Ultrasparc-III-Prozessoren nach Verspätungen fertiggestellt

Suns Midframe-Server fordern IBM heraus

30.03.2001
MÜNCHEN (wh) - Sun Microsystems hat sich eine neue Server-Klasse ausgedacht: Mit den "Midframes" auf Basis der verspätet fertig gewordenen Ultrasparc-III-CPUs verspricht die McNealy-Company Mainframe-Fähigkeiten zum Preis herkömmlicher Midrange-Server.

"Wir haben die Klasse der Midrange-Server neu definiert", rührte Greg Papadopoulos, Suns Chief Technology Officer, die Werbetrommel. Die Midframe-Server kombinierten Eigenschaften klassischer Großrechner wie Stabilität, Leistung und hohe Verfügbarkeit mit den Vorteilen "offener" Unix-Systeme.

Die unter dem Codenamen "Serengeti" gehandelten Unix-Server waren in der Branche lange erwartet worden. Nach mehrfachen Verzögerungen in der Entwicklung der Ultrasparc-III-Prozessoren war es Ende letzten Jahres zu Lieferschwierigkeiten bei einigen neuen Rechnern gekommen. Diese waren bis vor wenigen Wochen noch nicht vollständig behoben. Steve Campbell, verantwortlich für das Produkt-Marketing von Suns Enterprise Systems, räumte gegenüber der COMPUTERWOCHE Lieferprobleme ein. Diese hätten aber ausschließlich Lowend-Systeme betroffen und seien inzwischen behoben.

Der vier neuen Server-Modelle der Baureihe "Sun Fire" sind mit Funktionen ausgerüstet, die bislang nur in der Mainframe-Welt oder in den herstellereigenen Highend-Servern "Enterprise 10000" üblich waren.

Dazu zählen etwa vollständig redundant ausgelegte Systemkomponenten wie Daten- und Hauptspeicherpfade, Controller, Netzteile und Ventilatoren. Selbst der elektronische Taktgeber ist doppelt vorhanden. Schlüsselkomponenten wie Prozessoren oder Hauptspeichermodule lassen sich bei laufendem Betrieb austauschen.

Ein Kernstück der Server ist das ebenfalls redundant ausgelegte Backplane-System, das die internen Verbindungen der Maschinen steuert. Mit dem überarbeiteten Systemdesign auf Basis einer Crossbar-Architektur soll das "Sun Fireplane Interconnect" einen kontinuierlichen Datendurchsatz von 9,6 GB/s ermöglichen - nach Angaben der Sun-Marketiers 50 Prozent mehr als IBMs stärkste AIX-Server.

Wichtiger als der Datendurchsatz dürften Unternehmen die Funktionen für eine dynamischen Partitionierung sein, die das Backplane ermöglicht. Die Server lassen sich damit in mehrere voneinander unabhängige Domains aufteilen. Administratoren können die Größe dieser Partitionen bei laufendem Betrieb verändern. Alle neuen Server-Modelle sind mit Suns Unix-Derivat "Solaris 8" ausgestattet.

Im Einzelnen präsentierte die McNealy-Company die Sun-Fire-Modelle "3800" (acht CPUs) "4800" (zwölf CPUs), "4810" (zwölf CPUs) und "6800" (24 CPUs). Je nach Modell und Konfiguration sollen die Maschinen als Web-Hosts, Applikations- oder Datenbank-Server Abnehmer finden. Die Preise reichen von zirka 75 000 Dollar für ein Zwei-Wege-System bis zu über einer Million Dollar für einen voll ausgebauten Server mit 24 Prozessoren.

Sun führt insbesondere ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis als Verkaufsargument ins Feld: Eine Sun-Fire-Maschine mit 192 GB Hauptspeicher etwa biete eine Verarbeitungsleistung von maximal 1950 Großrechner-MIPS (Million Instructions per Second) bei Kosten von knapp 790 Dollar pro MIPS. IBM veranschlage für seine Großrechner "zServer" bei vergleichbarer Leistung mit 1800 Dollar pro MIPS deutlich mehr.

Kritik an den Ankündigungen der Kalifornier übte Tony Iams vom US-Marktforschungsunternehmen D.H. Brown Associates: "Wenn all das gleich verfügbar wäre, hätte Sun in der Tat viele der Features als erster Hersteller." Etliche wichtige Merkmale wie dynamische Partitionierung oder die Hot-Swap-Fähigkeiten seien aber erst ab Ende des Jahres erhältlich. Suns Vice President Shanin Khan bestätigte, große Teile der angekündigten Funktionen würden über inkrementelle Updates nachgeliefert.

Sun kämpft mit VerspätungenSun hat seine Kunden im Zuge der Ankündigung von Rechnern mit Ultrasparc-III-Prozessoren schon einige Male verärgert. Auch die neuen Midrange-Systeme haben sich um etliche Monate verspätet.

Die Vorgängermodelle "Enterprise Server 3500", "4500" und "6500" belässt der Hersteller vorsichtshalber im Portfolio. Auch die Roadmap für den älteren Ultrasparc-II-Prozessor soll weitergeführt werden. Laut Sun-Manager John Lociacono wolle man den vielen Kunden, die Solaris 2.6 und 2.7 einsetzen, eine weitere Perspektive bieten - die neue Midframe-Generation arbeitet nur mit Solaris 8.

Abb: Server-Markt weltweit

IBM war auch im vergangenen Jahr der größte Server-Hersteller der Welt. Im Unix-Segment aber führt Sun. Quelle: Gartner Dataquest