Weg vom Black-Box-Denken in der EDV:

"Systemanalytiker gehören in die Fachabteilug"

14.12.1979

MÜNCHEN - Seit jeher liegen EDV-Abteilung und Fachbereich miteinander im: Clinch. Der Grund: Vorgaben werden von den Sachbearbitern nicht selten unvollständig oder unklar formuliert. Kein Wunder: Die Spezialisten sitzen in der EDV. "Die meisten Datenverarbeiter", kritisiert andererseits Adolf Ahorn, Leyland GmbH, Neuß, "sehen die EDV als Betrieb im Betrieb und versuchen eine Black-Box-Situation zu schaffen." Dahinterstehende Philosophie: "Solange die anderen (die Sachbearbeiter, d. Red.) nichts wissen, kann man sie noch gut verschaukeln" (Ahorn). Lösungen werden von den DV-Chefs oftmals nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert. Eine davon: Der Systemanalytiker gehört in die Fachabteilung.

"Alles, was wir bisher in Form von Anforderungen erhielten, war zu etwa fünfzig Prozent nicht

realisierbar", beschreibt Frank Thiemann von der Wuppertaler Jackstaedt & Co. KG die

Schwierigkeiten seiner EDV-Abteilung im Umgang mit den Fachbereichen. Daß es eine Know-how-Lücke gibt, konzediert auch EDV-Leiter Heinz-Otto Dickhut, Sonnen-Bassermann-Werke, Seesen: "Der Optimalfall wäre sicherlich, den Systemanalytiker in die Fachabteilung zu integrieren." Doch Dickhut schränkt ein: "Welche Firma kann sich das leisten?"

Gerade die Kosten scheinen einigen DV-Abteilungen als Alibi-Argument zu dienen. So bezeichnet es Rolf Pietrowski, EDV-Leiter bei der Schade KG in Plettenberg, als eine "geschickte Lösung" im Falle von Budget-Engpässen einen Teil der eigenen Manpower kostenmäßig in die Fachabteilung zu verlagern. Er sieht indessen die Gefahr daß ein

"externer" Systemanalytiker zu schnell für "reine Fachabteilungsaufgaben mißbraucht" wird.

Der DV-Boß der Pierburg GmbH Neuß, Hans Schiffers, hat "dieses Experiment" gewagt und ist damit gescheitert: "Die Systemanalytiker werden in den Fachabteilungen in der Regel mit Routine-Arbeiten verschlissen."

Es ist sicherlich eine Frage der Unternehmensgröße, ob sich ein Systemanalytiker in der Fachabteilung rentiert. Doch die Meinungen, wo die Grenze zu ziehen sei, gehen stark auseinander. Rolf Pietrowski meint, daß zwar in einem kleinen Unternehmen noch ein guter Verbindungsmann ausreiche, daß aber bereits in einem Mittelbetrieb die Notwendigkeit eines Systemanalytikers "vor Ort" nachzuweisen sei.

Anders dagegen Norbert Dietz, DV-Chef bei der Racke GmbH in Bingen. "Als Unternehmen mittlerer Größe sind wir der Meinung, daß ein SystemanaIytiker in der Fachabteilung zuviel des Guten wäre." In einem Großunternehmen käme seiner Meinung nach durch sogenannte verteilte Intelligenz eine gute Lösung zustande. Dietz neigt bei seiner Unternehmensgröße jedoch zum "umgekehrten Konzept". Für ihn wäre es "hervorragend", wenn ein Mitarbeiter seitens der Fachabteilung, beispielsweise ein Betriebswirt mit DV-Kenntnissen, Systemanalyse durchführen könnte.

Heinz-Otto Dickhut stimmt dieser Regelung nicht zu: "Mann kann wohl einen Mann aus der Fachabteilung nehmen und ihn mit DV-Wissen vollstopfen aber zur SystemanaIyse in unserem Sinne reicht das noch lange nicht."

"Der Trend geht zwar schon seit langem in Richtung Dezentralisierung" konstatiert Heiz Dieter Jacobs, EDV-Leiter bei der Boswau & Knauer AG in Düsseldorf, "aber die meisten DV-Chefs versuchen bereits hier zu bremsen. Sie neigten eher dazu, die eigene Abteilung weiter aufzublähen als Leute abzugeben." Das Prinzip sei nahezu klassisch:

"Viel Leut, viel Heer, viel Macht."

Adolf Ahorn zieht gleichermaßen vom Leder: "Ich kenne eine ganze Menge DV-Leute, die ihrer Profilneurose nachgehen und in ihren Unternehmen ein eigenes Empire gründen wollen, um selbst als König hervorzutreten." Ahorn tendiert zu einer kleineren, funktionellen und klar überschaubaren Einheit. Dabei solle die DV-Abteilung nicht die agierende, sondern immer die reagierende Abteilung sein. Der Leyland-DV Chef: "Man muß langsam zu der Erkenntnis kommen, daß das DV-Wissen in die Fachabteilung verlagert werden muß."