Neuer Geschäftsbereich von Sun kooperiert mit Microsoft

Sunselect agiert als Bindeglied zwischen Sparc- und Intel-Welt

08.05.1992

MÜNCHEN (CW) - Die Entscheidung von Sun Microsystems, mit dem Unix-Betriebssystem Solaris in den PC-Markt einzusteigen, hat auch organisatorische Folgen. So wurde jetzt unter der Bezeichnung "Sunselect" ein Geschäftsbereich geschaffen, dessen Aufgabe es ist, PC- und Workstation-Umgebungen zu integrieren. Zu diesem Zweck hat sich Sunselect zudem die Hilfe von Microsoft gesichert.

Das neugegründete Profitcenter operiert von Billerica, Massachusetts, aus und wird von Carl Ledbetter geleitet, der bisher Vice-President bei Sun Microsystems war und davor für den Bereich Supercomputer bei der Control Data Corp. leitete. Nun will er Produkte anbieten, mit deren Hilfe auf ein und demselben Rechner sowohl die Funktionen der Intel- als auch der Sparc-Systeme zur Verfügung stehen sollen.

Gegenüber dem britischen Branchendienst "Computergram" beschreibt Ledbetter seine neue Augabe als "Sun-Häresie". Der Grund: Sunselect müsse, so "Computergram" mit dem "Klassenfeind Microsoft fraternisieren". Die Absicht, PC- und Sparc-Welt zu verbinden, habe zur Folge, daß die Sun-Tochter zum Independent Software Vendor (ISV) und OEM für Microsoft werde. Selbst ein Abkommen mit dem PC-Softwarehaus über eine bevorzugte Belieferung mit Windows-NT wurde inzwischen abgeschlossen.

Nach den Vorstellungen des Sun-Managements sollen PC-Anwender aus der Workstation-Welt die Möglichkeiten erhalten, heterogene Netze und das Remote-File-Sharing einzusetzen sowie das Client-Server-Konzept zu übernehmen. Umgekehrt werden Produkte vermarktet, mit denen die breite Palette der Desktop-Anwendungen auf den Sparc-Systemen zugänglich wird. Dabei handelt es sich sich sowohl um PC-Applikationen, die unter Unix langen als auch um solche unter DOS und Unix.

Die Realisierung dieses Konzepts geht Sunselect mit drei Produktgruppen an. "Netware Sunlink" sorgt dafür, daß Sparcbasierte Netzserver mit den Netware-LANs von Novell zusammenarbeiten können.

Mit Hilfe des Dateisystems "PC-NFS" sollen PC-Anwender auf die Unix-Umgebungen verschiedener Hersteller zugreifen. Das Produkt unterstützt sowohl MS-DOS, 5.0, sowie Windows 3.1. Bereits von Sunselect ausgeliefert werden die unter der Bezeichung "Sun PC" zusammengefaßten PC-Emulatoren.

Unter der Sun-PC-Software laufen laut Hersteller MS-DOS- und Windows-Anwendungen auf Sparc-Rechnern mit einer vergleichbaren Leistung wie auf PCs mit 386er oder 486er Intel-Chip. Für höhere Leistungsansprüche bietet der Geschäftsbereich zusätzlich die Einsteckkarten Sun PC Accelerator DX und Accelerator SX an.

Nicht nur Sunselect arbeitet inzwischen mit Microsoft zusammen. Auch das Betriebssystem-Unternehmen Sunsoft will Microsofts Windows auf seinem sowohl auf Sparc- als auch auf Intel-Rechnern laufenden Unix-Betriebssystem Solaris 2 unterstützen. Nach Aussagen von Sunsoft-Chef Ed Zander wurde jedoch noch nicht entschieden, ob dafür eigene Mitarbeiter abgestellt oder Drittanbieter damit beauftragt werden.