Symbian am Scheideweg

19.11.2003
Von 
Peter Gruber arbeitet für die Portale Computerwoche und CIO.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Luft wird für Marktführer Symbian und sein gleichnamiges Smartphone-Betriebssystem dünner. Derzeit erproben Gerätehersteller und Netzbetreiber ihre Business-Telefone auch mit Linux-, Microsoft- und Palm-OS. Außerdem machen Symbian proprietäre Plattformen zu schaffen.

In den lange Zeit nur als winzige Nische betrachteten Markt der Smartphones ist Bewegung gekommen. Um die Betriebssysteme der cleveren Telefone, die leistungsfähiger sein müssen als die herkömmlicher Handys, ist unter den Herstellern ein harter Wettbewerb entbrannt. Für Aufruhr sorgte vor allem Motorola, das im September aus dem marktführenden Symbian-Konsortium ausstieg und kurz darauf ein Endgerät mit dem Betriebssystem "Windows for Smartphones" des Erzrivalen Microsoft auslieferte. Doch damit nicht genug. Der US-Hersteller debütierte kürzlich in China auch noch mit dem Smartphone "A760", dessen Innenleben auf Linux-Technik der dänischen Firma Trolltech basiert. Motorola unterzieht Linux damit einer Feuertaufe als Betriebssystem für intelligente Telefone. Im Erfolgsfall könnten Linux-basierende Geräte einen internationalen Siegeszug antreten.

Motorola, das weiterhin auch Geräte mit Symbian-OS fertigt, ist kein Einzelfall. Auch andere Hersteller fahren mehrgleisig und entwickeln Smartphones auf Linux-, Microsoft-, Palm- oder Symbian-Plattform mit dem Ziel, deren Akzeptanz und Tauglichkeit am Markt auszuloten. Diese Entwicklung bedroht vor allem Symbian, das zurzeit mit einem Marktanteil von rund 85 Prozent noch das am meisten in Smartphones verkaufte Betriebssystem liefert.

Hinter dem Konsortium stehen die Hersteller Nokia, Panasonic, Psion, Samsung, Siemens, Ericsson und Sony-Ericsson. Das Unternehmen meldete im ersten Halbjahr 2003 einen Absatz von 2,68 Millionen Smartphone-Systemen, im vergleichbaren Zeitraum 2002 waren es nur 230000 gewesen. Die deutliche Steigerung ist vor allem auf die Einführung der Handy-Modelle "7650" und "3650" von Nokia sowie "P800" von Sony-Ericsson zurückzuführen. Unterdessen, so David Wood, Symbians Executive Vice President Partnering, gibt es weltweit 26 Geräte, die mit dem OS seines Unternehmens arbeiten - Tendenz steigend. Die überwiegende Anzahl aller Handys werkelt hingegen nach wie vor mit den proprietären Systemen ihrer Hersteller.

Für Symbian heißt es nun, Flagge zu zeigen, weil der Markt für Smartphones explodiert und die Konkurrenz nicht schläft. Palmsource, die Softwareausgründung des PDA-Spezialisten Palm, trimmt Version 6 von Palm OS stark auf Telefonie. Außerdem vermarktet der von Palm übernommene Hersteller Handspring mit dem "Treo 600" bereits ein erstes Smartphone. Microsoft hingegen hat gute Chancen, über die Partnerschaften mit Motorola und Samsung den Fuß endlich in den Markt zu bekommen. Und Linux wird vor allem durch asiatische Regierungen kräftig gepusht.