Neue Produkte und Technologien

Sun sieht Java weiter auf Erfolgskurs

07.05.1999
MÜNCHEN (ws) - Auf dem diesjährigen Java Enterprise Solutions Symposium (Jess) in Paris bewarb Sun Java als eine Schlüsseltechnik für netzbasierte Dienstleistungen. Marktstudien, Erweiterungen der Java-Plattform aus eigenem Hause sowie neue Produkte von Drittherstellern sollten diesen Anspruch untermauern.

Der kürzlich zum President von Sun Microsystems ernannte Ed Zander legte erneut die Vision seiner Firma dar, wonach isolierte LANs und Intranets mit dem Internet zu einem übergreifenden Servicenetzwerk verschmelzen werden. Die Ansicht von Skeptikern, daß bis dahin noch viel Zeit vergehen werde, versuchte der Sun-Manager mit dem Hinweis auf die rasche Zunahme von Bandbreiten zu entkräften. Demnach verdopple sich die Übertragungskapazität von Netzwerken alle vier bis sechs Monate, während eine derartige Leistungszunahme von Prozessoren 18 Monate benötige. Sun will diesem Trend zu netzbasierten Dienstleistungen durch den Service "I-Planet" Rechnung tragen - die gleichnamige Firma wurde von Sun übernommen. Es handelt sich dabei um das Angebot eines Java-basierten, virtuellen Desktops, der Anwendern auf alle Rechner mit Internet-Anbindung folgen kann und der ihnen den Zugriff auf Daten und Programme des Unternehmens erlaubt (siehe CW 17/99, Seite 4).

Diese Nutzung von Java für das Front-end ist nach Einschätzung der Gartner Group allerdings zunehmend untypisch. Eine auf der Jess vom Marktforscher vorgetragene Studie geht zwar davon aus, daß bis 2002 rund 90 Prozent aller Arbeitsplatzrechner und Server über eine Java-Ablaufumgebung verfügen werden. Dennoch investieren Unternehmen vermehrt in die Entwicklung von Java-Programmen, die auf dem Server ablaufen. Im Vergleich zu den anfänglichen Desktop-Applikationen seien diese unternehmenskritisch und komplexer. Server-seitiges Java fungiert vor allem als Integrationsmedium, das Altanwendungen für Intranets und das Internet öffnen kann. Der Analyst Daryl Plummer wagte sich mit seinen Prognosen bis ins Jahr 2004 vor, wo mehr als 60 Prozent der amerikanischen Unternehmen die Sun-Technik für kritische Applikationen nutzen sollen. Zu diesem Zeitpunkt wird Java voraussichtlich neben Visual Basic und C++ eine der drei verbleibenden relevanten Programmsprachen sein.

Mit Java 2 erhebt Sun den Anspruch, nun endgültig eine Plattform für solch anspruchsvolle Zwecke anbieten zu können. Diese Anfang des Jahres freigegebene Version glänze besonders durch Robustheit. Die in der Vergangenheit von Anwendern stets beklagte geringe Ablaufgeschwindigkeit von Java-Programmen betrachten die Sun-Offiziellen ebenfalls als überwunden. Auf der Jess präsentierte die Unix-Company nun endlich die mehrfach angekündigte und immer wieder verschobene Ablaufumgebung "Hotspot". Sie ist in der Lage, Bytecode zur Laufzeit zu analysieren und zu optimieren. Sun reklamiert, daß damit die Performance im Vergleich zu bisherigen Java Virtual Machines um 100 Prozent gesteigert werden konnte. Hotspot 2.0 soll voraussichtlich im dritten Quartal fertiggestellt werden und noch weitere 30 Prozent an Geschwindigkeit bringen.

Entgegen früheren Ankündigungen will die Unix-Company Hotspot nicht als eigenes Produkt verkaufen, sondern bietet die Ablaufumgebung kostenlos auf der eigenen Web-Site zum Herunterladen an. Sie läßt sich nachträglich in Java 2 einbinden. Dennoch wollen nicht alle Java-Partner auch Hotspot in Lizenz nehmen. So stellte IBM erst kürzlich seine eigene optimierte Ablaufumgebung für Windows fertig und will diese auch in Zukunft weiterentwickeln. Dagegen plant Java-Re- bell Hewlett-Packard, Hotspot in sein Unix-Derivat HP-UX zu integrieren.

Eine Reihe von Herstellern konnte anläßlich der Jess bereits Produkte vorführen, die auf Java 2 basieren. Sie spiegeln den Trend zur Java-Nutzung auf dem Server wider, besonders aktiv zeigten sich die Anbieter von Web-fähigen Applikations-Servern. Schon länger auf dem Markt befindliche Produkte wurden auf den Stand von Java 2 gebracht und unterstützen nun Enterprise Javabeans (EJB). Silverstream präsentierte die Version 2.5 seiner gleichnamigen Server-Software, die nach Windows NT und Sun Solaris jetzt auch für HP-UX verfügbar ist. Die aktuelle Ausführung umfaßt Data Connectors zur Anbindung an SAP R/3, Peoplesoft und Lotus Notes. EJB-Unterstützung ist aber erst für die nächste Version geplant. Diese kann Gemstone/J 3.0 heute schon vorweisen, die Software kann zudem mit Java Server Pages (JSP) und Servlets umgehen. Zum Lieferumfang gehört zudem ein Corba-kompatibler ORB sowie ein Object Transaction Monitor.

Sun und der britische Hersteller Prebon Yamane kündigten die Verfügbarkeit des gemeinsam entwickelten Trading-Systems für Finanzdienstleister an. Das slowenische Softwarehaus Novi Forum (http://www.noviforum.si) präsentierte seine in Java geschriebene Suchmaschine "Trident Search Site Server", Digital Information Bank stellte ihre EDI-Entwicklungs-werkzeuge und -Server inklusive XML-Unterstützung vor.

Hände weg von Java 2!

Die Bonner Orbit GmbH, Entwickler der Bundespräsidenten-Site (http://www.bundespraesident.de), rät von der neuesten Java-Version ab. Da sie derzeit nur für Sun Solaris und Windows NT verfügbar ist, beschränke Java 2 die Portabilität von darauf aufbauenden Programmen. Ironischerweise biete sie sogar einen Anreiz für den Einsatz von NT, weil die Ablaufumgebung des Microsoft-Systems erheblich schneller sei. Die Bonner empfehlen, bei der Nutzung der neuen Java-Funktionen bis zum Herbst zu warten. Erst dann sollen auch Ausführungen für andere Plattformen fertiggestellt sein.