"Die Leute besuchen unsere Website und laden die Software wie verrückt", so McNealy in der vergangenen Woche auf dem europäischen IT-Forum des Marktforschungsunternehmens International Data Corp. (IDC). Der CEO von Sun, dessen Gesicht den Kongreßbesuchern auf fünf riesigen Leinwänden live aus Kalifornien entgegenstrahlte, bezeichnete die freie Abgabe von Software als ein Modell für die Zukunft: "Ich kann mich nicht daran erinnern, daß in den letzten Jahren eine aussichtsreiche Startup-Company im Silicon Valley den Markt mit Lösungen aus der Schachtel betrat."
Frank Gens, Senior Vice-President bei IDC, bezeichnete McNealys Standpunkt zwar als "interessant", wollte sich jedoch nicht vorbehaltlos anschließen. Er denke, daß es in den nächsten Jahren weiterhin einen Markt für Enterprise-Software aus der Box geben werde. Die Sun-Strategie stellt sich für den Analysten so dar: "In der Vergangenheit hat Microsoft versucht, anderen Firmen mit frei erhältlicher Software die Luft abzudrehen. Sun hat nun den Spieß umgedreht."
Auch Microsofts Europa-Chef Bernard Vergnes teilte McNealys Ansichten verständlicherweise nicht. "Anwender wollen ein verläßliches Produkt, einen Upgrade-Pfad und Support." Diese Anforderungen könnten kostenlos erhältliche Lösungen nicht erfüllen, so Vergnes. Analyst Gens prognostizierte, daß nicht viele Unternehmen von Microsofts "Office"-Paket auf Suns "Star Office" umsteigen würden. Bei Privatanwendern könne sich Gens jedoch vorstellen, daß die Umsätze des Softwareriesen mit Büropaketen sinken werden.