Bildschirmtext als innerbetriebliches Kommunikationssystem:

Talk mit der Datenbank über Billig-Terminals

09.10.1981

Die Zukunft von Bildschirmtext (Btx) in Deutschland scheint gesichert. Wenn bisher noch Kritiker aus den mangelhaften Ergebnissen der Feldversuche in Düsseldorf und Berlin ableiten konnten, es müsse ein "Flop" werden, so überzeugen heute die weitergehenden Perspektiven dieses neuen Mediums. Bildschirmtext als innerbetriebliches Kommunikationsmittel, Bildschirmtext als preiswertes Mittel, um den Dialog mit der Computerdatenbank zu führen, Bildschirmtext so gesehen, wird Zukunft haben.

Die Ausstattung von Unternehmen mit EDV - zentral oder dezentral - nimmt ständig zu. Eine Untersuchung von Diebold Deutschland zeigt beispielsweise, daß Großbetriebe zu nahezu hundert Prozent mit EDV-Anlagen ausgestattet sind.

Was liegt näher, als billige Bildschirmtextgeräte, also einfache Fernseher, mit dem Computer zu koppeln und so einen internen Informations- und Kommunikationsdienst aufzubauen. Der eigene Computer könnte die normalen betrieblichen Aufgaben erledigen und gleichzeitig zur Inhouse-Btx-Zentrale werden.

Der Weg von der Idee bis zur Realisierung war kurz. Seit einigen Monaten bieten Computerhersteller wie ICL für externe Rechner die dazu erforderliche Bildschirmtext-Standardsoftware an.

Datenbank auf dem Fernseher

Unter dem Namen "Bulletin" werden für das System ME 29 Programm-Module offeriert, die alle Arten der Btx-Eingabe, -Prüfung und -Verarbeitung sowie -Auswertung gestatten. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Zugriffsmöglichkeit vom Fernseher über das Btx-Netz zur normalen Computerdatenbank.

Viele aktuelle Informationen wie Artikel-, Kunden-, Auftrags- oder Lagerbestandsdaten, die nicht Bestandteil der Btx-Datenbank sein können, lassen sich über definierte "Fensterseiten" auf den Fernseher holen.

Darüber hinaus können bestehende Dateien mit Hilfe eines Standard-Programmes und entsprechender Parameter-Eingaben vollautomatisch zu farbigen Btx-Seiten ohne weiteren Editieraufwand konvertiert werden. Das bedeutet eine enorme Hilfe und Kostenersparnis bei der eigenen Seitenerstellung und Pflege, wenn ein großes Artikelsortiment den Btx-Benutzern in ansprechender und übersichtlicher Form mit aktuellen Preisen oder Sonderkonditionen verfügbar gemacht werden soll.

Bildschirmtext als innerbetriebliches Informationsmedium kann demnach von seiner technischen Leistungsfähigkeit her eine Vielzahl von Anwendungen sinnvoll machen. Die Unternehmensstruktur beziehungsweise -größe spielt dabei keine wesentliche Rolle. Inhouse-Bildschirmtext kann eingesetzt werden in Großfirmen mit weit verzweigten Verkaufsniederlassungen, verteilten Produktionsstätten, Lagern oder Vertriebswegen, aber auch in mittleren Unternehmen, in Verbänden oder Dienstleistungsunternehmen aller Art.

Von den begleitenden Untersuchungen des Btx-Feldtestes in Düsseldorf und Berlin zum öffentlichen Bildschirmtextangebot weiß man, daß vor allem die Aktualität der Informationen Btx für den Benutzer wertvoll macht. Auf den Betrieb bezogen heißt das: Wertvoll für den technischen Kundendienst eines Unternehmens müßte es sein, Service-Dokumentation und die in diesem Zusammenhang häufig stattfindenden Änderungen und Ergänzungen per Btx geliefert zu bekommen, Bibliotheksverzeichnisse, Kataloge, Vorschriften lassen sich rasch aktualisieren und abrufbereit anbieten.

Programmierte Unterweisungen, Fremdsprachenprogramme, die neuesten Verkaufszahlen und Verkaufsförderungsaktionen lassen sich per Btx sicher kostengünstig, attraktiv und leicht im Unternehmen verbreiten. Dabei kann der Zugriff zu den einzelnen Daten selbstverständlich bestimmten Benutzerkreisen zugänglich beziehungsweise versperrt werden.

Ebenso interessant sind jedoch die Einsatzmöglichkeiten bei Dialoganwendungen. Durch den Btx-Rechnerverbund werden neben den Sachbearbeitern, Außendienstmitarbeitern auch die Kunden, Mitglieder, Abonnenten oder Kontoinhaber zur selbständigen Dateneingabe und dem direkten Informationsaustausch herangezogen. Der personalintensive Teil der Datenverarbeitung kann dadurch in die Hand des Btx-Benutzers gelegt werden.

Teures Spielzeug

Bei Bankanwendungen zum Beispiel lassen sich hier sicher enorme Kosten sparen, wenn Banküberweisungen oder Buchungen aller Art vom Kunden per Btx erledigt werden können. Die Frage, "ist ein Artikel auf Lager", die anschließende Bestellung die Eingabe von Besuchsberichten und der Spesenabrechnung, die tägliche Umsatzmeldung des Verkaufsbüros, die Eingabe einer Schadensmeldung oder die Daten für einen Kostenvoranschlag sind weitere Beispiel für interaktive Dialoganwendungen.

Inhouse-Bildschirmtext steht am Beginn einer langen Entwicklung und wird mit Sicherheit in wenigen Jahren einen wichtigen Platz im Rahmen von betrieblichen Kommunikationssystemen einnehmen. Inhouse-Bildschirmtext wird aber auch dem öffentlichen Btx-Netz zum Durchbruch verhelfen denn ohne externe Rechner, ohne die Möglichkeit zur preiswerten Übertragung von Informationen, von einem externen Rechner zum anderen, würde sich Btx tatsächlich, wie heute noch von Skeptikern befürchtet, zum "teueren Spielzeug der Nation" entwickeln.