"Ist die IBM noch der richtige Partner?"

System /38-Interessenten: Vertrauensbasis angeknackst

17.08.1979

MÜNCHEN (CW) - Deutschlands IBM-Kunden beginnen, sich vom Marktführer zu emanzipieren. Dies ergab eine CW-Umfrage zur /38-Lieferverzögerung bei Anwendern im deutschsprachigen Raum (sieche auch Kolumne, Seite 7). "Die Benutzer sind wieder einmal angeschmiert", kommentiert Eckhard Haas, EDV-Leiter der Optimol Ölwerke in München. Karl-Heinz Aufermann, DV-Chef bei der Deutschen Rockwool Mineralöl GmbH in Gladbeck, dem nach eigenen Angaben derzeit größten deutschen Kunden des IBM-Geschäftszweiges Basis-Datenverarbeitung, kleidet seinen Unmut in die Frage: "Ist die IBM überhaupt noch der richtige Partner?"

Die Ankündigung, daß IBM mit der "System /38-Auslieferung frühestens im Sommer 1980 beginnen werde, kam für einige Kunden offensichtlich völlig überraschend. So wurde bei Loden-Frey in Bad Ischl (Österreich) nach der Bestellung der /38 die vorhandene 3-12 verkauft. Nun will das Unternehmen "die Zeit mit einigen Kopfständen überbrücken".

Aufermann betrachtet es als "eine Frechheit", daß IBM den Liefer-Lag auf einem offset-gezogenen Brief mitgeteilt habe: "Zu anderen Anlässen nimmt die IBM besseres Papier." Der Gladbecker DV-Chef fragt ironisch: "Wo bleibt da die so groß publizierte Textverarbeitung des Marktführers?" und stichelt: "Oder geht die etwa auch nicht?"

Er macht keinen Hehl daraus, daß IBM für ihn nicht mehr glaubwürdig sei: " Ich bin gesprächsbereit für jeden Hersteller der ein adäquates Computersystem liefern kann."

Klaus-Peter Star, EDV-Leiter bei der Optyl GmbH, München, meint trocken er sei kein Bayer, sonst würde er schon den entsprechenden Kraftausdruck für die derzeitige IBM-Politik verwenden.

Wilhelm Kässmann, DV-Chef der Münchener Johann Rockinger OHG, kann sich als Nichtbetroffener eine leichte Häme nicht verkneifen: "Die Anwender sollten sich eben überlegen, ob sie künftig eine Anlage nur aufgrund einer Ankündigung kaufen sollen."