber nicht die öffentliche. Also bieten wir unsere TCS Enterprise Cloud an. Wir holen sie dort ab, wo sie sind. On-premise-Anwendungen, in die viel Geld gesteckt wurde, können wir weiter betreiben oder optimieren, und mit modernen Cloud-Anwendungen integrieren. Wir bieten neben IaaS, PaaS und SaaS auch Business Process as a Service. Zum Beispiel betreiben wir für einige Kunden in Deutschland den gesamten Finanzprozess.

Wie gelingt es, das Know how für die vielen Branchen, die sie bedienen, auf dem neuesten Stand zu halten?

Saptha: Unsere Kunden erwarten von uns die jeweils besten Lösungen, mit denen sie sich differenzieren können. Dafür haben wir eine Menge investiert. Unsere Forschung und Entwicklung beschäftigt sich nicht nur mit Technologien, sondern auch mit branchenspezifischen Themen. Wie sieht die Bank der der nächste Generation aus? Wie die Versicherung, Airline oder der Einzelhandel? Damit beschäftigen wir uns in unseren branchenspezifischen Labors.

Deutschland interessiert sich für die Blockchain

Demnach könnte es passieren, dass sie an fünf verschiedenen Stellen im Konzern mit der Blockchain-Technologie experimentieren?

Als Dienstleister muss man nicht nur die IT, sondern vor allem die branchenspezifischen Geschäftsprozesse kennen, meint der TCS-Chef.
Als Dienstleister muss man nicht nur die IT, sondern vor allem die branchenspezifischen Geschäftsprozesse kennen, meint der TCS-Chef.
Foto: TCS

Saptha: Absolut! Die Blockchain ist ein gutes Beispiel. Vor zwei Jahren hätte noch jeder gesagt, das ist eine Technologie für die Finanzindustrie. Inzwischen experimentieren damit Fluglinien, Life Sciences und andere Branchen - gerade in Deutschland übrigens! Unser Vorteil ist, dass wir das gesamte TCS-Netzwerk im Hintergrund haben, eine Vielzahl an Experten, die zum Beispiel im Rahmen eines Hackathons ein Kundenproblem lösen können.

Natürlich habe wir auch Co-Innovation-Einrichtungen, mit Universitäten und Startups. Meistens im Silicon Valley und in Israel. Wichtig ist immer, dass wir unsere Organisation mit all ihren Einrichtungen nutzen, um Innovationsvorteile für den Kunden zu schaffen.

Der Mainframe bleibt im Zentrum

Können Anwender ihre Legacy-Anwendungen einfach an TCS auslagern und die Tür dahinter zu machen?

Saptha: Die Anwendungen schon, aber nicht sonstige Assets. Auch die eher traditionellen Unternehmen haben heute eine digitale Agenda. Sie möchten schnell ans Ziel, und da hilft es, wenn man die Legacy-Anwendungen abgeben kann. Und wir haben ja ein fundiertes Legacy-Wissen aufgebaut.

Nehmen wir die Mainframe-Technologie: Sie ist in vielen deutschen Unternehmen immer noch tief integriert und wird sobald nicht verschwinden. Man darf nicht vergessen: Dort sitzt oftmals die Kernfunktionalität eines Unternehmens, und wenn man digitalisieren will, wird man am Ende immer auf diesen Kern zurückkommen müssen, um Dinge zu verändern. Da haben wir viel Know-how: Wie geht man mit Legacy-Umgebungen um, wie kreiert man Microservices? Wie bekommt man die API-fication hin? Es geht um die Frage: Wie lässt sich der Kern fit für das Digital Enterprise machen?

Auch das bekommen wir nur mit unseren globalen Fähigkeiten hin. Wir haben in Deutschland nicht genug Leute dafür, und die, die es könnten, gehen in den Ruhestand. Lokalisierung am Frontend und ein nahtloser Übergang in unseren globalen Ressourcenpool, das ist unser Vorteil.