Schaulaufen um den 2. Platz

Tablet-Computer auf der IFA

02.09.2011
Eine gute Kondition und schnelle Innovationszyklen sind gefragt, um im boomenden Markt der Tablet-Computer mitzuhalten.

Einer hat schon aufgegeben: Für PC-Marktführer Hewlett-Packard und sein webOS-System schien die Zielvorgabe, "die klare Nummer zwei bei den Plattformen für Tablet-Computer" zu werden, mit dem erst im Juli eingeführten TouchPad nicht erreichbar zu sein. Diese Position hält das Google-System Android, das auch die auf der IFA in Berlin vorgestellten Neuheiten dominiert.

Für das iPad erwartet der Marktforscher iSuppli in diesem Jahr einen globalen Marktanteil von 74 Prozent. Das verbleibende Viertel entfällt zum ganz überwiegenden Teil auf Android. Einen kleinen Rest teilen sich das Blackberry Tablet OS (QNX) - bislang verfügbar auf dem PlayBook - und Windows.

Das Android-Lager hat sich auf der IFA neu aufgestellt - auch mit Blick auf das im nächsten Jahr erwartete iPad 3. Die unterm Berliner Funkturm vorgestellten Neuheiten zeigen einen Trend zu einer stärkeren Differenzierung - hinsichtlich der möglichen Anwendungsszenarien ebenso wie bei Form und Größe der Geräte.

So will Sony "die Tablet-Welt auf ein völlig neues Niveau bringen", wie es Vorstandschef Howard Stringer dem Messepublikum verhieß. Sony sei zwar bei diesen Geräten nicht der erste gewesen, wolle aber beweisen, dass man es besser machen könne als Apple . Im kleineren Kreis räumt der für Mobilgeräte zuständige Manager Kunimasa Suzuki dann aber ein, dass Sony "nicht mit Apple konkurrieren will - wir können den Tablet-Markt zusammen mit Apple erweitern."

Das Sony Tablet S - mit 9,4 Zoll geringfügig kleiner als das iPad (9,7 Zoll) - unterstützt DLNA, einen Standard für das vernetzte Heim. So lassen sich Fotos oder Videos mit einer Fingerbewegung vom Tablet-Computer auf einen Fernseher mit DLNA-Technik schicken. Und eine Infrarot-Schnittstelle macht das Gerät zur programmierbaren Fernbedienung für Fernseher oder Blu-ray-Player. Die Preise zum Verkaufsstart liegen zwischen 479 und 599 Euro.

Sich in Form und Größe zu sehr dem iPad-Vorbild zu nähern, kann gefährlich sein, wie Samsung mit seinem Galaxy Tab 10.1 erfahren hat, das in Deutschland vorerst nicht verkauft werden darf. Wie es da weiter geht, sollen am 9. September die Richter in Düsseldorf entscheiden.

Auf der IFA stellte Samsung nun gleich zwei neue Mobilcomputer vor, die sich deutlich vom iPad unterscheiden. Das Samsung Galaxy Tab 7.7 hat eine Displaygröße von 7,7 Zoll. Noch kleiner ist mit 5,3 Zoll das Galaxy Note, mit dem Samsung die Nische zwischen Tablet-Computer und Smartphone besetzen will. Die zusätzlich mögliche Bedienung mit einem Stift soll das Gerät zum digitalen Notizblock machen.

Auch Sony bemüht sich um neue Formen. Das Tablet P hat ein Klapp-Design mit zwei 5,5-Zoll-Bildschirmen. Diese lassen sich einzeln nutzen oder auch miteinander kombinieren. Huawei präsentierte auf der IFA ein MediaPad mit einer Bildschirmgröße von 7 Zoll, das mit Android 3.2 (Honeycomb) voraussichtlich im November zu einem Preis von 399 Euro auf den Markt kommen soll.

Kein neues Tablet gab es auf der IFA von HTC zu sehen. Nach dem auf der CeBIT vorgestellten "Flyer" bringt der taiwanische Hersteller zunächst nur in den USA ein 10-Zoll-Tablet heraus. "Tablets sind ein sehr neuer Markt, der erst noch entwickelt werden muss", sagte der Deutschland-Chef des taiwanischen Unternehmens, André Lönne. "HTC hat da einen langen Atem", fügte er mit Blick auf den Ausstieg von Hewlett-Packard hinzu. Wichtiger als die Zahl der verkauften Geräte sei die Zufriedenheit der Kunden.

Für den Blackberry-Hersteller Research In Motion (RIM) zeigt sich Deutschland-Geschäftsführer Axel Kettenring "sehr zufrieden" mit den Absatzzahlen des PlayBooks. "Tablets sind nicht mehr wegzudenken und werden für uns weiter ein Schwerpunkt sein, sowohl bei Geschäftskunden als auch bei Privatkunden." Das nächste PlayBook werde auch eine Mobilfunk-Unterstützung bieten. Der von vielen vermisste E-Mail-Client soll schon demnächst auch für das aktuelle Gerät verfügbar sein.

Wer gehofft hat, dass die iPad-Herausforderer den Wettbewerb auch über den Preis führen könnten, wird erst einmal enttäuscht. Nur wenige Hersteller wollen bewusst das untere Preissegment ansprechen. Zu Ihnen gehört der E-Reader-Spezialist PocketBook, der am Freitag das 10-Zoll-Tablet A10 vorstellte, das im November zu einem Preis von weniger als 300 Euro in den Handel kommen soll - allerdings noch mit der älteren Android Version 2.3 (Gingerbread). Archos zeigte auf der IFA unter anderem ein 8-Zoll-Tablet zum Preis von 249,99 Euro. Das angekündigte Medion-Tablet Lifetab P9514 war am IFA-Stand des Herstellers noch nicht zu sehen.

Dass die Nachfrage bei attraktiveren Preisen durchaus da ist, hat Hewlett-Packard erfahren. Nach der Entscheidung, das TouchPad einzustellen, setzte ein großer Andrang ein: Zu einem auf rund 100 Euro reduzierten Preis - statt ursprünglich 479 Euro - war das Gerät in kurzer Zeit ausverkauft. Jetzt soll deswegen sogar noch einmal eine letzte Charge produziert werden.

Und Windows? Bislang gibt es nur wenige Tablet-Computer mit dem Microsoft-System. Das aber soll sich im nächsten Jahr mit Windows 8 ändern. Bereits im Januar sollen auf der Unterhaltungselektronikmesse CES in Las Vegas, so ist zu hören, gleich mehrere neue Windows-Tablets vorgestellt werden. (dpa/tc)