Schmerzhafte Kollateralschäden

T-Systems probt den Befreiungsschlag

10.11.2008
Von 
Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Die Telekom muss sich bewegen, doch das erzeugt Reibung. Betroffen sind viele Mitarbeiter etwa in den T-Callcentern sowie mittelständische Kunden von T-Systems.

Telekom-Chef René Obermann will mit verschiedenen Maßnahmen den Personalabbau bei der Festnetzsparte T-Home und der Geschäftskundensparte T-Systems beschleunigen, berichtet das Magazin „Focus“. Demnach betrifft die geplante Schließung von 39 Callcenter-Standorten mit 8.000 Mitarbeitern auch 940 Schwerbehinderte, darunter etwa 40 Rollstuhlfahrer und 45 blinde Mitarbeiter. Sie sollen, so der „Focus“, künftig täglich bis zu vier Stunden zu ihren neuen Arbeitsplätzen pendeln. Der Telekom-Vertrauensmann für Behinderte, Raimund Schepper, kritisierte: „Der Vorstand muss seiner sozialen Verantwortung gerecht werden und darf die Behinderten nicht auf die Straße schicken.“

T-Systems bietet nach Informationen des Magazins den etwa 35.000 deutschen Angestellten ein „freiwilliges“ Abfindungsangebot für Schnellentschlossene an. Wer bis 30. November kündige, so die Firmen-E-Mail, erhalte „das 1,5 fache des Jahreszielgehalts“. Nach Berechnungen des „Focus“ kann so ein 53-jähriger Angestellter, der 30 Jahre im Betrieb ist und 4.000 Euro monatlich verdient, mit bis zu 200.000 Euro mehr rechnen als beim Regelbetrag der Abfindungen.

Der Plan von T-Systems-Chef Reinhard Clemens, nur noch 400 Großkonzerne von T-Systems zu betreuen und alle anderen 160.000 Geschäftskunden zur Privatkundensparte T-Home abzuschieben, stößt bei den betroffenen Unternehmen auf Widerstand. Das ergab eine Blitz-Umfrage der „WirtschaftsWoche“. Vor allem über Clemens’ Begründung, dass Mittelständler ohnehin „nur standardisierte Telekommunikationsprodukte nachfragen“, würden sich viele Betroffene aufregen. Unter den Geschäftskunden, die zu T-Home gehen müssen, sind auch Großabnehmer, die einen hohen Bedarf an speziellen IT-Lösungen haben und sich nicht mit Standard-Produkten begnügen können.

Auch müssten viele Deutschland-Niederlassungen ausländischer Konzerne zu T-Home wechseln. Zudem finden sich die meisten Maschinenbauer bei T-Home wieder – Unternehmen, die oft mittelständisch geprägt sind, aber weltweit agieren. Autobauer wie Daimler und Volkswagen bleiben bei T-Systems, viele Zulieferer müssen sich dagegen mit dem Service von T-Home zufrieden geben. Selbst beim Autovermieter Europcar betreibt künftig nicht mehr T-Systems das europaweite Sprach- und Datennetz, sondern T-Home, schreibt die „WiWo“.