Syntegration - die Methode

06.10.2008
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Eine Syntegration ist nichts für Zuhörer, sondern etwas für Mitmacher. Sie zielt darauf ab, das Wissen aller Teilnehmer auszutauschen.

Wie lässt sich das Wissen einer Gruppe hochqualifizierter Menschen möglichst schnell sammeln und vernetzen, sprich: allen Beteiligten zugänglich machen? Diese Frage beschäftigte den britischen Professor und Querdenker Anthony Stafford Beer (1926 bis 2002) schon in den 40er Jahren.

Jahrzehnte später fand der Vater der Management-Kybernetik an der Hochschule St. Gallen (HSG) zwei fähige Köpfe, die seine Ideen weiterentwickelten und in ein Management-Modell überführten: Hans Ulrich und Fredmund Malik gelten als die Begründer der Systemorientierten Management-Lehre, wie sie an der HSG unterrichtet wird. Letzterer setzte die kybernetische Wissensvernetzung in eine praxistaugliche Methode um, die kleine oder mittelgroße Expertengruppen zur Entscheidungsfindung nutzen können und die über das Malik Management Zentrum St. Gallen vermarktet wird.

Jedes Jahr im Herbst, wenn die Budgets und Projektpläne für das kommende Jahr anstehen, gibt die COMPUTERWOCHE ausgewählten CIOs die Möglichkeit, mit Hilfe dieser Methode ihre Agenda für das kommende Jahr zu verfeinern. Das kostet drei Arbeitstage, die sich gerade in dieser Phase des Geschäftsjahres nur schwer erübrigen lassen. Dafür, dass diese Zeit gut investiert ist, sprechen jedoch die vielen "Wiederholungstäter", von denen einige der Einladung nun schon im dritten Jahr Folge leisteten.

Eine Syntegration kennt kein Programm im üblichen Sinn, aber einen straffen Zeitplan, der auf die Minute genau eingehalten wird. Es gibt keine Vorträge und Breakout-Sessions, und das Thema ist eher allgemein formuliert. Worüber die Gruppe diskutieren will, legt sie selbst fest. Wer wann mit wem redet und wer die Ergebnisse kommentiert, bestimmt ein Computerprogramm.

Phase eins: die Themenfindung

Grob betrachtet, besteht eine Syntegration aus zwei Phasen: Zunächst tragen die Teilnehmer die Fragen zusammen, die sie unter dem jeweiligen Oberthema diskutieren wollen. Auf einem virtuellen "Marktplatz" müssen sie sich ihre Themen gegenseitig "verkaufen". Als gekauft gilt ein Thema, wenn mindestens fünf Teilnehmer durch ihre Unterschrift Interesse daran bekunden. Weil das Syntegrationsmodell nur zwölf Themen zulässt, versucht die Gruppe anschließend, ähnliche Themen miteinander zu "verheiraten". Wenn immer noch mehr als zwölf übrig bleiben, wird abgestimmt.

Jetzt schlägt die Stunde des Computerprogramms: Jeder Teilnehmer gewichtet die verbliebenen Themen nach seinen Interessen, und der Algorithmus ordnet ihn jeweils vier der zwölf Diskussionsgruppen zu: Zweimal redet er aktiv mit, zweimal fungiert er als Kritiker, der nur den Diskussionsverlauf kommentiert.

Phase zwei: die Iterationsrunden

Jedes Thema wird mindestens zweimal diskutiert. Am ersten Tag macht die Gruppe eine Bestandsaufnahme. Am zweiten Tag definiert sie das Ziel und den Weg dorthin. Der letzte Punkt erfordert eigentlich eine eigene Iterationsrunde, lässt sich jedoch mit der Zieldefinition zusammenfassen. Am Ende jedes Tages trägt jede Gruppe ihre Ergebnisse im Plenum vor, so dass alle Teilnehmer auf dem aktuellen Stand sind. Den Flug nach Hause eine Stunde früher zu buchen ist ein Fehler, den nur Syntegrations-Greenhorns machen.