Hightech-Segment bereitet Experten Kopfzerbrechen

Superbörse IX ist doch noch nicht in trockenen Tüchern

26.05.2000
MÜNCHEN (CW) - Als Ende April die Fusionspläne von Deutscher Börse AG und London Stock Ex-change bekannt wurden, traf das Vorhaben zunächst auf breite Zustimmung. Knapp vier Wochen später mehren sich besorgte Stimmen auf beiden Seiten des Kanals.

Vordergründig scheinen es vor allem nationale Eitelkeiten zu sein, die die Kritik an der europäischen Superbörse "IX" laut werden lassen. Frankfurter wie Londoner Experten gleichermaßen sehen die Stärke ihres jeweiligen Finanzplatzes bedroht. Die ersten offiziellen Stellungnahmen der Fusionswilligen Anfang Mai sahen vor, künftig Standardwerte in London und Hightech- oder so genannte Wachstumswerte - gemeinsam mit denen der New Yorker Nasdaq - in Frankfurt zu handeln. Die Headquarters beider Börsen sollten jedoch in London liegen, lediglich der Zulassungsausschuss des Neuen Marktes bleibe am Main. Ein Umstand, der sowohl das hessische Wirtschaftministerium als auch die zustimmungspflichtigen Aufsichtsratsmitglieder der Deutsche Börse AG alarmierte. Alfred Möckel, Vorstandsmitglied der BHF-Bank und Aufsichtsrat der Deutschen Börse, forderte, entgegen den bisherigen Planungen auch Vorstand und Marketing des Wachstumssegments in Frankfurt anzusiedeln, da sonst ein Sog in Richtung London zu befürchten sei. In die gleiche Bresche schlug auch der für die Börsenaufsicht zuständige hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch. Außerdem sei unklar, ob etwa deutsche Anleger mit erhöhten Kosten zu rechnen haben oder der Handel künftig mit einem Wechselkursrisiko behaftet sein wird.

Auch in Großbritannien trifft die Fusion nicht nur auf Zustimmung. Das Zusammengehen der Börsen diene im Wesentlichen den Interessen einiger US-Großbanken und schwäche den Finanzplatz London, hieß es. Durch die Abwanderung der Wachstumswerte nach Frankfurt befürchten die Insulaner, auf Werten der Old Economy sitzenzubleiben und so ins Hintertreffen zu geraten.