Drei Konfigurationen im Windows-Praxistest

TCO-Diskussion: Welche Verwaltungssoftware für PCs?

12.06.1998

Der strittigen Frage nach den Total Cost of Ownership (TCO) bei unterschiedlichen Desktop-Konfigurationen ging die CW-Schwesterpublikation "Infoworld" in einem Praxistest nach. Die selbstgestellte Aufgabe: In einer Windows-basierten Desktop-Umgebung 500 neue Arbeitsplätze installieren und überprüfen, ob herkömmliche PCs oder solche mit Administrationsfunktionen einfacher und billiger zu verwalten sind.

Die Tester untersuchten drei unterschiedliche Konfigurationen (siehe Kasten): Eine Variante mit herkömmlichen PCs und der Systemmangement-Software von Microsoft ("Basis-PC-Lösung"). Die zweite Konfiguration ("Managed-PC-Lösung") bestand aus dem Gateway-PC "E-3110", der das Desktop Management Interface (DMI) 2.0 unterstützt. Die Verwaltungssoftware steuerte in diesem Fall Intel mit den "LAN-Desk"-Programmen bei. Die dritte Konfiguration ("IBM-Lösung") lieferte IBM mit den Clients der Reihe "PC 300PL" sowie Software unter anderem von Sybase und IBM.

Die Tester sind der Meinung, daß DV-Chefs vor allem darauf achten sollten, für die Verwaltung der PCs möglichst wenig Personal einsetzen zu müssen, da dieses knapp und teuer sei. Obwohl es wichtig sei, die TCO generell, also auch über den Einkaufspreis zu senken, "liegt der Schlüssel zu niedrigeren Verwaltungskosten darin, die Zeit zu reduzieren, die die IT-Mannschaft für die PC-Administration aufwenden muß".

Deshalb interessierte sich das Testteam insbesondere für die - in ihrer Bedeutung unterschiedlich gewichteten - Leistungskriterien wie einfache Installierung, Verwaltbarkeit, für den Benutzer einfache Handhabung, die mit dem Löwenanteil von 65 Prozent in das Ergebnis eingingen (siehe Kasten).

Um die Verwaltbarkeit der drei Modellkonfigurationen zu testen, richteten die Testprofis Server mit den jeweiligen Management-Programmen ein. Danach wurden folgende Aufgaben ausgeführt: Die automatische Software-Distribution auf die Clients, eine fortlaufende Inventur, Überprüfung der Fehlertoleranz, Verfolgung des Bestandmanagements (Asset Management) sowie das Einrichten neuer Client-Systeme. Außerdem wurden die Funktionen für Re- mote-Control untersucht, über die das Personal im Helpdesk den Endanwendern Hilfestellung bietet.

Die Lösung mit herkömmlichen PCs schnitt in den Tests mit einem Endergebnis von 6,3 auf einer Skala von null bis zehn am besten ab. Hier fielen die niedrigsten Verwaltungskosten an. "Dank der cleveren, intuitiv zu handhabenden Management-Werkzeuge lassen sich die Verwaltungsaufgaben einfacher als bei den anderen beiden Lösungen erledigen", urteilten die Prüfer.

Anders als bei der Managed-PC-Lösung traten Kompatibilitätsprobleme weder bei Hardware noch bei Programmen auf. Zudem biete SMS genug Flexibilität und schreibe seitens der Software keinen bestimmten Management-Stil vor, wie ihn etwa die Tivoli-Module der IBM-Lösung verlangten.

Probleme bereitete allerdings die Installation von Microsofts SQL-Server, der als Back-end-Datenbank zum Sammeln der Inventur- und Reportdaten eingesetzt wurde. Die Tester warnen davor, ohne SQL-Experten an die Konfiguration der Microsoft-Software heranzutreten; zumindest müsse man einiges an Gehirnschmalz in das Beherrschen der Datenbank investieren. Im Gegenzug dazu habe das Einrichten des Sybase Adaptive Server als Backend-Datenbank der IBM-Testkonfiguration keinerlei Probleme bereitet.

Microsoft erreicht auch nur Schulnote drei

SMS kann auch dazu benutzt werden, um über die Abfrage der Hardware-Clients eine Inventurliste der aufgespielten Softwareprogramme zu generieren. Die angezeigten Ergebnisse enthalten auch Informationen über Festplatten- und Hauptspeicherkapazitäten. Die Tester vermissen aber ein Vorwarnsystem über einen drohenden Festplattenabsturz, wie ihn etwa die Tivoli-Software biete. Problematisch sei zudem die Tatsache, daß die vernetzten PCs bei der Softwareverteilung angeschaltet sein müssen, was immer einige Unsicherheit berge. Die Tester bevorzugten daher das IBM-Konzept mit "Wake-on-LAN", das die Distribution ohne Beaufsichtigung erlaubt.

Die zweite Testkonfiguration auf Basis gemanagter Gateway-PCs und des LAN-Desk-Administratiors von Intel bezeichnet das Testteam als "Variante, die aus Fragmenten zusammengesetzt ist, aber nicht als eine einheitliche Lösung funktioniert." Mit einem immer noch durchschnitlichen Gesamtergebnis von 4,9 von zehn möglichen Punkten schnitt sie aber am schlechtesten der drei Möglichkeiten ab: Die Verwaltungswerkzeuge seien gut, aber das ganze Prozedere gestalte sich zu (zeit)aufwendig.

Intels LAN-Desk Managment Suite beeinhaltet Microsofts Datenbank Access, die allerdings nur für 250 Clients ausgelegt ist, so daß für den Test der Adaptive Server 11.0.1 von Sybase angeschafft wurde. Die Gateway-PCs sind mit Verwaltungsfunktionen ausgestattet, die kompatibel zum Desktop Management Interface (DMI) 2.0 sind. Dieser Standard legt fest, wie die Client-Hardware Informationen über die Komponenten zum LAN-Desk-Client und zur Server-Software übermittelt. Das LAN-Desk-Programm auf dem Client erfaßt dann den Status von Festplatten, RAM, Seriennummer und Hersteller.

