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Suses neuer Enterprise Server kommt mit JBoss

04.08.2004
Novells SLES 9 ist die erste Server-Distribution auf Basis des Linux-Kernels 2.6. Als Application Server liegt der J2EE-1.4-zertifizierte JBoss bei, der künftig auch in exteNd Einzug halten wird.

Mit seinem gestern auf der Kongressmesse LinuxWorld in San Francisco offiziell vorgestellten "Suse Linux Enterprise Server 9" (SLES) will Novell dem im Server-Umfeld marktführenden Wettbewerber Red Hat verstärkt Konkurrenz machen und setzt dazu auf seine weltweite Trainings- und Support-Maschinerie und Allianzen mit wichtigen Branchengrößen.

Großen Wert legen Novell und Suse dabei auch auf die Tatsache, dass SLES 9 auf dem Linux-Kernel 2.6 basiert, der speziell für den Einsatz auf größeren Servern erhebliche Verbesserungen bietet. Red Hat verwendet in seinem "Enterprise Linux 3" gegenwärtig einen Kernel auf 2.4-Basis, in den aber wichtige Erweiterungen aus der Entwicklungsversion 2.5 eingearbeitet wurden. Enterprise Linux 4, das dann auch den 2.6er-Kernel verwenden wird, ist für das erste Quartal kommenden Jahres avisiert. Mit rund 300.000 verkauften Lizenzen erreicht Red Hat derzeit rund 70 Prozent Marktanteil im Linux-Server-Segment.

Novell will dem Wettbewerber davon einiges abjagen, was unter anderem durch starke Partnerschaften mit IBM und Hewlett-Packard sowie im Vergleich zu Red Hat aggressive Preise erreicht werden soll. SLES 9 ist außerdem erheblich leistungsfähiger als die auf dem United-Linux-Kerneltweak basierende Vorgängerversion 8 und zeitgleich für eine Vielzahl von Prozessorarchitekturen erhältlich.

Novell-Chef Jack Messman warf gestern in San Francisco insbesondere die 6000-köpfige Belegschaft seiner Firma mit ihrer großen Support- und Schulungsorganisation in die Waagschale. Red Hat beschäftigt zum Vergleich nur rund 700 Mitarbeiter weltweit und hat auch ein Viertel weniger Geld auf der Bank. Messman betonte außerdem, dass Hunderte von Novell-Programmierern an zentralen Open-Source-Projekten - Linux-Kernel, Project Mono, Reiser-Dateisystem, GNOME und KDE, Mozilla etc. - mitwirkten - was implizieren sollte, dass Novell nach den Übernahmen von Suse und Ximian inzwischen mehr Open-Source-Meriten vorweisen könne als Red Hat. Ob das die Linux-Käufer wirklich interessiert, bleibt abzuwarten - ihnen geht es um Leistung und Preis, und mit seinen Preiserhöhungen im vergangenen Jahr für Maintenance und Support hat Red Hat jedenfalls für Novell die Tür weiter geöffnet.

Kernel 2.6 bringt zahlreiche Verbesserungen

SLES 9 unterstützt die Native POSIX Thread Library, ein Schlüssel-Feature von Linux 2.6, das vor allem die Leistung von Applikationen mit mehreren Threads - etwa Datenbanken - erhöht. Der Kernel 2.6 skaliert außerdem bis zu 32 Prozessoren (er wurde sogar schon auf 64 gepusht) und damit deutlich weiter als die für Release 2.4 typischen Acht-Wege-SMP-Konfigurationen (Symmetrical Multiprocessing). Der Support für SMP- und NUMA-Prozessor-Clustering (Non-Uniform Memory Access) wurden deutlich erweitert.

SLES 9 enthält ferner einen neuen Job Scheduler sowie die von Novell und IBM gemeinsam entwickelte Technik "Class-based Kernel Resource Management", die den Betrieb verbessern und die dynamische Zuweisung von Systemressourcen an Jobs im laufenden Betrieb ermöglichen sollen. Ebenfalls neu ist das so genannte Anticipatory File I/O. Dabei legt das I/O-Subsystem eine winzige Pause von etwa einer Millisekunde ein, wenn das von einer Anwendung angeforderte nächste Datenpaket direkt an das zuvor übertragene grenzt. Dadurch steigt der Gesamtdurchsatz, da viele Anwendungen sequentiell lesen.

