Tagung der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft:Linguistik unter DV-Aspekten betrachten

26.07.1985

HAMBURG (CW) - Linguistische Datenverarbeitung (LVD) und sprachorientierte Künstliche Intelligenz sind die beiden Säulen, auf die sich der Bereich "Maschinelle Sprachanalyse und -synthese" stützt. Diese Thematik wurde unlängst auf der 7. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft in Hamburg diskutiert.

Im Bereich "Sprache und Computer" lassen sich zwei Trends erkennen, die aus der historischen Entwicklung erklärbar sind: Auf der einen Seite die linguistische Datenverarbeitung (LDV), die aus der klassischen Linguistik entstanden ist, auf der anderen Seite die sprachorientierte Künstliche Intelligenz (KI).

Der Unterschied zwischen beiden Richtungen läßt sich folgendermaßen charakterisieren: Die LDV ist bei ihren Untersuchungen über Sprache eher auf die Erstellung von Hilfssoftware konzentriert. Die sprachorientierte KI dagegen versucht, Modelle des menschlichen Sprachverstehens zu entwickeln sowie Systeme zu implementieren, die mit dem Menschen natürlichsprachlich kommunizieren können.

Insgesamt wurde auf der Tagung deutlich, daß die Linguistik und die Germanistik die Herausforderung durch neue technologische Entwicklungen angenommen haben. Die informationsverarbeitenden Technologien haben durch das "Fifth Generation Project" der Japaner und entsprechende Anstrengungen der Amerikaner einen immensen Auftrieb erhalten, der auch an klassische Disziplinen ganz neue Anforderungen stellt.

Die Linguistik hat diese Anforderungen nach anfänglichem Zögern nun akzeptiert und steht damit vor einem neuen Betätigungsfeld. Die Computersysteme der Zukunft sind nach Aussagen der Referenten durch eine andere, dem Menschen angepaßte Art der Kommunikation gekennzeichnet. Dabei nehme die Sprache naturgemäß eine wichtige Rolle ein.

Einschränkend müsse allerdings gesagt werden, daß sich die Forschung derzeit auf geschriebene Sprache konzentriert. Die gesprochene Sprache sei noch ein "zu dicker Brocken".