Hohe Investitionen, aber geringes Umsatzwachstum:

Talfahrt der Preise ging DEC zu schnell

28.10.1988

MÜNCHEN (ujf) - In einer schwierigen Phase steckt die Digital Equipment GmbH. Sowohl Personalstand als auch Investitionen und Abschreibungen haben ein Rekordniveau erreicht, doch die Einnahmen halten damit nicht Schritt. Als Begründung für das Umsatzplus von nur 7,7 Prozent führt das Management externe Einflüsse an.

Eine ganze Sammlung von äußeren Faktoren bietet DECs Deutschland-Chef Willi Kister in seinem Vorwort zum neuen Geschäftsbericht auf, um zu erklären, warum die Wachstumskurve der Münchner Firma nicht mehr den Himmel weist: Zum einen habe sich das ohnehin schon "zögerliche Investitionsverhalten im vergangenen Geschäftsjahr ... durch eine allgemeine Verunsicherung nach dem Börsenkrach und durch erschwerte Exportbedingungen als Folge des schwachen Dollars noch intensiviert".

Zum anderen führt der Vorsitzende der Geschäftsführung branchentypische Gründe an: "Rückläufige Hardwarepreise, das Auftreten neuer Mitbewerber, vornehmlich als Anbieter von Speziallösungen, oder die Verunsicherung großer Kundengruppen durch die Standardisierungsdiskussionen - das alles hat gewohnte Wachstumsraten nicht mehr zugelassen."

So blieb es denn - wie schon im Vorjahr - bei einem sehr moderaten Umsatzplus; die Einnahmen im Berichtszeitraum (Juli 1987 bis Juni 1988) stiegen auf 1,289 (1,196) Milliarden Mark. Freilich bemühten sich Kister und seine Geschäftsführer-Kollegen Frank Berger und Hans-Joachim Nowak bei der Bilanzpressekonferenz, der nominalen Steigerung um knappe acht Prozent "reale" Zuwachsraten entgegenzusetzen: Hätten die Anwender ihre Rechnungen in Dollar gezahlt, wäre der Umsatz um 38 Prozent gewachsen. Und nach "Mengeneinheiten" habe sich Digital in Deutschland gar um 80 Prozent verbessert.

Einen nennenswerten Jahresüberschuß brachte die Münchner GmbH, traditionell eine Auslandstochter mit sehr schmalen Bilanzgewinnen nicht zustande. Mit 6,73 Millionen Mark entspricht der Netto-Ertrag einer Umsatzrendite von kaum mehr als 0,5 Prozent. Vor einem Jahr hatte die deutsche DEC mit 15,3 Millionen Mark Überschuß eine Marge von etwa 1,3 Prozent erzielt.

Rückläufig ist auch der Pro-Kopf-Umsatz - Folge eines umfangreichen Personalausbaus. Zum Stichtag 30. Juni 1988 waren bei der GmbH zu der das Werk Kaufbeuren nicht gehört, 3630 Mitarbeiter beschäftigt, knapp 15 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Personalkosten stiegen um fast 16 Prozent auf 323 Millionen Mark. Zwar "belasteten", wie Finanzchef Nowak anmerkte, die Aufwendungen für die Erweiterung der Belegschaft das Betriebsergebnis, doch sie seien ebenso wie die auf 170 (78) Millionen Mark angeschwollenen Sachinvestitionen die "notwendige Voraussetzung für den sich entwickelnden Markt". Dank eines straffen Kostenmanagements behalte DEC die Ausgaben unter Kontrolle.

Daß der DV-Markt in den kommenden Jahren für ein Unternehmen wie das seine durchaus Chancen bietet, hatte Kister in seinem Eingangsvortrag darzustellen versucht. Keine Stagnation, sondern einen "dramatischen Aufschwung" in der Informationstechnologie sehe er in den nächsten Jahren kommen.

Weil technische Probleme im Zusammenhang mit der Rechner-Vernetzung zwischen und innerhalb von Unternehmen bald gelöst würden, eröffne sich ein "neuer, riesiger Markt". Allein in der Bundesrepublik schätze er dessen Volumen auf 110 Milliarden Mark über die nächsten fünf Jahre. Für Produkte und Dienstleistungen der Informationsverarbeitung insgesamt würden die Anwender in diesem Zeitraum rund 350 Milliarden Mark aufwenden.