Al-Saleh treibt Spaltung voran

T-Systems steht vor einem massiven Umbau

16.02.2018
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der erst im Januar 2018 angetretene neue T-Systems-Chef Adel Al-Saleh sorgt gleich für mächtig Wirbel. Seine Pläne, das Geschäft aufzuspalten, lassen die Gewerkschaften Alarm schlagen. Sie fürchten einen massiven Stellenabbau.

Bei T-Systems rumort es. Die seit Jahren kriselnde Großkundensparte der Deutschen Telekom hat zu Beginn dieses Jahres mit Adel Al-Saleh einen neuen Chef bekommen. Der hat nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt weitreichende Umbaupläne angekündigt und damit für viel Unruhe im Konzern gesorgt.

T-Systems stehen unruhige Zeiten bevor.
T-Systems stehen unruhige Zeiten bevor.
Foto: Deutsche Telekom

In einer internen Mitteilung an die Mitarbeiter geht Al-Saleh hart mit seinen Vorgängern ins Gericht. Umsätze und Auftragseingänge seien in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Er kritisiert die Komplexität des Geschäfts sowie veraltete und schwerfällige Strukturen, die zu Mehrkosten und Produktivitätseinbußen geführt hätten. Die hauseigenen Angebote seien nicht standardisiert genug, die Organisation insgesamt zu träge, moniert der Manager. Zwar gebe es innovatives Potenzial im Unternehmen, doch gelinge es derzeit nicht Kapital daraus zu schlagen. Die Telekom-Tochter habe sich in der Vergangenheit zu sehr mit sich selbst beschäftigt und darüber die Kundenbedürfnisse vernachlässigt.

Adel Al-Saleh soll T-Systems sanieren und die Geschäftskundensparte der Telekom wieder auf Wachstumskurs trimmen. Dass dabei schmerzhafte Einschnitte und eine Abspaltung wenig lukrativer Sparten zur Diskussion stehen, stößt vor allem auf Seiten der Belegschaft auf heftige Kritik.
Adel Al-Saleh soll T-Systems sanieren und die Geschäftskundensparte der Telekom wieder auf Wachstumskurs trimmen. Dass dabei schmerzhafte Einschnitte und eine Abspaltung wenig lukrativer Sparten zur Diskussion stehen, stößt vor allem auf Seiten der Belegschaft auf heftige Kritik.
Foto: Deutsche Telekom AG

Die identifizierten Missstände will Al-Saleh nun mit einem Umbau beheben. Geplant ist offenbar, das Geschäft in zwei Teile aufzuspalten, die jeweils als selbständige Einheiten agieren sollen, berichtete das Handelsblatt unter Berufung auf interne Quellen bei T-Systems. In dem einen Bereich soll das klassische Outsourcing und das IT-Service-Geschäft gebündelt werden.

Die andere Sparte soll sich um Zukunftsthemen kümmern, beispielsweise die Digitalisierung in den Branchen, autonomes und vernetztes Fahren oder E-Health. Innerhalb dieser Einheiten soll das Geschäft zudem in verschiedene Einzelbereiche und -Portfolios unterteilt werden. So soll es einfacher werden, Transparenz im jeweiligen Business zu gewinnen. Außerdem erhofft sich Al-Saleh offenbar davon, schneller Schieflagen zu erkennen und frühzeitig die Reißleine ziehen zu können.

Wird die Outsourcing-Sparte verkauft?

Insider mutmaßen jedoch, dass dies nur der Anfang eines viel weiterreichenden Umbaus bei T-Systems sein wird. Insbesondere im Outsourcing-Geschäft wächst seit Jahren der Druck. Wettbewerber aus Indien heizen den Preiskampf immer weiter an. Zudem ist die Ära lukrativer Langzeit-Verträge mit hohen Volumina vorüber. Viele Anwenderunternehmen wollen sich in Zeiten schnelllebiger Cloud-Services nicht mehr langfristig an einen Outsourcing-Provider binden. Sie bevorzugen kleine, flexibel handhabbare Projekte, mit denen sie schnell Erfolge erzielen können.

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Angesichts dieser Marktveränderungen wird bereits seit Jahren darüber spekuliert, T-Systems könnte sich vom klassischen Outsourcing verabschieden und diesen Geschäftsbereich verkaufen. Angeblich gab es dem Handelsblatt zufolge im Sommer 2017 sogar Gespräche mit dem französischen IT-Serviceanbieter Atos über einen Teilverkauf. Allerdings seien die Verhandlungen ergebnislos abgebrochen worden. Die Beteiligten wollten die Spekulationen damals nicht kommentieren. Nun erhalten die Verkaufsgerüchte mit den Plänen von Al-Saleh neue Nahrung.

