Systems '83: Mit Optimismus im Produktdschungel behaupten

21.10.1983

Professionelle Marktbeobachter prognostizieren bereits seit längerem Sättigungstendenzen in einigen traditionellen Bereichen der Datenverarbeitung. Diesjährige Systems-Aussteller haben aber offensichtlich durchweg von derartigen Kassandrarufen noch nichts gehört. In den Hallen der Münchner Computermesse herrscht jedenfalls noch immer der glühende Optimismus der Pionierjahre. Absatzprobleme durch rezessive Auswirkungen der letzten Jahre kennen viele Hersteller anscheinend nur vom Hörensagen, so der Eindruck von interessierten Standbesuchern. Versteckt klingt jedoch häufig durch, daß es für einige Anbieter durchaus auch anstrengend sein kann, ihr Unternehmen sowie die Produkte ins rechte Licht zu rücken - vor allem, wenn man augenblicklich nichts Neues zu bieten hat.

Sybille Ehlers

Marketing Manager und Dr. Helmut von Falser, Geschäftsführer, Tycom GmbH, München

Es gibt derzeit in Westeuropa etwa 4,5 Millionen Unternehmen, 15 Millionen sogenannte "knowledge worker", das heißt Manager, qualifizierte Sachbearbeiter, Freiberufler, alle mit Bedarf für Informationsverarbeitung am Arbeitsplatz. Dem gegenüber steht bis Ende 1983 eine maximale Zahl von ungefähr 50000 Bürocomputern der Preisklasse zwischen 8000 und 20000 Mark. Die "Sättigung des Marktes" liegt also gerade bei zwei bis drei Prozent.

Mikrocomputer sind grundsätzlich "anti-rezessionär", das heißt, bei geringeren Investitionsbudgets lassen sich Gesamtprogramme zur Produktivitätssteigerung besser aufgliedern und schrittweise mit konkret abgegrenztem praktischem Erfolg realisieren, wenn man sie mit dezentralen Arbeitsplatzcomputern in Angriff nimmt.

Allerdings sind einige Voraussetzungen notwendig, die der "vom Leid gereifte" Anwender von heute verlangen muß, wenn er vom Arbeitsplatzcomputereinsatz überzeugt werden soll. Hauptsächlich die mittleren und größeren Unternehmen stellen hier unerschlossenes Potential dar. Voll verfügbare Softwarewerkzeuge, die praktische Aufgaben lösen können, verfugen heute meist über miteinander kombinierbare Programme aus den Grundbereichen Text, Dateiverwaltung, Kalkulation in jeder Form und Grafik. Fast immer besteht auch die Möglichkeit, Kommunikationsbausteine miteinzubeziehen.

Andererseits sind Computersysteme gefragt, die es von der Architektur her erlauben, eine Maschine in der gegenwärtig notwendigen Konfiguration einzuführen. Häufig ist ein Einplatzsystem der Ausgangspunkt, gleichzeitig sollte aber die Ausbaufähigkeit zu mehrplatzfähigen, vernetzbaren Minicomputern ins Auge gefaßt werden, ohne die dazu nötige Hardware gleich von Anfang an mitkaufen oder alle zwei Jahre die Maschine wechseln zu müssen.

Mit einer solchen Konzeption lassen sich unserer Meinung nach auch neue Produktentwicklungen, vor allem auch europäischer Provenienz, erfolgreich einführen, ohne dazu die fast unerreichbaren Marketingbudgets der derzeitigen amerikanischen Marktführer einsetzen zu können.

Die Systems kommt unserer Meinung nach mit ihren Seminarprogrammen und der übersichtlichen Segmentierung stärker als die großen Handelsmessen den Bedürfnissen des Anwenders entgegen. Anwender, aber auch potentielle Vertreiber haben hier die Möglichkeit, gezielt zu wählen.

Stefan Klauser

Geschäftsführer der Ergosoft GmbH, Nürnberg

Auch die Datenverarbeitung hat inzwischen in gewissen Teilbereichen die Folgen der allgemein schlechteren Wirtschaftslage zu spüren bekommen. Deshalb aber von einer Rezession zu sprechen, ist unserer Meinung nach verfehlt.

