Anwender vergleicht die Programmierbaren von HP und Tl:

Taschenrechner unter der Lupe des Steuerberaters

14.09.1979

Die Zunft der Steuerberater geht bekanntlich mit besonders gespitztem Bleistift zu Werke. Daß sie auch Produkte aus dem EDV-Bereich unter die kritische Lupe nimmt und mit von der Praxis geschärftem Blick auf Tauglichkeit und Wirtschaftlichkeit hin untersucht, das dürfte vielen unbekannt sein. In der Collega-Post Nummer 9, dem Mitteilungsblatt der Steuerberaterkammmer, München, vergleicht Steuerberater Walter D. Genner die programmierbaren Taschenrechner HP 97 und TI 59 miteinander. Hier sein Bericht, keineswegs nur für Steuerberater interessant.

Vor dem Eingehen auf die beiden Rechner selbst sind einige grundsätzliche Bemerkungen dazu angebracht, ob die Verwendung solcher Rechner im Rahmen der Tätigkeit eines Steuerberaters machbar, sinnvoll und nutzbringend ist. Alle drei Fragen sind zu bejahen.

Zu den Rechnern werden gewisse Standardprogramme geliefert, die, wie zum Beispiel ein Renten- oder Zinsprogramm oder ein statistisches Programm, auch dem Steuerberater gute Dienste leisten.

Wenn man nun die Vergleichsdaten (siehe Kasten) betrachtet, so scheint die Gegenüberstellung der beiden Rechner klar für den Rechner von Texas Instruments zu sprechen, weil er bis auf den fehlenden Stack in allen übrigen verglichenen Punkten entweder dem HP gleicht oder ihm (meist sogar) zum Teil erheblich überlegen ist oder überlegen zu sein scheint. Die letzte Anmerkung bezieht sich insbesondere auf die Fälle, wo nach meinen Erfahrungen der TI gegenüber dem HP für die Durchführung der gleichen Rechenoperationen etwa die doppelte Anzahl von Programmschritten verbraucht. Dies rührt besonders daher, daß der HP dank Stack viele Rechenoperationen einfacher lösen kann und der TI pro Schritt maximal zwei Befehle, der HP aber bis zu drei Befehle aufnehmen kann. Zweifelsfrei liegt ein großer Vorteil des TI in der großen Anzahl der Speicher, die auf Kosten der Programmschritte oder zugunsten der Programmschritte erhöht oder vermindert werden kann. Für die große Anzahl der Labels habe ich bei den in meinem Beruf vorgegebenen Problemstellungen keine Verwendung gefunden, dagegen bringt die Direktadressierung bei bestimmten Aufgaben Vorteile.

Wenn im T1 zehn Speicher mit DES/ ISZ (Dekrement oder Inkrement) zur Verfügung stehen, so habe sich für diese große Anzahl keine Verwendung gefunden; andererseits aber beim HP schon beklagt, daß nur ein solcher Speicher herangezogen werden kann; denn es ist denkbar, daß auch ein Unterprogramm einer entsprechenden Steuerung bedarf.

Die Aufzeichnung der dem Rechner eingegebenen selbst erstellten Programme erfolgt bei beiden Rechnern über Magnetstreifen, wobei beim HP wegen der geringeren Anzahl von möglichen Programmschritten maximal ein Streifen, dann allerdings vorwärts und rückwärts, benötigt wird, während beim TI die Aufzeichnung bis zu zwei Streifen beanspruchen kann. Während es beim HP vollkommen gleichgültig ist, ob zuerst vorwärts oder rückwärts eingelesen wird, muß beim Tl die bei der Aufzeichnung festgelegte Reihenfolge eingehalten werden. Die Programmaufzeichnung und das Wiedereinlesen in den Rechner scheint mir beim HP perfekter gelöst; ich muß hier allerdings die Einschränkung machen, daß die beim TI vereinzelt auftretenden Fehler möglicherweise auf das jeweilige Gerät zurückzuführen sind, wobei mich aber verwunderte, daß diese Fehler nicht regelmäßig und auch nicht gleichartig auftraten.

Während beim TI bis zu fünf Unterprogramme aufgerufen werden können sind es beim HP nur bis zu drei. Die Zahl der Möglichkeiten liegt in der Beschränkung der Notation der Rücksprungadresse begründet. Ein nicht unerheblicher Vorteil ist dem HP beim Vergleich des Bedienungshandbuches gutzuschreiben. Dieses Buch ist beim TI nicht nur in unzumutbarer kleiner Schrift verfaßt die den Gebrauch einer Lupe angeraten erscheinen läßt, sie ist auch beim HP wesentlich klarer und logischer aufgebaut und erlaubt insbesondere ein schnelleres und exakteres Umgehen mit dem Rechner, insbesondere beim Verfassen eigener Programme.

Der TI kann direkt auf einen eigens zu beziehenden Drucker ausgesetzt werden, wodurch wahlweise der Ausdruck bestimmter Ergebnisse oder des gesamten Programmablaufs möglich wird. Zusätzlich ist eine Alpha-Eingabe pro Zeile bis zu 20 Zeichen möglich, wobei aber einschränkend bemerkt werden muß, daß pro Zeichen ein Programmschritt aufzuwenden ist. Der HP kann in seiner Kleinfassung nicht an einen Drucker angeschlossen werden, dafür gibt es einen etwas größeren Rechner mit einem integrierten Drucker, der im übrigen mit den Funktionen des kleinen identisch ist. Auch hier ist der Ausdruck von Zwischenergebnissen oder des gesamten Programmablaufes wahlweise möglich, allerdings ohne Alpha-Eingaben.

Für ein Resümee ist vorab eine Einschränkung zu machen. Ich habe die beiden Rechner keineswegs objektiv verglichen, dazu fehlt insbesondere der Vergleich bei schwierigen mathematischen Problemstellungen, wie zum Beispiel sie sich bei Statikern oder Statistikern ergeben mögen. Ich habe sie völlig subjektiv aus der Sicht des Steuerberaters, der allerdings seine Beratungstätigkeit auch etwas über die reinen steuerlichen Probleme hinaus gestellt sieht, betrachtet. Aus diesem Blickwinkel dürfte es eine Frage des persönlichen Geschmacks sein, mit welchem Rechner man lieber arbeitet. Glaubt also jemand mit den 26 Speichern des HP nicht auskommen zu können, so ist ihm selbstverständlich der TI anzuempfehlen, er muß dann die teilweise etwas umständlicheren Programmeingaben insbesondere bei Programmverzweigungen in Kauf nehmen. Gleiches kann gelten, wenn jemand zwar sehr kurze Rechenabläufe, aber eine über 20 hinausgehende Zahl davon zur Lösung eines Problems benötigt. Auch hier vermag der HP nicht weiterzuhelfen, er hat leider nur 20 Labels. Hier hilft der Tl weiter. Aber man muß sich darüber im klaren sein, daß man dann auf die besonderen Vorzüge des Stacks zu verzichten hat.