COO Jonathan Schwartz kokettiert mit möglicher Übernahme von Novell

Sun sucht Wege aus der Krise

06.08.2004

"Wir sind eines der bestfinanzierten Unternehmen", gibt sich Schwartz selbstbewusst. Der neue starke Mann hinter Firmenchef Scott McNealy pocht auf Barmittel in Höhe von 7,6 Milliarden Dollar. Man habe sich eine Reihe von möglichen Übernahmeobjekten angesehen, um das eigene Softwaregeschäft und seine Position gegenüber IBM und der Linux-Company Red Hat zu stärken.

An Novell interessiert Schwartz in erster Linie Suse und deren Linux-Distribution. Das Nürnberger Unternehmen war im vergangenen Jahr für 210 Millionen Dollar von den Netzwerkern gekauft worden. Der Sun-Manager geht davon aus, dass IBM künftig verstärkt auf die Suse-Distribution setzen werde, da Red Hat mit seinen Softwareangeboten zunehmend in Konkurrenz mit IBM trete. Würde Sun in Zukunft Novell kontrollieren, ließen sich damit die Pläne von IBM durchkreuzen, taktiert Schwartz. "Vielleicht ist es an der Zeit, die Schlinge zuzuziehen."

Branchenbeobachter werten indes die Äußerungen als bloßes taktisches Störfeuer gegen die Konkurrenz. Sun hätte seine Linux-Ambitionen wesentlich günstiger befriedigen können, als Suse im vergangenen Jahr zum Verkauf stand. Schwartz berichtet, Sun habe damals mit einer eigenen Offerte den Preis für Suse in die Höhe getrieben. Ernste Kaufabsichten steckten aber offenbar nicht dahinter. Der CEO räumt ein, dass es aktuell noch keine konkreten Gespräche gegeben habe. Vertreter von Novell und Suse wollten die Spekulationen bislang nicht kommentieren. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 2,6 Milliarden Dollar wäre Novell sicher kein Schnäppchen.

Der finanzielle Aspekt ist trotz Suns Barreserven nicht zu unterschätzen. Zwar hat der Server-Spezialist im zurückliegenden Quartal erstmals wieder den Umsatz steigern können und schwarze Zahlen geschrieben. Der Gewinn resultiert jedoch allein aus den Zahlungen, die Sun wegen der Beilegung von Rechtsstreitigkeiten vom ehemaligen Erzrivalen Microsoft erhält. Ohne die Finanzspritze hätte das Unternehmen einen Fehlbetrag von 169 Millionen Dollar verbuchen müssen.

Marcel Schneider, der neue Deutschland-Chef von Sun, gewinnt dem Ergebnis dennoch positive Aspekte ab. So sei der Verlust geringer ausgefallen als in den vorausgegangenen Quartalen. Allerdings, so räumt der ehemalige Dell-Manager ein, müsse Sun auch in Zukunft intensiv am Thema Profitabilität arbeiten.

Um die Geschäfte wieder anzukurbeln, will Schneider den Kunden dabei helfen, die wachsende Komplexität ihrer IT-Landschaften in den Griff zu bekommen. Dies sei neben der Sicherheit und der schnellen Umsetzung von neuen Geschäftsanforderungen eines der Kernprobleme für viele Kunden. Während Konkurrenten wie IBM und Hewlett-Packard die Komplexität lediglich verwalteten, wolle Sun versuchen, sie zu reduzieren.

Dazu werde sich der Server-Spezialist von der reinen Technikorientierung der Vergangenheit lösen, kündigte Schneider an: "Technologie ist zwar gut und wichtig, doch die Kunden interessiert das eigentlich nicht." Daher soll der Vertrieb neu nach Lösungstypen ausgerichtet werden.

Ob Schneider seine hoch gesteckten Ziele erreichen kann, bleibt abzuwarten. Der IT-Anbieter steht jedenfalls weiterhin stark unter Druck. Nachdem im Rahmen des konzernweiten Stellenabbaus zuletzt auch in Deutschland 68 Mitarbeiter ihren Hut nehmen mussten, sind laut Insider-Berichten weitere Entlassungen zu erwarten. Die Rede ist von bis zu 70 Stellen, die in Deutschland dem Rotstift zum Opfer fallen könnten. (ba)