Der Konkurrenzkampf auf dem Markt, insbesondere für deutsche Anbieter, wird zunehmend härter. Unsere Chancen liegen vor allem in einer verstärkten Innovationsbereitschaft der einschlägigen Industrie, um deutsche Hard- und Softwareprodukte weiter konkurrenzfähig zu halten.

Die Systems 83 verspricht besonders durch den erstmalig als eigenständig aufgeführten Ausstellungsbereich Mikrocomputer interessant zu werden. Die Hardwarekosten sind inzwischen so stark gesunken, daß es auch für Klein- und Mittelbetriebe interessant wird die elektronische Datenverarbeitung auf breiter Basis einzuführen. Nur ein Problem, das viele potentielle Anwender noch vor der Einführung der Datenverarbeitung zurückschrecken läßt, steht zur Zeit noch als Hemmschuh zwischen Hersteller und Benutzer: Die Frage, welche Software, welche Programmpakete stellen für mich, für meinen Betrieb die optimale Lösung dar.

Gerade im Kontakt zwischen Herstellern und potentiellen Anwendern, aber auch zwischen den einzelnen Anbietern sehen wir einen Hauptansatzpunkt der diesjährigen Systems. Im Marktsegment der Mikro- und Bürocomputer gibt es einen starken Nachholbedarf auf seiten der Benutzer. Dabei beschränkt sich der Anwenderkreis nicht ausschließlich auf Klein- und Mittelbetriebe. Auch in Unternehmen, die über eine leistungsfähige Groß-EDV verfügen, gibt es auf der Abteilungsebene vielfältige Einsatzgebiete für Mikro- und Personal Computer. Besonders angesprochen sind hier Textverarbeitung, Kalkulationsplanung und Konstruktion im Zuge der allgemeinen Entwicklung zu einer Dezentralisierung der Datenverarbeitung in den Großbetrieben.

Der Bedarf ist besonders in diesen Bereichen vorhanden, und deshalb finden wir es falsch, von einer Rezession zu sprechen. Unserer Meinung nach fehlen in vielen Problembereichen vernünftige Programmpakete, die unter der Beachtung ergonomischer Gesichtspunkte entwickelt worden sind. Im Bereich der Gerätetechnik ist in bezug auf die Ergonomie viel geleistet worden.

Insbesondere existieren hier bereits einheitliche Maßstäbe und Richtlinien hinsichtlich der Arbeitsplatz- und Gerätegestaltung. Solche Beurteilungs- und Bewertungsmöglichkeiten fehlen noch im Softwarebereich. Gerade der EDV-unerfahrene Interessent möchte mit seinem Computer und den erworbenen Programmen Probleme lösen und sich keine neuen schaffen.

Wir alle, die Anwender und die Hersteller, sollten ein objektives Bewertungsinstrument für Softwarequalität schaffen und baldmöglichst einen herstellerunabhängigen Bewertungskatalog aufstellen. Nicht die rein technische Leistungsfähigkeit von Hard- und Softwareprodukten sollte bei der Bewertung eines Systems im Vordergrund stehen, sondern der Mensch, der mit Hilfe des Arbeitsmittels Computer seine Probleme schneller und besser lösen will.

Wolfgang Schäfer

Geschäftsführender Gesellschafter der Synelec Datensysteme GmbH, München

Der Absatz von Systemen und Peripherie weist die EDV und ihr Umfeld immer noch als Wachstumsbranche aus. Wenn sie auch weiterhin gegenüber dem Preisdruck aus den fernöstlichen Ländern bestehen wollen, müssen die europäischen Hersteller und Distributoren den Leistungsbeweis im Kontakt mit dem Kunden antreten.

Als Herstellerdistributor verkaufen wir Hardware, Software und Dienstleistung. Das Hardwaregeschäft ist heute kaum noch ein Problem. Software ist meist auf bestimmte Märkte oder Länder zugeschnitten. Am Dienstleistungsbereich erweist sich das Können des einzelnen Anbieters.

Um sich in einem Wachstumsmarkt wie dem unseren behaupten zu können, müssen wir unser Unternehmen darstellen und repräsentieren. Dazu gehören verstärkt auch Gespräche mit Kunden und potentiellen Käufern und immer wieder Dienstleistung.

