Systemhäuser kämpfen ums Überleben

25.07.2005
Angesichts sinkender Margen und Umsätze suchen viele Wiederverkaufsspezialisten ihr Heil im Servicegeschäft.
Die meisten Systemhäuser beschränken sich auf infrastrukturnahe Support-Services. Verglichen mit den anderen Segmenten des IT-Dienstleistungsmarkts verspricht dieses Geschäft jedoch nur geringe Umsätze.
Die meisten Systemhäuser beschränken sich auf infrastrukturnahe Support-Services. Verglichen mit den anderen Segmenten des IT-Dienstleistungsmarkts verspricht dieses Geschäft jedoch nur geringe Umsätze.

Die Systemhäuser in Deutschland machen schwere Zeiten durch. Zusätzlich zu den sinkenden Margen im Hardwaregeschäft haben sie wegen der anhaltenden Investitionsflaute seit einigen Jahren unter massiven Umsatzeinbußen zu leiden. Pleiten sind in der Branche an der Tagesordnung. Im vergangenen Jahr meldeten wieder vier größere Systemhäuser - Ibex, Taskarena, ECS, BOG - Insolvenz an. Auch Übernahmen prägen den Markt. So bediente sich Cancom bei zwei Firmenteile der insolventen ECS. Auch Bechtles Einkaufstour ist mit Sicherheit noch nicht beendet.

Die zehn größten deutschen Systemhäuser

Nach den beiden Big Playern, Bechtle und Computacenter, geht die Umsatzschere weit auseinander: Die im Ranking der CW-Schwesterzeitschrift "Computerpartner" drittplatzierte PC-Ware AG kommt nicht einmal auf die Hälfte der Einnahmen von Computacenter. Und die Nummer vier, Comparex, setzt wiederum nur etwas mehr als halb so viel um wie PC-Ware.

Hier lesen Sie …

• wie sich die Systemhauslandschaft in Deutschland verändert hat;

• warum viele kleinere Anbieter Probleme haben;

• und was die Systemhäuser versuchen, um im Konkurrenzkampf zu überleben.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

*73109: Umsatzrekord für Bechtle;

*77526: Umsatzrückgang bei Computacenter;

*67493: Servicestrategie von Computacenter;

155304: Turbulenzen in der Ada-Gruppe.

Der Verkauf von Rechnern, Druckern sowie Netz- und TK-Produkten lohnt sich nur noch für die beiden Big Player, Bechtle und Computacenter. Bei ihnen macht die Masse das Geschäft. Die anderen Systemhäuser versuchen, ihre sinkenden Einnahmen und Margen im Wiederverkauf auszugleichen, indem sie ihr Serviceangebot ausbauen. Mittlerweile bezeichnet sich mehr als ein Drittel der ursprünglich weitgehend herstellergebundenen Lieferanten von Hard- und Software in Deutschland als "IT-Dienstleister".

Diese Strategie gilt unter Experten als einziger Ausweg. Vor allem wegen des enormen Preisdrucks ist das Handelsgeschäft der Systemhäuser in den letzten zwei bis drei Jahren wesentlich stärker eingebrochen als die Serviceumsätze, konstatiert Karsten Leclerque, Berater bei Pierre Audoin Consultants (PAC): "Je höher der Resale-Anteil eines Systemhauses, desto schwieriger ist sein Business."

Zudem sei in den kommenden Jahren mit einer stark steigenden Nachfrage nach Dienstleistungen zu rechnen: "Der Markt wird reifer und schwappt jetzt in den Mittelstand über", beschreibt der Experte die guten Möglichkeiten für Systemhäuser im Servicegeschäft. "Unter dem anhaltenden Kostendruck erkennen auch immer mehr mittelständische Anwender, dass sie durch extern erbrachte Dienstleistungen Kosten einsparen können."

Auch Ovum-Analystin Katharina Grimme hält den Ausbau des Servicegeschäfts grundsätzlich für sinnvoll. Angesichts der länger laufenden Serviceverträge könne sich ein Systemhaus ein Standbein schaffen, das verglichen mit dem Resale-Geschäft relativ sicher sei: "Wir haben ja gesehen, wie plötzlich der Hardwaremarkt einbrechen kann." Allerdings beschränkt sich das Serviceangebot der meisten Systemhäuser auf Infrastruktur-Dienstleistungen wie Wartung und Support sowie Helpdesk-Services. Und hier sind die Margen vergleichsweise gering, so Grimme: "Auf das Segment Support-Services entfallen in Deutschland derzeit etwa zehn bis 15 Prozent des gesamten Markts für IT-Dienstleistungen."

