Netz-Management/Remotes Netz-Management mit Microsoft Back Office:

Systemadministration ohne Lauferei noch nicht erreicht

01.11.1996

Bisher ist Windows nur unumstrittener Standard bei den Desktop-Betriebssystemen. Auf den Netzwerk-Servern sind aber zum großen Teil noch andere Lösungen anzutreffen. Dies zu ändern ist das erklärte Ziel der Gates-Company. Windows NT soll ihrer Vorstellung nach den Server-Markt erobern. Der Weg dorthin ist noch weit, aber Analysen und Prognosen unabhängiger Institute bestätigen dem "New Technology Windows" ein starkes Wachstum und gute Zukunftschancen.

Wie gut sich Windows NT Server im Markt durchsetzt, hängt dabei auch wesentlich mit dessen System-Management-Eigenschaften zusammen. Um den Systemadministratoren die Arbeit zu erleichtern und Kosten sparen zu helfen, bietet Microsoft seit einiger Zeit den System Management Server aus der Back-Office-Familie an. Die aktuelle deutsche Version wird allerdings häufig wegen ihrer vielen Bugs kritisiert.

Das Programmpaket eignet sich laut Microsoft für die Administration kleiner LANs bis hin zu unternehmensweiten WANs. Ab welcher Client-Anzahl sich der Installationsaufwand aber wirklich lohnt, steht auf einem anderen Blatt. Doch scheinbar wollen zahlreiche Systemadministratoren von Netzwerken mit über 100 PCs das Programmpaket - nach teilweise wochenlangen Installationsarbeiten - nicht mehr missen.

Um möglichst viele Kunden mit unterschiedlichen Netzen auf Windows NT zu bringen, unterstützt der System Management Server neben den Microsoft-Betriebssystemen diverse Netzwerke und Clients aus fremden Häusern. Im einzelnen sind das Novells Netware 3.1x und 4.x, IBMs LAN Server 3.x und 4.0 sowie als Clients außer MS-DOS und Windows ab 3.1 auch IBMs OS/2 2.x und Warp sowie Apples System 7. Experten sind sich jedoch darüber einig, daß der SMS - und seine Installation - in reinen MS-Umgebungen erheblich unproblematischer funktioniert als beispielsweise mit Novell.

Auch die Skalierbarkeit des Systems ist nicht ganz unumstritten. Das Konzept erlaubt es zwar theoretisch genauso, kleine Netze mit 20 Arbeitsplätzen über einen System Management Server zu administrieren, wie weltweite Netzwerke über viele SMS, aber die Verwaltung der über LAN angebundenen "Sites" funktioniert teilweise nur sehr schleppend. Laut Angaben von Microsoft ist die Zahl der administrierbaren Clients nur durch den verfügbaren Server-Arbeitsspeicher begrenzt. 32 MB auf einem 486/66er PC sollen dabei die Minimalanforderung sein. In der Praxis werden oft extrem leistungsfähige Pentium-Systeme benötigt.

Damit die Systemadministratoren und Techniker wirklich ihr Büro nur noch für Arbeiten an der Hardware verlassen müssen, hat Microsoft in den System Management Server alle Servicefunktionen integriert, die sonst viel Rennerei verursacht haben.

Im einzelnen bietet SMS Module für die Inventarisierung der kompletten DV-Anlage, die Diagnose- und Remote-Control-Tools sowie die Software-Installation auf den Client-PCs, ohne diese aufsuchen zu müssen. Auch Remote Access per Modem, ISDN oder X.25 ist möglich.

Die erste Aktion nach der Installation des SMS ist die Inventarisierung der Anlage. Das Programm installiert (normalerweise automatisch) die Client Management Agents auf den Workstations und analysiert das Netz sowie die Server und Clients. Die Informationen zur Hard- und Software werden dann im extra zu erwerbenden MS-SQL-Server (ab Version 6.0, empfohlen 6.5) abgelegt.

SQL-Server besser separat installieren

Der SQL-Server kann auf dem gleichen NT-Server laufen wie der SMS. Die getrennte Installation auf einem weiteren NT-Server schafft jedoch erhebliche Performance-Gewinne. Durch die ODBC-Schnittstelle (Open Database Connectivity) dieses Datenbank-Management-Systems lassen sich die gespeicherten Informationen auch von anderen Anwendungen wie Access oder Excel aus einsehen und weiterverarbeiten.

Neben den automatisch ermittelten technischen Fakten steht es dem Administrator außerdem frei, weitere Informationen wie Inventarnummern und Informationen zu den Usern zu erfassen. Neben den eigenen Microsoft-Formaten werden auch das Simple Network Management Protocol (SNMP) und die vom Desktop Management Interface abgeleitete Dateistruktur im Management Information Format (MIF) unterstützt.