Belegschaft warnt vor neuen Mauern

In Reihen der Belegschaft und auf Gewerkschaftsseite finden die Ideen des neuen T-Systems-Chefs wenig Gegenliebe. Die Begründung, eine Aufteilung führe zu mehr Einfachheit und Transparenz, können die Arbeitnehmervertreter nicht nachvollziehen. Hier werde vielmehr eine interne Mauer hochgezogen, die das Zusammenarbeiten der T-Systems-Bereiche Telecommunications Division (TC), Information Technology Division (IT), Digital Division (DD) und dem Security-Bereich (T-Sec) deutlich erschweren werde, heißt es in einem offenen Brief der Gewerkschaft Verdi an die Beschäftigten.

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Offenbar geht es aber auch um den Kommunikationsstil und um persönliche Eitelkeiten: "Wir sind von der Art und Weise, die Mitbestimmungsgremien links liegen zu lassen und die bei weitem nicht in ausreichender Tiefe vorgestellten Ideen jetzt durchzupeitschen, im höchsten Maß verstimmt", schimpfen die Verdi-Vertreter. "Falls dies die Vorboten eines neuen Management-Stils sind, werden wir uns der ruppigeren Herangehensweise des Arbeitgebers bei unseren Reaktionen anpassen müssen."

Kritisiert wird zudem, dass noch nicht klar sei, welche Teile der T-Systems überhaupt in die neuen Gesellschaften verschoben werden sollen. Es sei zu vermuten, dass die auszugründende GmbH nur die Teile übernehmen werde, die nicht direkt für den Konzern arbeiten oder deren Ertrag unter den vom Konzern gewünschten Zielen bleibt, mutmaßen die Belegschaftsvertreter. "In einem solchen Szenario ist diese Gesellschaft eine 'Bad Bank', in der schlecht laufende Geschäftsbereiche gebündelt werden", so das Fazit der Gewerkschaft. "Die Hoffnung, dass dieser Ansatz in der Belegschaft nicht erkannt wird, ist naiv."

Arbeitnehmervertreter sehen Veränderungsbedarf

Die Arbeitnehmervertreter signalisieren dennoch Gesprächsbereitschaft: "Trotz dieses nicht gelungenen Auftakts sind wir bereit, mit der Arbeitgeberseite in den mitbestimmungsrechtlichen Gremien über die vorgestellten Maßnahmen zu sprechen." Es müsse in der Tat Veränderungen geben, beispielsweise im Vertrieb. Auch den Forderungen nach einfacheren und schlankeren Prozessen sowie mehr Automatisierung und einer engeren Zusammenarbeit sei prinzipiell zuzustimmen. Allerdings macht Verdi klar: "Ohne eine Beteiligung der angesprochenen Gremien und der Gewerkschaft kann das Ganze nicht funktionieren."

Al-Saleh wird sich also auf Gegenwind einstellen müssen. Aber das dürfte dem neuen T-Systems-Chef nichts ausmachen. Er gilt in der Branche als erfahrener Restrukturierer und Sanierer, der auch vor dem Verkauf von Unternehmensteilen nicht zurückschreckt. Der US-Amerikaner, der in Großbritannien lebt, war zuvor CEO der Northgate Information Solutions (NIS). Vor dieser Tätigkeit war Al-Saleh fünf Jahre bei IMS Health tätig, einem Lösungsanbieter für Informatik im Gesundheitswesen. Ferner war es von 1988 bis 2006 für immerhin 19 Jahre bei IBM beschäftigt. Dort bekleidete er etliche Führungspositionen in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens.

Telekom suchte und fand einen Sanierer

Was der Mutterkonzern von Al-Saleh erwartet, hatte Telekom-Chef Timotheus Höttges bereits im vergangenen Jahr bei seiner Begrüßung durchblicken lassen: "Ob Einstellung, Haltung oder Know-how, er bringt alles für die Aufgabe mit. Adel hat bewiesen, dass er Unternehmen auf Kurs bringen kann." Indirekt bestätigte Höttges damit die Gerüchte, wonach er für T-Systems nach einem Sanierer gesucht habe, weil die Großkundensparte seit Jahren Verluste schreibt.

Al-Salehs Vorgänger Reinhard Clemens, der die Geschicke der Telekom-Tochter etwa zehn Jahre gelenkt hatte, traute Höttges diese Aufgabe nicht mehr zu. Mitte September 2017 hatte der Carrier mitgeteilt, dass man mit Clemens übereingekommen sei, seinen Vertrag mit Wirkung zum 1. Januar 2018 zu beenden.

Clemens, und mit ihm die T-Systems waren lange Jahre auch im gesamten Telekom-Konzern für die Themen Digitalisierung, Cloud und Technik zuständig. Doch 2015 übernahm Claudia Nemat das Vorstandsressort Technologie und Innovation, und der Stern von Clemens begann zu sinken. Im Verantwortungsbereich von Nemat liegen seitdem nicht nur interne IT und Technik, sondern auch das Thema Innovationen. T-Systems adressierte fortan 'nur' noch Themen wie das externe IT-Business mit Großkunden und die von Clemens ins Leben gerufene Security-Sparte.