Dezentrales und Hardware-unabhängiges DV-Konzept von Infonet

TCP/IP läuft X.25 bei Hyatt-Hotels den Rang ab

19.10.1990

EL SEGUNDO/KALIFORNIEN (pi) - Die amerikanische Hotelkette Hyatts Hotels setzt neben Unix auf ein firmeneigenes Datenverbundnetz TCP/IP. Das von der US-Firma Infonet bereitgestellte Netzwerk umfaßt nahezu alle Hyatts-Hotels in den USA, Kanada, Hawai und in der Karibik.

Die neue Netz-Schiene ist so aufgebaut, daß von jedem Terminal jede Workstation angesprochen werden kann. Als zentrale DV-Zugriffspunkte dienen das zentrale Rechenzentrum von Infonet in Oakbrook Terrace im US-Bundesstaat Illinois und das sogenannte 1800-Reservierungszentrum in Omaha, Nebraska.Strenge Zeitvorgaben

John Biggs, Senior Vice President von Hyatt für die Buchhaltung und die Verwaltung der Hotels, erläutert hinsichtlich der TCP/IP-Konfigurationen: "Wir haben uns bei diesem Vorhaben deshalb für Infonet entschieden, weil dieses Unternehmen mit unabhängiger Hardware arbeitet, die es ermöglichte, strenge Zeitvorgaben bei der Einführung einzuhalten." Durch den im Hardwarebereich gegebenen Spielraum konnte eine maßgeschneiderte Lösung für dezentrale DV-Aufgaben geschaffen werden.

Die Mehrzahl der Hyatt-Hotels - in Nordamerika, Hawai und der Karibik gelegen - hat direkte Zugriffsmöglichkeiten auf die Ressourcen in Oakbrook und Omaha. Die Verbindung kommt jeweils über digitale Schaltkreise mit 56 Kbit/s zustande; die erforderlichen Leitungen werden von der MCI Communications Corporation geleast. Dort allerdings, wo der schnelle digitalisierte Dienst nicht verfügbar ist, "springen" analoge Leitungen mit 19,2 Kbit/s ein.

Hyatt verfügt auch über Buchungszentren in London, Singapur, Hongkong, Tokio, Sydney und in Mexiko-Stadt. Diese Zentren sowie über 40 internationale Hotels verwenden international die öffentlichen Datennetze, um das Rechenzentrum Ilyattech in Oakbrook anzusprechen. Die Infonet-Netzlösung ist mit dem TCP/IP-Privatnetz über ein X.25-Gateway verbunden, das als Interface an einen TCP-Puffer angeschlossen ist.

Ursprünglich wollte Hyatt ein Privatnetz mit X.25-Paketschaltungen installieren. Nach zwei Versuchsmonaten war man sich jedoch einig, daß die X.25-Lösung nicht den gewünschten Erfolg zeigte.

Dazu Michael D.Radice, Vice President für das Produkt-Marketing bei Infonet: "X.25 konnte einfach nicht das erbringen, was Hyatt an Input/Output benötigt." Mit TCP/IP habe man hingegen eine Möglichkeit gefunden, 100 Teilnehmer gleichzeitig zu bedienen.

Hyattech hat mehrere auf dem Zentralrechner basierendeAnwendungen mit Betriebssystemen auf der Basis von Unix (siehe dazu auch COMPUTERWOCHE Nr. 40, Seiten 1 und 2) realisiert. Eine der wichtigsten Anwendungen im Verkauf wird zum Beispiel dafür eingesetzt, die Verfügbarkeit von Zimmerfluchten für Blockbuchungen bei Tagungen und Geschäftskongressen festzustellen. Eine weitere wichtige Anwendung im Bereich Buchungen dient dazu, bestimmte persönliche Wünsche von Gästen zu berücksichtigen.

Jedes inländische Hyatt-Hotel in den USA verfügt außerdem über ein hauseigenes Verwaltungssystem (Property Management System = PMS). Hier werden An- und Abreisen registriert sowie die Rechnungsstellung und Buchhaltung vorgenommen.

Diese Anwendungen wurden zuvor über verschiedene Netze abgewickelt - bei jeweils getrennter Verwaltung. Heute dagegen verfügt Hyatt über eine einzige integrierende Computer- und Kommunikationslösung. Dan Amedro, Assistant Vice President bei Hyatt und für das Management-Informationssystem verantwortlich, meinte dazu: "Es ist unerheblich, ob ein Gast eine Hyatt-Schnittstelle in Omaha oder in London anruft. Jeder Buchungsagent für Hyatt hat heute in gleicher Weise Zugang zur zeitgenauen und präzisen Information."

Die Anwender sprechen Buchung und Verkauf beim Rechenzentrum jetzt mittels PCs von ihren Standorten aus an. Die örtliche PMS-Anwendung in jedem Hotel arbeitet über einen Minicomputer entweder von AT&T oder von HP. Die Verbindung zwischen den Buchungs- und Verkaufs-PCs sowie dem PMS-Minicomputer geschieht über einen Ethernet-LAN-Anschluß.

Nochmals Amedro: "Wir haben Hardware und Software modular gestaltet, was uns spätere Erweiterungen ermöglicht, ohne dafür viel ausgeben zu müssen. Und unser vorhandenes TCP/IP-Netz gibt uns die erforderliche Bewegungsfreiheit, um bei Bedarf neue Applikationen, wie etwa Electronic Mail, hinzuzufügen."

Die meisten Netz-Standorte haben Buchsen mit 16 Steckverbindungen und entweder zwei verknüpften oder vier einzelnen optischen Sende- und Empfangsgeräten, die von der Firma Optical Data Systems (ODS) geliefert werden oder ein IP-Leitungsgerät von der Firma Advanced Computer Communications (ACC).

Ein Netzverbund wird dann dadurch hergestellt, daß die Hardware-Plattformen von ACC der Serie 4000 mit Zwei- oder Mehrfachkanälen als IP-Leitungsgeräte eingesetzt werden. Diese wiederum sind per Interface an die LANs der einzelnen Hotels eines geografischen Bereichs angeschlossen und bilden so ein Großraum-Netz, das das TCP/IP-Protokoll im Sinne einer Endpunkt-zu-Endpunkt-Konstellation verwendet. In Oakbrook nimmt eine Duplizier-IP-Leitanordnung die eingehenden Daten entgegen und leitet sie über Ethernet-LAN-Anschluß an die benötigte Anwendung im Zentralrechner weiter.

Die eingebaute Intelligenz der ACC-Leitgeräte wird automatisch die Anderungen der notwendigen Netz-Konfigurationen vornehmen, wenn neue Standorte hinzukommen. Die IP-Adressierung erlaubt es auch, an jedem beliebigen Standort eine unbegrenzte Zahl von weiteren Kommunikations-Endgeräten hinzuzufügen.