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Tarifkonflikt bei Telekom eskaliert - Gespräche vor dem Scheitern

12.05.2006
Kai-Uwe Ricke hat in diesen Tagen einen schweren Stand: Nicht nur die Wettbewerber und der Regulierer setzen die Deutsche Telekom unter Druck und zwingen den Vorstandschef zum Handeln.

Jetzt bekommt der Konzernlenker auch noch den Zorn der Beschäftigten und der Gewerkschaften zu spüren. Denn sie wollen nicht verstehen, warum den T-Aktionären satte Dividenden zufließen, die Mitarbeiter aber mit Brotkrumen abgespeist und massiv Stellen abgebaut werden.

So bewertet jedenfalls der ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder das Angebot der Telekom bei der fünften Tarifrunde am Freitag in Bonn. "Nicht akzeptabel", weist er die Offerte zurück. Geht es nach dem Willen des Managements, sollen die 110.000 Beschäftigten eine Einmalzahlung von 1000 Euro bekommen, davon 270 Euro in Form von Aktien. "Es wird voraussichtlich zu einer Ausweitung der Warnstreiks bei der Telekom kommen", prophezeit Schröder.

An diesem Samstag werde die große Tarifkommission für einen Abbruch der Gespräche und für Arbeitskampf stimmen. Und dann könnte es sehr schnell zu einer Ausweitung der Warnstreiks kommen. Die Unruhe unter den Beschäftigten werde durch das vorgelegte Angebot steigen, sagt Schröder. ver.di sei auch nicht bereit, der Telekom entgegen zu kommen.

Personalchef Heinz Klinkhammer sieht die Dinge naturgemäß anders: Mit dem jetzt vorgelegten Angebot lasse die Telekom die Mitarbeiter an dem erfolgreichen Geschäftsjahr 2005 teilhaben und berücksichtige gleichzeitig die künftige Kostenwicklung, beteuerte er und appellierte an die Gewerkschaft: "Der Verantwortung, die Telekom auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu machen und zu halten, müssen wir uns alle gemeinsam stellen".

Alternativen hat Klinkhammer unterdessen kaum. Realitätsfern sei die Forderung, mehr als sechs Prozent in der diesjährigen Gehaltsrunde durchdrücken zu wollen, betont er. Tatsächlich steht die Telekom in ihrem angestammten Festnetzgeschäft mit dem Rücken zur Wand: In der traditionsreichen Sparte laufen dem Unternehmen die Kunden reihenweise davon. Alleine im ersten Quartal 2006 war es eine halbe Million. Gleichzeitig lassen die Billiganbieter im Mobilfunk die Margen und Gewinne in Deutschland wegbrechen.

Ricke will deshalb mit drastischen Einschnitten gegensteuern. Innerhalb von drei Jahren sollen 32.000 Menschen das Unternehmen verlassen, kündigte er im November vergangenen Jahres an und löste einen Sturm der Entrüstung unter Arbeitnehmervertretern aus. "Jetzt sollen offensichtlich wieder die Beschäftigten die Zeche zahlen", geißelte ver.di Sparpläne des Vorstands.

Aber die Gewerkschaft kann dagegen nichts ausrichten. Denn die Telekom setzt auf freiwillige Lösungen, vor allem auf Abfindungen und Vorruhestandsregelungen. Seit Jahresbeginn haben davon bereits 3500 Mitarbeiter Gebrauch gemacht. Betriebsbedingte Kündigungen sind bis Ende 2008 ausgeschlossen. Die hohe Lohnforderung sehen einige Telekom-Manager jetzt als eine "Revanche".

Mit ver.di-Vertreter Lothar Schröder trifft der altgediente Personalvorstand Klinkhammer auf ein frisches Gesicht. Der 46-jährige Gewerkschafter trat erst vor wenigen Tagen offiziell die Nachfolge von Franz Treml an und wird auch dessen Posten im Aufsichtsrat übernehmen. "Schröder wird für künftige Konflikte seine Duftmarken setzen wollen", sagt ein Eingeweihter. Das wird nötig sein, denn der Stellenabbau wird weitergehen. Doch der Gewerkschafter Schröder ist nicht nur auf Konfrontation aus, er sucht auch den Kompromiss. Aber jetzt ist nach seiner Einschätzung erst einmal die Telekom am Zuge. (dpa/tc)