Java-Frameworks Eclipse und Netbeans

Sun und IBM rivalisieren um Tool-Standard

19.04.2002
MÜNCHEN (CW) - Die beiden großen Hersteller des Java-Lagers versuchen, mit rivalisierenden Open-Source-Frameworks einen Standard bei integrierten Entwicklungsumgebungen für Java zu setzen. Bemühungen, die beiden Initiativen zusammenzuführen, scheiterten bisher. Unbeeindruckt davon kündigten kleinere Anbieter auf der Java One eine Reihe von Java-Werkzeugen an.

Sun Microsystems und IBM riefen jeweils eigene Open-Source-Projekte ins Leben, die beide auf Code von hauseigenen Java-Tools beruhten. Sun öffnete bereits 1999 die Quellen der integrierten Entwicklungsumgebung (IDE) "Netbeans", die die Unix-Company von der gleichnamigen tschechischen Firma übernommen hatte. Erst Ende letzten Jahres zog die IBM mit der Freigabe des "Websphere Studio Workbench" nach.

Beide Werkzeuge verfolgen den Ansatz, allgemeine Funktionen einer IDE über ein Framework anzubieten. Dazu zählen etwa die Projektverwaltung, Systeme zur Versionskontrolle oder Schnittstellen für Debugger. Drittanbieter können dann mit Hilfe von Plugins neue Features hinzufügen. Auf diese Weise lassen sich etwa Editoren für bestimmte Programmiersprachen oder Modellier-Tools in die IDE einhängen. Dieses Verfahren bewerben Hersteller damit, dass die Werkzeuge besser aufeinander abgestimmt werden können. Sie folgen somit nicht nur in der Bedienung einem einheitlichen Konzept, sondern können auch miteinander kommunizieren. So bringt etwa das "Extended Development Environment" (XDE) von Rational, ein Designwerkzeug für Eclipse und Microsofts "Visual Studio .NET", Modell und Code enger zusammen. Zwischen beiden findet ein dynamischer Abgleich statt, so dass Änderungen in den Programmquellen sofort in den UML-Diagrammen sichtbar werden - und umgekehrt.

Die mit einem solchen Framework einhergehende Konsolidierung im Tools-Markt obliegt typischerweise großen Herstellern. Während Microsoft auf seiner eigenen Plattform die Verhältnisse diesbezüglich klargestellt hat, ringen die zwei wichtigsten Java-Companys noch um eine Einigung. Zwar weisen Vertreter beider Firmen darauf hin, dass sich rund um Java ein Markt etabliert habe, der Anwendern reichhaltige Auswahl bietet. Dennoch scheint Sun und IBM angesichts der Konkurrenz aus Redmond eine Zersplitterung des Marktes für Java-Tools nicht wünschenswert.

Sun schlug deshalb der IBM vor, beide Open-Source-Projekte zusammenzuführen. Laut Simon Phipps, Chief Technology Evangelist bei Sun, lehnte Big Blue dieses Ansinnen bisher ab. Offenbar fühlt sich Sun angesichts der zahlreichen Unterstützungserklärungen von Drittanbietern für Eclipse in der schwächeren Position. So lässt sich wohl das Vorhaben des Netbeans-Teams erklären, zukünftig das Plugin-API von Eclipse zusätzlich zu unterstützen. Auf diese Weise könnten Module für das IBM-Framework auch in Suns IDE genutzt werden.

Standard Widget Toolkit sorgt für UnstimmigkeitenWährend sich für Plugins auf diese Weise eine Lösung abzeichnet, bietet das von IBM mit Eclipse ausgelieferte "Standard Widget Toolkit" Anlass für Unstimmigkeiten. Entgegen seiner Bezeichnung handelt es sich bei diesen Bausteinen für die GUI-Entwicklung nämlich um keinen Standard, sondern um eine proprietäre IBM-Lösung. Java bietet nämlich für diesen Zweck das Abstract Windowing Toolkit (AWT) plus die "Swing"-Klassen. Diese finden entsprechend auch bei Netbeans Verwendung.