Um auch höherwertige Dienstleistungen - etwa Outsourcing und Managed Services - anbieten zu können, verfügen die kleineren Systemhäuser nach Ansicht von Grimme nicht über ausreichende technische Kapazitäten wie Rechenzentren und Netzwerke. Vor allem aber fehle es ihnen an der entsprechenden Vertriebsstruktur und den notwendigen Kompetenzen: " Die Sales-Teams sind daran gewöhnt, Produkte zu verkaufen. Um anspruchsvollere Services an den Mann zu bringen, muss man jedoch ganz anders auf die Kunden zugehen."

Mittelständler wollen Services

Bislang haben nur die Marktführer Bechtle und Computacenter diesen Schwenk erfolgreich umgesetzt. Die beiden Systemhäuser bieten inzwischen ein recht umfassendes Dienstleistungsportfolio bis hin zu Managed Services und Outsourcing an. Computacenter erzielt derzeit rund fast ein Drittel seines Gesamtumsatzes mit Services. Allerdings schreibt das Unternehmen, das vor allem Kunden im gehobenen Mittelstand anvisiert, in Deutschland nach wie vor Verluste, da es in den vergangen Monaten stark mit der Reintegration von CC Compunet sowie mit dem radikalen Wandel weg vom Resale-Geschäft hin zu IT-Dienstleistungen beschäftigt war und bislang wenig große Deals gewinnen konnte.

Der Marktführer Bechtle, bei dem knapp 25 Prozent der Gesamtumsätze auf das Geschäft mit Dienstleistungen entfallen, hat den Umbau weitgehend abgeschlossen. Dort wird das Servicegeschäft von einem Verbund aus über 60 rechtlich unabhängigen lokalen Systemhäusern in Deutschland und der Schweiz betrieben. "Gerade im Mittelstand ist es extrem wichtig, beim Kunden vor Ort zu sein", erläutert Ralf Klenk, Vorstandsvorsitzender der Bechtle AG.

Für die kleineren Systemhäuser gilt es daher, mittelständische Kunden persönlich zu bedienen oder sich auf Nischensegmente zu konzentrieren, wie es etwa der AS/400- und Storage-Spezialist Comparex oder die auf Banken und Versicherungen spezialisierte Ada-Has-Gruppe praktizieren. Letztere sucht allerdings ebenfalls einen Käufer. Ansonsten bleibe den Anbietern nach Ansicht von Ovum-Analystin Grimme nichts anderes übrig, als sich die erforderlichen Servicekapazitäten und Vertriebsleute einzukaufen, um ihr Dienstleistungsportfolio um höherwertige Services erweitern zu können. Potenzial sieht die Expertin in Deutschland vor allem im Bereich Managed Desktop Services, "das heißt, der Anbieter übernimmt die komplette Verantwortung für die Betriebssystem-Wartung und Updates und bündelt diese Services mit Zusatzleistungen wie beispielsweise Business Continuity", beschreibt Grimme.

Spezialisierung tut not

Auch Outsourcing-Services gewinnen an Bedeutung: "Wenn die großen Unternehmen durch das Auslagern von IT- und Geschäftsprozessen Kosten- und vielleicht sogar Qualitätsvorteile erringen können, dann will der Mittelstand nicht ins Hintertreffen geraten", ist Christoph Wamser von der Deutschen Gesellschaft für Managementforschung (DGMF) überzeugt. Das wachsende Geschäftsprozess-Outsourcing bedrohe das klassische Systemhaus-Business: Auslagernde Anwender bräuchten weniger Infrastrurktur.

"Für die Systemhäuser ist der Verkauf von Hard- und Software sowie entsprechenden Infrastrukturservices in so einem Fall verloren, weil die meisten Outsourcer diese Aufgaben gleich mit erledigen", warnt Wamser. Auch aus diesem Grund müssten die Anbieter für das Thema Outsourcing gewappnet sein. Bechtle-Chef Klenk: "SAN-Konzepte sowie neue Services wie Application-Hosting, Managed Services und Outtasking/Outsourcing - das sind die Bereiche, in denen sich in Zukunft Geld verdienen lässt."