Die Inventardatenbank ist dann die Grundlage für alle weiteren Funktionen des System Management Server. Soll beispielsweise das Betriebssystem der Clients ein Update bekommen oder eine neue Applikation steht zur Installation an, ist es mit der Inventardatenbank ein leichtes, die Anforderungen der neuen Software mit den Clients abzugleichen.

Stimmen Prozessor, RAM, freier Plattenspeicher, Betriebssystem-Version und alle anderen Parameter, läßt sich die neue Software vom SMS aus auf die aus der Datenbank selektierten PCs installieren. Um nicht jedem Administrator immer wieder die Arbeit aufzubürden, Profile über die notwendige Hard- und Softwarekonfiguration zu erstellen, bieten Microsoft und andere Softwarehersteller zu ihren Programmen entsprechende Profildateien an.

Automatischer Start von Programmen

Sind die Clients, auf denen die Software installiert werden soll, dann ausgewählt, erfolgt die Installation zeitgesteuert zum Beispiel während der Nacht vollautomatisch. Oder die Anwender bekommen beim nächsten Login die Wahl, sofort oder später die Installation ablaufen zu lassen. Der Administrator kann also gezielt unterschiedliche User oder Gruppen den Anforderungen entsprechend behandeln.

Je nach Größe des Netzwerks erfolgt die Installation dabei entweder von einem zentralen SMS aus, oder die Programmpakete werden über den SMS erst einmal auf sogenannte Distribution-Server verteilt, die sie dann wiederum an die einzelnen Workstations - oder weitere Distribution-Server - übermitteln. Der erfolgreiche Abschluß der Installation wird gemeldet und in der Datenbank gespeichert.

Neben der Distribution und Installation gestattet der SMS auch die Ausführung bestimmter Programme auf den Clients zu vorgegebenen Zeitpunken. Ein Viruscheck auf selektierten Clients in regelmäßigen Intervallen ist so zum Beispiel vollautomatisch möglich.

Ein weiterer umfassender Bereich des System Management Server umfaßt die Fehlerdiagnose sowie den User-Support. Über Remote Control hat der Administrator - zumindest theoretisch - den vollen Zugriff auf die einzelnen Clients. Er sieht den Client-Monitor und benutzt dessen Tastatur und Maus fast genauso, als wäre er am Arbeitsplatz. Fast deshalb, weil diese Funktion teilweise derart langsam ist, daß schon mehrere Minuten bis zur Anzeige vergehen.

So ist es auch wenig tröstlich, daß die Ausführung von Programmen und das Booten der Clients über LAN und WAN möglich sind. Immerhin wird der Client-User aber sicherheitshalber über die Fremdkontrolle seines Rechners informiert. Windows NT Clients gestatten darüber hinaus die remote Performance-Kontrolle und eine Darstellung der Events des Arbeitsplatzrechners.

Doch nicht immer sind die Probleme direkt auf den Client-PCs zu finden. Auch wenn Schwachstellen im Netz auftreten, bietet der SMS Diagnosemöglichkeiten über Agenten auf den Windows-Clients. Er erlaubt die Dekodierung, Analyse sowie das Bearbeiten und die Wiedergabe remote abgefangener Netzwerkpakete. Wichtig ist dabei die Filterfunktion, die es zum Beispiel gestattet, nur die Pakete einer bestimmten Workstation zu bearbeiten. An Protokollen unterstützt das System dabei TCP, IPX/SPX, NetBIOS, Appletalk, NCP und SMB.

Ingesamt betrachtet ist der System Management Server ein vom Prinzip her sehr interessantes Werkzeug für das System-Management. In der Praxis gibt es aber häufig noch Probleme, die unter anderem in den Newsgroups comp.os.ms-windows.nt. software.backoffice und auf dem MS-eigenen News-Server msnews.MS.com in den Gruppen MS.public.sms.* kräftig diskutiert werden.

Angeklickt

Um bei professionellen Anwendern Erfolg mit Windows NT zu haben, hat sich Microsoft an Gepflogenheiten und selbstverständliche Ansprüche in diesen Kreisen anpassen müssen. So gibt es seit einiger Zeit den System Management Server, der die Steuerung und Überwachung von PC-Clients und das Installieren und Upgrading ihrer Software selbst in sehr großen Netzen automatisieren soll. Doch allgemeinen Beifall hat Microsoft damit nicht geerntet. Es gibt etliche Punkte der Kritik.

*Christian Schreiber ist freier Fachautor in München.