Schlüsselzahlen zumutbar

Supersorgfalt nicht erforderlich

25.04.1975

BERLIN - Wer Geld per EDV bekommt, beispielsweise Gehalt oder Rente, muß die Abrechnungen nicht sorgfältiger prüfen als ein anderer, dem die Märker in bar hingeblättert werden. Das hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Vorgeschichte: Der Freistaat Bayern hatte einem Bediensteten 360 Mark zuviel bezahlt. Der Streit ging bis nach Berlin, weil die Bayern wissen wollten, ob man bei Überzahlungen strengere Maßstäbe anlegen und vom Empfänger mehr Sorgfalt verlangen kann, wenn die Auszahlung über EDV-Anlagen bearbeitet wurde. Sie argumentierten damit, daß ein Eingabefehler nach Häufigkeit und Höhe besonders schwerwiegende finanzielle Folgen haben könne - deswegen sei man der Ansicht, daß die Bediensteten, die zuviel Geld bekommen haben, bei der Überprüfung ihrer Abrechnungen nicht nur für schwere, sondern auch für leichte Fahrlässigkeiten einzustehen hätten. Die Bundesverwaltungsrichter sagten "nein". Sowohl die Empfänger von Versorgungsbezügen als auch die noch im Dienst stehenden Besoldungsempfänger seien gleichzustellen. Von beiden könne man zwar verlangen, Schlüsselzahlen anhand der beigefügten Erläuterungen zu entschlüsseln. Man dürfe aber vom Empfänger des Geldes beziehungsweise Zahlungsbescheides kein besonderes EDV-Fachwisen verlangen, sondern müsse als Maßstab das "Begriffs- und Erkenntnissvermögen des durchschnittlichen Besoldungs- oder Versorgungsempfängers" nehmen.

"Die Erwägung, daß ein einziger Eingabefehler bei der Abwicklung von Abrechnungen über EDV-Anlagen nach Streuung und Höhe finanziell äußerst folgenschwer sein kann, mag allenfalls zu erhöhten Pflichten für die an den EDV-Anlagen Tätigen, nicht aber zu einer veschärften Haftung der Zahungsempfänger führen. Die aus der Automatisierung sich ergebenden Gefahren können bei unveränderter Gesetzeslage nicht dem Zahlungsempfänger aufgebürdet werden", sagten die Richter.

Erneutes Fazit aus der Rechtsprechung: die Verwendung von Computern gilt allenfalls als faule Ausrede - nicht als Argument in Streitfällen.