Im Test traten bei dieser Konfiguration zum Teil erhebliche Kompatibilitätsprobleme auf. Beispielsweise stiegen die PCs aus, als der Agent für das Remote-Control in den PC geladen wurde, da keine Kompatibilität zwischen ihm, dem Device-Treiber von ATI und dem Videobeschleuniger von Windows bestand. Als letzterer abgeschaltet wurde, gab es keine Probleme. Ideenreichtum erforderte auch das Wiederanschalten, nachdem Windows den PC hat abstürzen lassen: Der Einschaltknopf der Rechner sprang nur an, wenn er mindestens zehn Sekunden gedrückt blieb - eine Funktion, die nirgendwo dokumentiert war und von der nur wenige Techniker wußten.

Mehr Glück hatten die Tester mit der Intel-Software. Insbesondere dank der Drag-and-Drop-Funktion der LAN-Desk Management Suite "war sie das einfachste der Server-basierten Management-Programme, die wir getestet haben". Dennoch tauchten auch hier Probleme auf wie das integrierte Diagnose-Werkzeug, das für den Endbenutzer viel zu kompliziert sei. Insgesamt stellten die Tester der Managed-PC-Lösung - auch wegen der schrittweisen und komplizierten Vorgehensweise - das Zertifikat "unsicher" aus.

Die dritte Testkonfiguration auf Basis von IBM-Komponenten erreichte insgesamt die Note 5,8 und kam damit nahe an die Microsoft-Variante heran. "Bei dieser Lösung erhalten Sie mehr für Ihr Geld als Sie benötigen", beschreiben die Tester den Gesamteindruck. Positiv fiel der LAN-Client Control Manager (LCCM) in der Version 1.1 auf, der sehr gut die Basis-Hardware-Funktionen verwalte. Allerdings "braucht es Zeit, TME-10 zu beherschen", beklagten die Redakteure. Dafür managt Tivoli TME nicht nur Windows-Umgebungen, sondern arbeitet in einer Multiplattform-Umgebung mit Hubs, Routern, Unix- und Mainframe-Rechnern.

Niedrige Kosten für Verwaltung bei Microsoft

Bei den Kosten schnitt die einfache PC-Lösung mit Microsoft SMS am besten ab. Infoworld beziffert den Aufwand für die 500 Clients inklusive Server und Software auf 964824 Dollar. Das größte Sparpotential ergebe sich bei den Verwaltungskosten, die rund 25000 Dollar ausmachten. Für die Managed-PC-Lösung liegt dieser Betrag bei 47000 Dollar, für die IBM-Version bei 46350 Dollar. Die Gesamt-TCO für die Version mit Gateway-Desktops und Intel-Software liegt bei über einer Million Dollar, für die IBM-Lös- ung bei mehr als 1,2 Millionen Dollar.Konfigurationen und Kriterien

Die drei Testkonfigurationen

1. Komponenten der einfachen PC-Lösung:

Client-Hardware: Micron Clientpro und Dell Dimen- sion XPS 166c

Client-Software: Windows 95 (OEM Service Release 2), Windows NT Workstation 4.0 mit Service Pack 3

Server-Hardware: Micron Clientpro

Server-Software: Microsoft Systems Management Server (SMS) 1,2, Microsoft SQL Server 6,5 sowie Windows NT Server 4.0 mit Service Pack 3

2. Komponenten der Managed-PC-Lösung:

Client-Hardware: Gateway E-3110

Client-Software: Intel LAN-Desk Client Manager, Windows NT Workstation 4.0 mit Service Pack 3, Windows 95 (OEM Service Release 2).

Server-Hardware: Micron Clientpro

Server-Software: Windows NT Server 4.0 mit Service Pack 3, Intel LAN-Desk Management Suite 6.0 und Microsoft Access Datenbank.

3. Komponenten der IBM-Lösung:

Client-Hardware: IBM PC 300PL

Client-Software: Windows 95 (OEM Service Release 2), Windows NT Workstation 4.0 mit Service Pack 3.

Server-Hardware: IBM Netfinity 3500

Server-Software: LAN-Client Control Manager (LCCM) 1.1, Digital Venturis GL 6200 Server, Sybase Adaptive Server 11.0.1, Windows NT Server 4.0 mit Service Pack 3 sowie Tivoli TME-10 mit den Modulen Framework, Inventory, Software Distribution und Remote Control.

Bewertungs- und Gewichtungsschema

Die Infoworld-Tester vergaben sechs Notenstufen. Die Endnote errechnet sich aus der erreichten Note mulitpliziert mit dem Gewichtungsfaktor. Die Notenstufen reichen von Null bis zehn. Dabei war

10 = hervorragend, überdurchschnittlich auf allen Gebieten

8 = sehr gut, erfüllt alle wichtigen Kriterien und bietet deutliche Vorteile

6 = gut, erfüllt wichtige Kriterien und enthält einige Zusatzfunktionen

4 = ausreichend, erfüllt wichtige Kriterien

2 = schwach, erfüllt nicht alle wichtige Bereiche

0 = unakzeptabel, erfüllt nicht die Mininalanforderungen oder verfügt nicht über diese Funktion.

Gewichtungsschema:

Software-Verteilung 20 Prozent, Verwaltbarkeit 30 Prozent,Praktikabilität für den Endanwender 15 Prozent, Güte und Preis des Supports 10 Prozent, geschätzten Basiskosten für Hard- und Software 25 Prozent.