Viele Kundengespräche können während einer Messe in etwas aufgelockerter Atmosphäre geführt werden. Dazu kommt, daß gerade die Systems nur alle zwei Jahre während fünf Tagen stattfindet. So wird die Entscheidung, auf der Systems präsent zu sein, vom finanziellen Standpunkt her durchaus vertretbar. Die Systems gilt heute noch als die Fachmesse in Deutschland, vielleicht sogar in Europa, und das Publikum war jedenfalls bisher immer fachkundig.

Bezogen auf die Hannover-Messe, die zwar als Weltspektakel der Messen gilt, aber bedingt durch die jährliche Durchführung während zehn Tagen mit immensen Kosten verbunden ist, müßte man dieses Thema für unsere Branche sicherlich anders abhandeln.

John Taylor

Marketing Direktor, Wang Deutschland GmbH, Frankfurt

Die Systems ist in dem Bereich, in dem Wang Deutschland ausstellt, eine Messe für Fachbesucher die sich über Anwendung und Ausstattung von Computersystemen informieren wollen. Messen sind natürlich auch Schauplatz für die Vorstellung neuer Produkte vor einem breiteren Publikum.

Wir sehen in der Beteiligung an der Systems die Möglichkeit, Fachleuten die Gelegenheit zur unbefangenen Begegnung mit Wang-Systemen zu bieten. Wir zeigen Computer für Büroinformationsaufgaben in unterschiedlicher Konfiguration und Anwendung. Nirgendwo läßt sich so einfach wie auf Messen vielen Interessenten die Gelegenheit zum "Anfassen" und zum Ausprobieren bis zur Simulierung der spezifischen Anwendung geben. Somit bieten sich dem Käufer sogar Demonstrationen zur Entscheidungsvorbereitung.

Will der potentielle Kunde einen Rechner für den Einsatz im Büro aussuchen, sollte die Entscheidung auf der Grundlage ausführlicher Informationen getroffen werden, die auf der Messe in der notwendigen Tiefe allerdings nicht geboten werden können. Der Anbieter kann jedoch seine Produktphilosophie und die Breite seines Programms zeigen, wie es Wang mit den Computersystemen für Bürokommunikation tut.

Für den Anwender ergibt sich danach die Aufgabe, Angebote, Prospekte und technische Beschreibungen zu vergleichen. Messen bieten den Vorzug, an Ort und Stelle vergleichen zu können, wobei die Optik oder Bits oder Bytes nach unserer Auffassung eine nebengeordnete Rolle spielen. Entscheidend ist der Anwendernutzen, die Demonstration der denkbaren Lösung für den jeweiligen Interessenten.

Deshalb treten wir auf Messen - und selbstverständlich auch auf der Systems - gemeinsam mit erfahrenen Softwarehäusern auf, die am Wang-Stand den Einsatz von Anwendungssoftware für unterschiedliche Branchen und Zielsetzungen auf verschiedenen Systemen zeigen. Die nahtlose Integrierung spezieller Pakete in ein Computersystem für Büroinformation, die Kompatibilität mit Standardsoftware des Herstellers, die Flexibilität in bezug auf Sonderwünsche können wir hier unmittelbar jedem zeigen, der seine Aufgabe nennt.

Der Zeitaufwand ist so sicher für den möglichen Neukunden geringer, als wenn er sich mit jedem Hersteller oder dessen Repräsentanten einzeln auseinandersetzen müßte.

Wang nimmt also an Messen teil, um Kunden und Interessenten den Stand der Technik, aktuelle Produkte, unterschiedliche Anwendungen und neue Trends in einer übersichtlichen, nutzenorientierten Ausstellung präsentieren zu können Die integrierte Anwendung von Computersystemen für Bürokommunikation als maßgeschneiderte Lösung zur Bewältigung der wachsenden Papierflut im Büro unter Einbeziehung aller Arten und Formen von Informationen steht dabei im Vordergrund.

Ziel ist die Lieferung von Informationen, die zur Vorbereitung des Kaufs führen können Der eigentliche Abschluß ist selten der Fall, weil eine Entscheidung für ein System mehr bedeutet, als neue Geräte fürs Büro anzuschaffen. Der finanzielle Aufwand muß verglichen werden mit den Kosten die es verursacht, potentielle Kunden für den ersten Kontakt und die Demonstration zu besuchen. Diese Gegenüberstellung soll zusammen und in Abstimmung mit den jeweiligen Softwarehäusern erfolgen.