Tanzen auf allen Hochzeiten Von Heiner Poessnecker*

28.07.1995

Deutschland ist ein Industriestandort, dem es bisher gelungen ist, durch High-Tech am Weltmarkt mitzuhalten. Alle Produktionsbranchen - auch der Mittelstand - sind daher von der Informationstechnik tief durchdrungen.

Ohne deren Nutzung ist High-Tech nicht moeglich, wuerde die Wettbewerbsfaehigkeit leiden. Das laesst die Informatiker auf ein sehr zufriedenstellendes Halbjahr zurueckblicken. Und die Dienstleister dieser Branche, DV-Berater, System- und Softwarehaeuser, gewannen an Auftrieb. Das in der Beratungsbranche mehr als einmal geschmaehte "Bodyleasing" steckt schon den Kopf zur Tuer herein! Kleinere Haeuser, die sich in der zurueckliegenden Rezession flexibel anpassen konnten, und die Grossen der Branche, die sich reorganisiert haben, starten nun durch.

Der Run auf die Anwendungsentwickler hat sicher viele Gruende: Aufloesung von Investitionsstaus, Konkurrenzdruck, nicht laenger verschiebbare technische Erneuerungen (das war schon eine sehr lange Bank!) und mit allem personeller Umbruch. Sprach man frueher von einem Generationswechsel der Hardware, den die Anwendungsentwickler - damals Programmierer genannt - noch ganz locker mitmachten, waren diesmal viele der in Ehren ergrauten Entwickler betroffen. Ein auch ansonsten rezessiver Arbeitsmarkt konnte diesen Verlauf nicht mildern.

Die neuen Anwendungsprogrammierer, Software- und Systemingenieure muessen, wenn schon nicht auf allen, so doch auf vielen Hochzeiten tanzen koennen. Der Allrounder mit Schwerpunktwissen ist mehr gefragt als der Nur-Spezialist einer Disziplin.

Eine Besonderheit scheint nach wie vor der DV-Vertrieb zu sein. Hat sich in der Branche die Erkenntnis durchgesetzt, dass diese Aufgabe einen ganz speziellen Mitarbeitertypus verlangt? "Am besten waeren zwei", so ein Branchenkenner. "Einer, der verkaufen kann, und einer, der sich auskennt."

*Heiner Poessnecker ist selbstaendiger Trainer und Berater in Hamburg.