Auf Dateisystemseite unterstützen SLES 9/Linux 2.6 unter anderem IBMs "JFS", das "XFS" von SGI sowie native Schreibunterstützung für das NTFS von Windows - Kernel 2.4 kann NTFS nur lesen. Überdies kann SLES 9 mit im laufenden Betrieb austauschbarer ("hot-plug") Peripherie umgehen, was bisher bei Linux schmerzlich vermisst wurde. Last, but not least kann bei Linux 2.6 der Kernel auch als User-space Application laufen (auch als User Linux oder Linux-Instanz bezeichnet). Linux kann damit innerhalb eines Kernels in mehreren Kopien laufen, eine Art virtuelle Partitionierung.

JBoss inklusive, TPC-C-Rekord beim Preis-Leistungs-Verhältnis

Neben dem neuen Linux-Kernel enthält SLES 9 auch die quelloffene C#- und Common-Language-Runtime-Implementierung Mono sowie Intels neue Linux-Compiler als Teil des Software Development Kit (SDK). Novell hat außerdem eine Partnerschaft mit dem quelloffenen Application-Server-Projekt JBoss getroffen. Dessen Software, seit kurzem J2EE-1.4-zertifiziert, wird mit SLES ausgeliefert, und Novell übernimmt dafür (gegen Aufpreis) auch den Support auf den Levels 1,2 und 3. Der JBoss-Server wird mittelfristig auch in Novells "exteNd" Einzug halten und soll dort ab Ende 2005 den bisherigen hauseigenen Application Server verdrängen. Dieser wird zwar weiter supportet (wie auch andere Produkte von Drittanbietern), aber nicht mehr erneuert.

Einen Weltrekord vermeldete Novell bereits für SLES 9 im TPC-C-Benchmark - allerdings nicht in puncto Leistung, sondern beim Preis-Leistungs-Verhältnis: Ein "Proliant ML 350T03" von Hewlett-Packard mit 3,06 Gigahertz schnellen Xeon-Prozessoren mit 512 KB L2-Cache, IBM DB2 UDB Express und SLES 9 erreichte 18.661 tmpC und dabei einen Preis-Performance-Wert von 1,61 Dollar pro tpmC.

Künftig drei unterschiedliche Preis- und Leistungsklassen

Bei SLES 8 bot Suse eine Unternehmensversion und eine abgespeckte "Standard Edition" für Kunden an, die das Betriebssystem nur auf kleinen Server betreiben wollten. Mit SLES 9 führt Novell drei verschiedene Kategorien ein. Die Einstiegsvariante unterstützt 32- und 64-Bit-erweiterte Pentium-4 und Xeon-Prozessoren von Intel sowie AMDs Opteron. Hier kostet die Einstiegslizenz 349 Dollar für eine Zwei-Wege-Maschine und 899 Dollar für vier bis 16 Prozessoren. Wer über 16 Wege hinweg skalieren will, kann Erweiterungspakete für je acht CPUs à 579 Dollar zukaufen. Die Maintenance-Kosten nach dem ersten Jahr sind gleich teuer wie die Einstiegslizenzen.

Mit der mittleren Kategorie deckt Novell Intels Itanium und IBMs Power-Prozessoren ab. Hier kostet die Einstiegslizenz für einen Dualprozessor-Server 689 Dollar, für vier bis 16 Wege werden 1299 Dollar. Darüber hinaus reichende Zusatzpakete für jeweils weitere acht CPUs schlagen mit 799 Dollar zu Buche. Am teuersten ist SLES 9 für System/390- und zSeries-Mainframes. Für Multiprise- und G5-Maschinen sind 5999 Dollar pro Engine fällig, beim G6, z800 oder z890 kostet die Lizenz 11.999 Dollar pro Engine und Jahr, und für die Highend-Großrechner z900 und z990 schließlich muss man 13.999 Dollar berappen. Für alle unterstützten Plattformen bietet Novell einen kostenlosen 30-Tage-Test inklusive Support an. (tc)