Server-Appliance-Spezialist kostet zwei Milliarden Dollar

Sun schluckt Cobalt Networks

29.09.2000
MÜNCHEN (CW) - Sun Microsystems wird die Firma Cobalt Networks im Rahmen eines Aktientauschs übernehmen. Die Vereinbarungen der Fusion sehen vor, dass jede Cobalt-Stammaktie in eine halbe Sun-Stammaktie umgewandelt wird. Damit liegt der Übernahmepreis bei etwa zwei Milliarden Dollar.

Mit dem Kauf von Cobalt Networks will sich der kalifornische Server-Spezialist stärker im Markt für Server-Appliances engagieren. Die Produkte der in Mountain View ansässigen Firma sollen dabei in erster Linie das Lowend-Segment bedienen. Für Ed Zander, Chief Operating Officer (COO) bei Sun, ergänzen die Cobalt-Produkte das eigene Server-Portfolio, ähnlich wie die von Cray übernommene Starfire-Server-Technik das Highend-Segment stützt.

Bei der Klasse der Server-Appliances handelt es sich um spezialisierte Rechner, die auf bestimmte Aufgaben zugeschnitten sind. Die Spezial-Server können beispielsweise als Web-, File-, Print- oder Cache-Server eingesetzt werden. Vor allem Internet-Service-Provider (ISPs) und Unternehmen, die eine ohne großen Aufwand skalierbare Server-Leistung benötigen, setzen Server-Appliances ein. Vorteil dieser Geräte ist, dass sie sich schnell und einfach in ein bestehendes Firmennetz einbinden lassen. Analysten sagen dem Markt Wachstumsraten von etwa 64 Prozent jährlich voraus. So soll das Geschäftsvolumen den Marktforschern von Dataquest zufolge von 2,2 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr auf 15,8 Milliarden Dollar im Jahr 2003 steigen. Die Analysten von International Data Corp. (IDC) sind nicht ganz so optimistisch. Sie rechnen mit knapp elf Milliarden Dollar im Jahr 2004.

Integrationsfrage ist ungeklärtVon diesem Kuchen will sich die McNealy-Company mit Hilfe der Cobalt-Produkte ein möglichst großes Stück abschneiden. Cobalt Networks hat sich in diesem Markt mit verschiedenen Produktlinien eingenistet. Die Rackmount-Server laufen mit AMD-Prozessoren und dem Betriebssystem Linux. Sun stellt sich damit gegen Konkurrenten wie Dell und Compaq, die diesen Markt mit Intel-basierten Rechnern bedienen.

Wie die Cobalt-Produkte in das Sun-Server-Portfolio integriert werden sollen, steht bislang noch nicht fest. Die Verantwortlichen bei Sun halten sich dazu sehr bedeckt. Auch die Frage, inwieweit sich die Cobalt-Rechner mit der eigenen "Netra-T"-Server-Linie überschneiden, die die Kalifornier ebenfalls im Appliance-Markt positionieren, bleibt vorerst unbeantwortet. Klar scheint nur zu sein, dass weder Linux noch die AMD-CPUs eine Chance unter dem Sun-Dach haben werden. Mit beiden Produkten würde Sun eine Konkurrenz für die eigene Sparc-Solaris-Linie fördern. Branchenkenner glauben deshalb, dass die Kalifornier die Cobalt-Server auf die Embedded-Ultrasparc-IIe-Prozessoren umrüsten werden. Damit soll auch eine abgespeckte Solaris-Variante als Betriebssystem bei den Cobalt-Geräten Einzug halten.

Cobalt soll als Server-Appliance-Geschäftseinheit in die Network-Service-Provider-Organisation von Sun eingegliedert werden. Verantwortlich für diesen Bereich wird Executive Vice President John McFarlane sein. Cobalt Networks, 1997 gegründet, schrieb bislang nur rote Zahlen. Trotz dreistelliger Wachstumsraten musste die Company für die erste Jahreshälfte bei einem Umsatz von 28,3 Millionen Dollar ein Minus von 8,6 Millionen Dollar melden.

Die Verantwortlichen bei Sun rechnen damit, dass die Übernahme im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres über die Bühne gehen wird. Noch müssen die US-amerikanischen Finanzbehörden und die Cobalt-Aktionäre die Fusion absegnen.