DDR-Orgware "Marmedo" erlaubt schrittweisen Übergang vom konventionellen

Systemlösungen für medizinische und administrative Prozesse

20.11.1981

MÜNCHEN (je) - Ab Grundlage zur Erhöhung des Betreuungsniveaus, zur Rationalisierung und zur Sicherung einer hohen Effizienz der EDV-Anwendung in medizinischen Einrichtungen präsentierten Professor Dr. Hans-Dieter Zschoge und Dr. Hannelore Mildner auf dem Robotron-Stand anläßlich der SYSTEMS das Organisationskonzept "Marmedo". Marmedo, betonte Zschoge, sei auch für den Nicht-EDV-Einsatz geeignet und im übrigen nicht nur auf Robotron-, sondern auch auf "westlicher" Hardware lauffähig. Es werde nicht vom Unterschied der Gesellschaftssysteme tangiert.

Zschoge und Mildner - beide sind tätig in der Leitstelle für Organisation und Leitung der Forschung und Ausbildung an der Technischen Universität Dresden - gehen von der These aus, daß mit Zunahme des wissenschaftlich-technischen Erkenntnisfortschritts auch in der Medizin zwei Phänomene zu beobachten sind; daß nämlich

- einerseits die auf den Arzt und das medizinische Personal einstürmende Informationsflut sowie ihre selektive, auf den konkreten Betreuungsfall bezogene Verarbeitung im Arzt-Patienten-Kontakt kaum noch beherrschbar ist,

- andererseits die notwendige fortschreitende Spezialisierung in der Medizin im Interesse der Ganzheitsbetrachtung des Menschen eine sinnvolle Integration der medizinischen Betreuung und - damit verbunden - die Nutzung der vielfältigsten Informationen zu medizinischen Sachverhalten verlangt.

Ausdruck der Lösungssuche sind nach Meinung der Dresdner die diversen Ansätze zur Anwendung von EDV-Systemen in der Medizin, bei denen vor allem auch die Fragen des Einsatzes von Mikrocomputern zur Erhöhung der medizinischen Betreuungswirksamkeit und zur Praxisrationalisierung im Mittelpunkt stehen. Zschoge: "Das ist richtig und notwendig, provoziert jedoch zugleich die Frage: Kann das alles sein?"

Naturgemäß - so der Professor - stehen bei solchen Betrachtungen die Vorteile der Anwendung moderner Informationsverarbeitungstechnik im Vordergrund, doch es werden auch ihre Grenzen durchaus deutlich gemacht. Auf eine spezielle Problemstellung in diesem Zusammenhang weist er nachdrücklich hin: Sie zeige sich darin, daß der Einsatz von EDV-Großrechnern oder auch "nur" von Bürocomputern (Mikrocomputer) für den Arzt und das medizinische Betreuungspersonal ein grundlegendes Umdenken und Lernen in viele Richtungen, vor allem aber in bezug auf die Organisation der Erfassung, Verarbeitung, Speicherung und Übertragung medizinischer Daten bedeute. Das erfolge schrittweise und differenziert nach einzelnen Bereichen und Gebieten, wobei sich der Zeitverlauf nicht maßgeblich nach dem Grad der Einsichtgewinnung in die Positiva des Problems bestimme.

Zugleich, empfiehlt Zschoge, sollte man sich im klaren darüber sein, daß die vielfältigen Informationsprobleme in den medizinischen Bereichen generell und nicht allein mit dem Einsatz von EDV-Systemen (unabhängig von der gewählten Niveaustufe) zu lösen sind. Vielmehr werde die Nutzung der Dokumentation in konventioneller Form (als Beleg und Schriftgut) - zumindest in gewissem Umfang - auch weiterhin erforderlich sein. Dies wiederum bedeute, daß diese Dokumentation sowohl im Sinne der Erhöhung des medizinischen Betreuungsniveaus als auch zur Praxisrationalisierung selbst zweckmäßig gestaltet sein müsse. Diese Anforderung, reklamiert Zschoge, erfülle Marmedo *.

Marmedo ist ein Projektpaket und umfaßt acht Teilprojekte, die von der einheitlichen Betreuungsdokumentation über die automatische Röntgenbefundausschreibung, Arztbriefschreibung bis zur Datenaufbereitung der Leitung der medizinischen Einrichtungen reichen.

Marmedo wird durch folgende generelle Merkmale charakterisiert (Zschoge-Text):

1. Ausgehend von bisherigen Erfahrungen in der EDV-Anwendung, die besagen, daß erst eine solide, primärorganisatorische Basis eine hohe Effizienz der EDV gewährleistet, schafft Marmedo diese Grundlagen und erlaubt den schrittweisen Übergang vom niederen zum höheren Organisations- und organisationstechnischen Niveau, und zwar bis hin zum Computereinsatz.

Das Projektpaket bietet Systemlösungen für Teile der sich im Krankenhaus vollziehenden 65 Prozent medizinisch orientierter Prozesse und gestattet in gewissem Umfange auch Abhebungen für die 35 Prozent administrativer Prozesse als "Nebenbeiaufgabe".

2. Marmedo geht von einer Analyse des Informationsbedarfes aus. Es erlaubt die Befriedigung der unterschiedlichen Informationsbedürfnisse

- der Informationsträger Patient, Arzt, Schwester, Einrichtungsmanagement und Versicherungsträger,

- der entsprechenden medizinischen und/oder administrativen Entscheidungssituation (Überblicksinformationen, Detailinformationen, zeitpunktbezogene Informationen zeitraumbezogene Informationen).

Damit dient es der Rationalisierung der mit der medizinischen Betreuung verbundenen informationellen Arbeitsprozesse und entspricht direkt oder indirekt den Informationsinteressen der am Betreuungsprozeß Beteiligten.

