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Suns neues Linux ist ein alter (roter) Hut

19.08.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Sun Microsystems besteht darauf, dass es eigene Erweiterungen für das Open-Source-Betriebssystem Linux entwickeln will. Zuvor allerdings musste das Unternehmen einräumen, dass sein in der vergangenen Woche vorgestelltes "Sun Linux 5.0" praktisch identisch mit Red Hat Linux ist. Suns eigene Entwicklerressourcen bezeichnen Sun Linux als "hoch kompatibel mit Red Hat Linux 7.2" und nennen als Unterschiede zwischen beiden Distributionen unterschiedliche RPM Package Manager und Installer-Funktionen.

"Generell kann man sagen, dass wir die Red-Hat-Distribution genommen und für Sun-Kunden optimiert haben", erklärte Volume Products Business Manager Simon Tindall gegenüber "Computerwire". Er gab außerdem an, Sun habe Gerätetreiber hinzugefügt und Sicherheitsmechanismen verändert, um möglichst hohe Kompatibilität zum neuen Server "LX 50" sicher zu stellen.

Der "LX 50" ist Suns erster General-Purpose-Server mit Linux.
Der "LX 50" ist Suns erster General-Purpose-Server mit Linux.

Linux wird bekanntlich unter der GNU General Public License (GPL) veröffentlicht, und Sun kann deswegen wie jeder andere auch bestehende Distributionen unter eigenem Namen verbreiten, so lange Modifikationen ebenfalls unter der GPL zugänglich gemacht werden. "Die Frage für Sun ist: Wie werden sie Red Hat Linux weiterentwickeln, wenn sie ihre Linux-Aktivitäten ausweiten?", fragt sich Scott Harrison, bei Red Hat Director Northern Europe. "Das geht voll daneben. Die Anwender sind an Suns Linux gekettet, weil dieses nur für Sun-Hardware zertifiziert ist."

Tindall widersprach und kündigte an, Sun werde sein Linux selbst weiterentwickeln und um Solaris-Features ergänzen. "Wir wollen den größtmöglichen Grad an Kompatibilität zwischen Solaris und Linux erreichen", so der Sun-Manager. "Wir werden regelmäßig Releases von Sun Linux herausbringen, die nicht von anderen Linux-Versionen abhängen. Ziel ist es, das Beste aus der Open-Source-Welt zu übernehmen und einzubauen, und das was gut ist aus Solaris zu ziehen, einzubauen und die Quellen dafür soweit wie möglich offenzulegen."

Für eine eigene Distribution sprechen Tindall zufolge vor allem zwei Gründe: "Die generellen Ziele von Sun Linux sind zwei. Wir können zum einen die Distribution kontrollieren und Sun-seitig Support dafür bieten. Gleichzeitig können wir die Migrationsrate kontrollieren und sicher sein, dass wir die zertifizierte Distribution, die mit festen Release Dates erscheinen wird, supporten, sodass Anwender nicht auf die neueste Versionen gezwungen werden."

Sun Linux wird zwar auch zum Download bereit gestellt, Support gewährt der Hersteller aber nur für Versionen, die auf dem hauseigenen LX 50 installiert sind. Dass die Distribution stark auf Red Hat basiert, führt Scott McNealys jüngst geäußerte Kritik am kalifornischen Distributor ein wenig ad absurdum. "Wir müssen die Welt zur LSB-Kompatibilität zwingen, nicht zur Red-Hat- oder IBM-Kompatibilität", hatte der CEO (Chief Executive Officer) erklärt, als er Suns Unterstützung für die Linux Standard Base ankündigte (Computerwoche online berichtete). Red Hat gehört neben Suse Linux und Mandrakesoft zu den drei Herstellern, deren Linux-Distribution bereits der aktuellen LSB-Version 1.2 entspricht (Computerwoche online berichtete). (tc)