CW Spezial Top 100 - der PC-Markt

Tablets erschüttern das PC-Geschäft

27.09.2011
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Der Wechsel auf Windows 7 könnte das Geschäft ankurbeln

Die nachlassende Consumer-Nachfrage könnte in den kommenden 18 Monaten zumindest teilweise durch ein stärkeres Enterprise-Geschäft aufgefangen werden, glaubt Gartner-Analyst Raphael Vasquez. Während der Wirtschaftskrise hätten viele Unternehmen Investitionen in neue Rechner auf Eis gelegt und die Betriebsdauer ihrer bestehenden PC-Landschaften verlängert. "Jetzt haben die Firmen jedoch energisch damit begonnen, ihre alten PCs auszutauschen." Vasquez geht davon aus, dass die Ablösung alter Plattformen rund um Windows XP und der Umstieg auf Windows 7 das PC-Geschäft im Enterprise-Umfeld auch in den nächsten Monaten weiter antreiben werden. (Lesen Sie hierzu auch: "Zehn Tipps zur Windows-Migration")

Diese Verschiebung dürfte nicht die einzige Veränderung im PC-Markt bleiben. Mit dem Trend hin zu neuen Geräteklassen wie den Tablets und Smartphones, die mehr und mehr PC-Funktionen übernehmen, verlagern sich auch die Marktgewichte der einzelnen Hersteller und Zulieferer. Unternehmen wie Microsoft und Intel, die das PC-Geschäft mit ihren Betriebssystem- und Prozessorplattformen fest im Griff hatten, müssen um ihre angestammten Märkte fürchten. "Die Wintel-Ära ist vorbei", brachte es erst kürzlich Jonney Shih, CEO von Asus, auf den Punkt. Tatsächlich spielen beide IT-Ikonen in den neuen Märkten bis dato eher eine Nebenrolle. So dominiert die Firma ARM mit ihren CPU-Designs den Tablet-Markt. Selbstbewusst kündigten die Briten an, mit ihren Prozessoren auch bei klassischen Notebooks punkten zu wollen. Bis 2015 peilen die ARM-Verantwortlichen hier bis zu 40 Prozent Marktanteil an.

Helfen könnte dabei niemand anderer als der langjährige Intel-Verbündete Microsoft. Die Redmonder haben verlauten lassen, ihr für kommendes Jahr angekündigtes neues Windows 8 auch für ARM-Plattformen anzupassen. Mit dem neuen Windows will der weltgrößte Softwarehersteller versuchen, den Anschluss im Tablet-Geschäft zu schaffen. Hier macht Microsoft mit Windows 7 derzeit keinen Stich. Es dominieren andere Plattformen wie Apples iOS und Android von Google. Doch auch in Microsofts PC-Domäne sägen die Konkurrenten bereits am Stuhl des Marktführers. Google entwickelt mit Chrome OS rund um den eigenen Browser Chrome ein schlankes Betriebssystem. Samsung hat bereits einen Mobilrechner mit dem System auf den Weg gebracht. Weitere Anbieter wollen folgen.

Und auch der bislang fest auf Microsoft-Plattformen eingeschworene Freund Hewlett-Packard wird untreu. Offen spekulieren die Verantwortlichen des weltgrößten PC-Herstellers darüber, ihre Rechnersparte abzustoßen. Zur Disposition steht auch das über die Palm-Akquisition zu HP gekommene Tablet- und Smartphone-System WebOS. Diese Überlegungen zeigen, wie schnell sich derzeit die Fahnen im stürmischen PC-Geschäft drehen können. Noch vor wenigen Monaten hatten die HP-Verantwortlichen getönt, WebOS könnte nicht nur auf dem eigenen Tablet "Touchpad" laufen, sondern auch auf PCs, Notebooks und sogar Servern. Davon spricht heute keiner mehr. Die Restbestände des Touchpads, die offenbar wie Blei in den Regalen lagen, wurden zu Schleuderpreisen verramscht.

"HPs Entscheidung, das PC-Geschäft infrage zu stellen, ist ein Zeichen dafür, unter welchem Druck die PC-Hersteller stehen", sagt Gartner-Analyst George Shiffler. Die Übernahme von PC-Funktionen durch neue Devices lässt bis dato bewährte Geschäftsmodelle in die Brüche gehen. Die Anbieter seien nur darauf aus, schnelle Lösungen für ihre Probleme zu finden. "Unglücklicherweise entsteht aus diesem Chaos nur noch mehr Konfusion."