3. Das Programmpaket gewährleistet in seinem modularen, bausteinförmigen Aufbau adaptionsfähige Lösungen, die entsprechend der unterschiedlichen Größe, dem unterschiedlichen Umfang von ambulant/stationärer und stationärer Betreuung sowie der zu erwartenden Verlagerung der stationären auf die ambulante Behandlung, schließlich auch entsprechend der fachlichen Spezifik (Fachprofil) in den einzelnen medizinischen Einrichtungen erforderlich sind.

Im einzelnen umfaßt das Marmedo-Paket folgende Teilprojekte:

- Einheitliche Betreuungsdokumentation

- Betreuungsdokumentation für Langzeitpatienten

- Automatisierte Befundschreibung "Autora"

- Befundschreibung BAS (Röntgen)

- Befundschreibung BAS (EKG)

- Betreuungs- und Bestellnachweis Variables Programm für die Erfassung und Auswertung medizinischer Informationen (stationärer Bereich)

- Arztbriefschreibung.

Die Grundkonzeption von Marmedo bezeichnet Zschoge als flexibel und disponibel sowohl für die Anwendung im stationären als auch im ambulanten Bereich. Sie gestatte einen patientenbezogenen Datenverbund und stelle umfangreiche Datenbestände für statistische Auswertung zur Verfügung.

Als weiteren Vorteil hebt der Professor hervor, daß Marmedo als Ganzes (wobei der Kombinationseffekt voll wirksam werde) oder in der Verknüpfung einzelner Teilprojekte oder auch nur als einzelnes autonomes Teilprojekt zur Anwendung kommen kann. Zschoge: "Alles ist hierbei möglich. Entscheidungskriterium ist das vorhandene oder zu wählende Niveau der Technologie, von dem dann auch abhängt, welche Teile des Projektes konventionell, mit Hilfe von Mikro- (Büro-)computern oder EDV-Anlagen abgearbeitet werden."

Als Einstieg in die Anwendung von Marmedo eignet sich nach Darstellung Zschoges im Prinzip jedes Teilprojekt, wobei die Erfahrung besage, daß es am effektivsten sei, mit dem Teilprojekt "Einheitliche Betreuungsdokumentation" zu beginnen.

Lang ist die Liste der Vorteile, die die Dresdner dem Marmedo-Anwender zuerkennen. Im einzelnen nennen sie als "allgemeine" Vorteile

- erweiterungsfähige Dokumentationskonzeption,

- beliebig fachspezifische Anpassung der Dokumentation,

- rationelle Arbeitsorganisation,

- multivalente Nutzung des Informationsfonds,

- erhöhte Vergleichbarkeit durch einheitliche Dokumentation,

- schneller Überblick über Diagnose- und Therapieentwicklung in der Gesamtheit.

Vorteile für den Patienten sind demnach

- indikationsbezogene Reduzierung der Belastung des Patienten,

- Beschleunigung und Qualifizierung der medizinischen Behandlung.

Die Vorteile für den Arzt bestehen nach Zschoge in einer

- Objektivierung von Diagnosefindung und Therapiewahl,

- Beschleunigung der Behandlungsprozesse,

- Verbesserung des Vertrauensverhältnisses Arzt/Patient,

- geordneten Übersicht und Vermeidung von Doppeluntersuchungen,

- erhöhten juristischen Sicherheit, in einem

- Signaleffekt bei medizinisch relevanten Besonderheiten, ferner in der - Reduzierung der Schreibarbeit und in der

- Erleichterung individueller Analysen.

An Vorteilen für das behandelnde Institut ergeben sich nach Ansicht der Dresdner:

- Beitrag zur Kostendämpfung, insbesondere durch Senkung der Kosten für Behandlung, Senkung des Dokumentations- und Kommunikationsaufwandes bis zu 50 Prozent (pro Arzt und Tag bis zu einer Stunde), Reduzierung des Materialeinsatzes und intensivere Nutzung des Dokumentationsraumes, wobei Zschoge zu wissen angibt, daß in der Bundesrepublik 50 bis 60 Prozent der Krankenhäuser älter als 50 Jahre sowie sanierungsbedürftig sind und in den meisten Krankenhäusern Raumprobleme existieren;

- stabile Organisation bei stufenweiser Integration von Geräten und Methoden der Informationsverarbeitung,

- schnelle Befundübermittlung,

- einfache Rechnungslegung und Leistungsstatistik, schließlich

- einfache Informationsverdichtung.

Die Versicherungsträger ziehen nach Zschoges Einschätzung aus Marmedo folgende Vorteile:

- Beitrag zur Kostendämpfung,

- geringere Dokumentationsarbeit und verbesserte Möglichkeit der Kumulation,

- Verkürzung der Arbeitsunfähigkeitsdauer,

- Senkung der Kosten für Behandlung sowie

- Möglichkeit des Vergleichs der Leistungs-/Kosten-Relation verschiedener Einrichtungen.

Diese verbal aufgezeigten Vorteile des Marmedo-Systems können in medizinischen Einrichtungen konkret wertmäßig nachgewiesen werden, versichert der Professor abschließend.

Informationen über den Importeur: Mappei Organisationsmittel GmbH/Reinhart Schmidt GmbH, Industriestr. 77, 5600 Wuppertal, Tel.: 02 02/44 34 34.

* Das Marmedo-System wurde entwickelt in Zusammenarbeit der Leitstelle für Organisation und Leitung der Forschung und Ausbildung, Berlin, mit dem Institut für Sozialhygiene und Organisation des Gesundheitsschutzes, Berlin. Exporteur ist Robotron Export-Import, Volkseigener Außenhandelsbetrieb der DDR, Friedrichstraße 6 l, DDR 1080 Berlin.