Unbeeindruckt von dieser Auseinandersetzung um einen Tools-Standard für Java kündigten beide Hersteller anlässlich der Java One neue Produkte auf Basis ihrer Frameworks an. Sun gab die Version 4 von "Forte for Java" als Early-Access-Version frei. Diese basiert auf Netbeans 3.3.1 und liegt erstmals auch in einer "Mobile Edition" vor. Sie unterstützt die Programmierung von Anwendungen für die Java 2 Micro Edition (J2ME). Zu ihr gehören Emulatoren für diverse Mobilgeräte, ebenso wie die "Community Edition" kann sie von Suns Website heruntergeladen werden.

Entwicklungswerkzeuge für Web-ServicesLizenzkosten fallen nur für die "Enterprise Edition" an, der die Erstellung von Enterprise Javabeans (EJBs) vorbehalten bleibt. Daneben demonstrierte Sun auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz zwei Plugins für Netbeans. Unter der Bezeichnung "Ace" führte die Unix-Company ein Modellierwerkzeug vor und zeigte zudem ein Web-Service-Tool. Letzteres generiert automatisch WSDL-Dateien für EJBs oder kann umgekehrt aufgrund dieser Interface-Definition einen Soap-Client-Proxy erzeugen.

Auch die IBM stellte für die "Websphere Integration Edition" ein ähnliches Drag-and-Drop-Tool für die Entwicklung von Web-Services vor. Daneben kündigten andere Anbieter neue Tools für Java an. So adaptierte Borland, mit dem "Jbuilder" Marktführer bei Java-IDEs, das von Redine zugekaufte Profiling-Werkzeug "Optimizeit" für die hauseigene Entwicklungsumgebung.

Editor zur Bearbeitung von XML-DokumentenOracle gab ein Portal Development Kit für seinen "9i Application Server" frei. Dieses kann kostenlos von der Website des Datenbankherstellers heruntergeladen werden. Togethersoft zeigte die Version 6 von "Control Center", einem Tool zum Design und zur Verwaltung komplexer Anwendungen. Zu den Neuerungen zählen ein GUI-Builder, ein verbesserter Editor, mit dem sich auch XML-Dokumente bearbeiten lassen, sowie Unterstützung für die Java 2 Enterprise Edition (J2EE) 1.3. (ws)

Java-Entwicklung für SoftwarearchitektenMÜNCHEN (as) - Noch rätseln Marktbeobachter, wie Bea Systems die neue Entwicklungsumgebung "Weblogic Workshop" im Markt gegenüber herkömmlichen Java-Programmierwerkzeugen positionieren will. Laut David Intersimone, Vice President Developer Relations bei Borland, ist jedoch schon klar, dass Workshop nicht mit integrierten Entwicklungsumgebungen wie "Jbuilder" konkurriert. Gegenüber der COMPUTERWOCHE sagte der Manager, dass Workshop sich weder für Java-System-Entwickler eigne, die Enterprise Javabeans oder GUI-Clients erstellen müssen, noch für Web-Entwickler, die sich mit HTTP, HTML, Servlets, JSP und dergleichen beschäftigen und dafür auf Tools wie Dreamweaver setzen würden.

Vielmehr, so Intersimone, adressieren Produkte wie Workshop, die "Business Web Factory" von Bowstreet oder "MS Biztalk" die kleine, aber einflussreiche Anwendergruppe der Systemarchitekten und Systemanalysten. Sie sollen mit Hilfe solcher Werkzeuge vorgefertigte Web-Services und Komponenten zu Geschäftsprozessen "orchestrieren" können, ohne profunde Kenntnisse der einzelnen Spezifikationen haben zu müssen: "Workshop allein ist nicht genug, um Enterprise-Java-Anwendungen zu entwickeln." Dafür brauche man zusätzlich eine IDE wie Jbuilder, die den Input liefert. Außerdem, so verriet Intersimone erstmals, soll Jbuilder wahrscheinlich schon im nächsten Jahr Arbeitsumgebungen (Views) erhalten, die speziell für Designer, Architekten oder Entwickler ausgelegt sind. "Kunden wollen eine Entwicklungsumgebung für alles", so der Borland-Evangelist.