Sun setzt alles auf Open Source

07.12.2005
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Support kostet Geld

Unter dem Strich haben sich die Bemühungen für den Server-Spezialisten bislang jedoch kaum ausgezahlt. Zirka 100 Millionen Dollar hat Sun Schwartz zufolge im vergangenen Geschäftsjahr 2005 mit JES verdient. Das ist weniger als ein Prozent vom Gesamtumsatz, der sich auf knapp 11,1 Milliarden Dollar belief. Zusätzliche Einnahmen will der Server-Anbieter künftig mit Support und Services einfahren. Demnach könnten Anwender JES zwar uneingeschränkt testen und auch produktiv einsetzen. Wer jedoch Support in Form von Patches und Updates haben möchte, muss dafür zahlen - 140 Dollar pro Mitarbeiter und Jahr für das Gesamtpaket beziehungsweise 50 Dollar pro Mitarbeiter und Jahr für einzelne Suites wie beispielsweise Hochverfügbarkeit, Communication, Identity oder Business Integration. Das entspricht auf den Dollar genau den bisherigen Lizenzkosten.

Kein großer Serviceapparat

Auch für die übrige Sun-Software werde es eine Reihe von Services geben, kündigte Schlabschi an, ohne jedoch weitere Details zu Umfang und Kosten nennen zu können: "Wir werden unsere Angebote konsequent auf Services umstellen." Kunden könnten diese Dienstleistungen entweder direkt über Sun oder über Partner in Anspruch nehmen. Allerdings: "Wir bleiben ein Technologieunternehmen." Es sei ausgeschlossen, dass Sun einen gewaltigen Serviceapparat à la IBM aufbaue. Man werde sich auch künftig auf Kernservices, Dienstleistungen für direkt adressierte Großkunden sowie Services für Partner beschränken. "Das war bisher unser Modell, und das wird sich auch nicht ändern."

Damit stellt sich für die Analysten von Ovum jedoch die Frage, wie sich die Strategie für Sun auszahlen soll. Die Open-Source-Initiative sei zwar ein mutiger Schritt und passe auch in den Trend, wie sich der Markt generell entwickle. Sun sei jedoch schon in der Vergangenheit den Beweis schuldig geblieben, wie mit Software Geld zu verdienen sei.

Software-Deals

Wie IBM hat auch Sun in den vergangenen Jahren seine Softwaresparte mit zahlreichen Übernahmen verstärkt:

  • August 2005: Seebeyond (387 Millionen Dollar), Integrationssoftware;

  • August 2005: Storagetek (4,1 Milliarden Dollar), Storage-Systeme;

  • Juni 2005: Procom (52 Millionen Dollar), Speicher-Management;

  • Mai 2005: Tarantella (25 Millionen Dollar), Thin-Client-Software;

  • Januar 2005: Seven Space (48 Millionen Dollar), System-Management;

  • Januar 2004: Nauticus (Preis unbekannt), Switches/ Virtualisierung;

  • Dezember 2003: Waveset (136 Millionen Dollar), Identity-Management;

  • August 2003: Centerrun (65 Millionen Dollar), System-Management.

Viele Projekte versandeten

Die Liste der Fehlschläge ist lang. Initiativen wie Jiro oder Jxta mit dem Ziel, auf Java basierende Plattformen für Speicherumgebungen beziehungsweise mobile Endgeräte zu etablieren, versandeten oder gingen in neuen Vorhaben auf. Das vor rund zwei Jahren mit viel Marketing-Getöse freigegebene Java Desktop System (JDS), mit dem Sun dem einstigen Erzrivalen Microsoft auf Arbeitsplatzrechnern Paroli bieten wollte, wurde im Sommer dieses Jahres eingestampft. Außerdem ist es Sun nie gelungen, Kapital aus seiner Java-Technik zu schlagen. Den Umsatz machten andere Anbieter wie IBM. Mittlerweile übersteigen die jährlichen Einnahmen Big Blues mit Software, die zum größten Teil auf Java beruhen, den gesamten Jahresumsatz von Sun Microsystems deutlich.

In einer Welt, in der Unternehmen immer weniger bereit seien, für Technik Geld auszugeben, müsse sich Sun erst noch beweisen, warnen die Marktforscher von Ovum. Sun kommt jedoch relativ spät in die Gänge. Zwar bemüht sich der Server-Spezialist beispielsweise mit dem "Sun Partner Advantage Program" (Spap), das Ökosystem rund um die eigene Plattform in Schwung zu bringen. Konkurrenten wie Microsoft und IBM pflegen jedoch schon seit Jahren intensiv ihre Partner-Community. Zudem achten Entwicklungspartner auf die Masse, die ein Plattformanbieter im Markt auf die Waage bringt.

Dennoch werde Sun mit seinem "radikalen Schritt" einiges im Markt bewegen, ist sich Shawn Willett, Analyst von Current Analysis, sicher. Seiner Einschätzung zufolge habe Sun durchaus Chancen, mit Services und zusätzlichen Hardwareverkäufen zu reüssieren. Der größte Effekt zeichne sich jedoch im Markt für Integrations- und Portallösungen ab. Hier gebe es bislang keine wirklich relevanten Open-Source-Produkte.